Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
Vom Netzwerk:
gewachsen seid«, seufzte der Bischof, während er sich in seinen Stuhl zurücksinken ließ. Seine Finger begannen, auf den Armlehnen einen unruhigen Takt zu trommeln. »Wir werden die Heilige Inquisition anrufen mit der Bitte, man möge uns unterstützen. In unserer Diözesewurden schreckliche Verbrechen begangen. Ja, wir haben gute Gründe, und so machen wir es.«
    »Eure Anklage soll auf der Teufelsbeschwörung fußen und vorerst die Morde, die mitangeklagt werden, verschweigen, habt Ihr gesagt. Eine Anklage seitens der Inquisition ist also nur denkbar, wenn die Baronin ihre Aussage wiederholt. Ich bin unsicher, ob sie ihren Mann belasten wird«, entgegnete Julien und überlegte, kaum dass er geendet hatte, ob er heute im Gespräch mit dem Bischof schon drei Sätze am Stück hervorgebracht hatte.
    »Dann werdet Ihr dafür Sorge tragen, dass sie das tut. Ihr habt ja«, der Bischof grinste süffisant, »wie es mir scheint, beste Verbindungen. Oder wie könnt Ihr mir erklären, dass die Baronin Euch solche Ungeheuerlichkeiten offenbart?«
    »Ich kenne sie aus Paris, seit Jugendzeiten«, antwortete Julien bewusst vage. Gern hätte er sich gesetzt und für einen Augenblick den Rücken gekrümmt, um dem Schmerz, der jetzt in seinen Schultern wütete, nachzugeben. Er begriff, dass er unbesonnen und unüberlegt in dieses Gespräch gestürmt war. Niemals hatte er gewollt, dass Bérénice in eine derartige Situation gedrängt werden würde. Sich gegen den eigenen Mann äußern zu müssen, vor einem Inquisitionsgericht. Er wollte sie schützen, vor ihrem Mann, aber sie nicht im Gegenzug dieser Situation ausliefern. Oder ging das eine ohne das andere nicht?
    »Die Morde«, wagte Julien noch einen Vorstoß, »wir haben keinen Beleg, dass der Baron sie begangen hat oder mit ihnen direkt in Verbindung steht, also beispielsweise durch eine Beteiligung oder Mitwisserschaft.«
    Die Augen des Bischofs verengten sich erneut, doch dieses Mal war es kein Abwägen der Informationen, sondern deutlich zu erkennende Ungeduld. »Was ist mit Euch los? Erst gebt ihr zum Besten, dass der Baron Teufelsbeschwörungen betreibt,und jetzt rudert Ihr wieder zurück? Ich habe Euch doch soeben meine Vorgehensweise erläutert, habe, und das sei nur am Rande erwähnt, Eure Arbeit dabei erledigt. Eine Denunziation ist für die Anklage ausreichend, und die liegt vor, wenn die Baronin ihre Aussage wiederholt.«
    Julien senkte den Kopf. Vielleicht war es tatsächlich besser, dachte er kurz, wenn der Bischof ihn nach Paris zurückschickte und damit aus dieser Zwangslage erlöste.
    »Ihr kennt die Baronin schon lange, also sorgt dafür, dass wir ihre Aussage erhalten«, fügte der Bischof ungerührt hinzu. »Ihr werdet nun die Vorbereitungen treffen – für einen Inquisitionsprozess. Da Euer Studium ein weltliches war, will ich Euch kurz vor Augen führen, dass es die Inquisition bereits seit gut zweihundert Jahren gibt. Papst Innozenz III., seines Zeichens Jurist, der wie Ihr die Rechte in Bologna studiert hat, war Statthalter Christi auf Erden. Ihm lag die Aufgabe, die Christenheit zu ordnen, sehr am Herzen. Und wo fängt man damit besser an als in den eigenen Reihen? Denn der liederliche Lebenswandel der Kleriker ist einer der Grundsteine der Ketzerbewegungen. Wie Ihr wisst, haben wir im Kampf gegen dieses Übel, allen voran gegen die Waldenser und Katharer, enorme Erfolge zu verzeichnen. Insofern werden wir wohl auch mit einem einzelnen Adeligen in Frankreich fertig. Eure Aufgabe, davon gehe ich aus, ist Euch sicherlich bewusst. Es ist eine große Aufgabe, die Ihr da auf Euch nehmt, mein Junge. Aber ich bin sicher«, ein schmales Lächeln verzog das Gesicht des Bischofs, »dass Ihr sie bewältigen werdet. Ganz einfach, weil ich es verlange.«

Saint Mourelles
    E r hat es getan.
    Er hat es mit ihr getan.
    Er hat das mit ihr getan, was er mir versagt hat.
    Und deshalb wird er sie heiraten müssen.
    Vielleicht will er das ja auch. Er hat mich belogen. Er hat mich vorgeführt, mich alleingelassen.
    Catheline stolperte den Weg ins Dorf entlang und gab sich den nicht endenden Bildern hin, die in ihrem Kopf entstanden, so klar und deutlich, als wäre sie dabei gewesen, hätte alles mit eigenen Augen gesehen. Mathis und Ania. Küssend. Sich berührend. Mit schnellem Atem. Hände, die einander erkundeten.
    Ein Würgen beendete den Bilderreigen. Erschöpft hielt sie sich vornübergebeugt mit einer Hand an einem Baum fest, wartete darauf, sich übergeben zu

Weitere Kostenlose Bücher