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Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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spürte, daß sie gemustert wurde.
    »Guten Morgen.« Tucker machte ein bißchen Platz, und sie setzte sich neben ihn. »Tut mir leid, daß wir dich geweckt haben.«
    »Das war schon gut so.« Er strich mit einem Finger über ihre Wange. »Na, wie geht’s dir heute?«
    »Gut. Ehrlich. Ich wollte mich bei dir bedanken, weil du heute nacht hiergeblieben bist.«
    Er streckte sich, was nicht ganz ohne eine Grimasse abging.
    »Ach, ich kann überall gut schlafen.«
    »Das sehe ich.« Sie strich ihm gerührt die Haare aus der Stirn.
    »Das war wahnsinnig lieb von dir, Tucker. Ich bin dir wirklich sehr dankbar.«
    Caroline wollte ihre Hand zurückziehen, da nahm er sie zwischen beide Hände. »Soll ich jetzt sagen, daß das nur eine nette Geste war, wie unter guten Nachbarn eben üblich? Aber ich habe mich nun mal schrecklich um dich gesorgt. Du warst leichenblaß. Auch im Schlaf noch.«
    »Jetzt aber nicht mehr.« Sie hoffte, daß das auch stimmte.
    »Aber oben ist noch ein freies Bett. Du hättest auch dort schlafen können.«
    »Daran hatte ich auch schon gedacht.« Er verschwieg ihr, daß er, als er zum vierten oder fünften Mal bei ihr nach dem Rechten gesehen hatte, mit dem Gedanken gespielt hatte, zu ihr ins Bett zu schlüpfen. Einfach, weil er sie halten und die Gewißheit haben wollte, daß ihr nichts fehlte. Aber er hatte gefürchtet, daß es nicht dabei bleiben würde. Jetzt freilich brauchte er ihre Nähe.
    »Rutsch doch näher.«
    Nach kurzem Zögern gab Caroline dem Bedürfnis nach, sich an ihn zu kuscheln. Sie legte den Kopf an seine Schulter, während der Hund es sich zwischen ihnen bequem machte. Sie seufzte.
    »Ich bin ja so froh, daß du da bist.«
    »Mir tut es nur leid, daß ich nicht früher gekommen bin.«
    »Nein, Tucker.«
    Er strich liebkosend mit den Lippen über ihre Haare. »Doch, das muß ich loswerden. Ich habe he ute nacht deswegen kaum ein Auge zugebracht. Er ist nur meinetwegen auf dich losgegangen. Mich wollte er haben, und du mußtest es ausbaden.«
    Sie legte eine Hand auf sein Herz. »Weißt du, früher habe ich auch so gedacht. Daß ich im Mittelpunkt stand und es immer an mir lag, wenn etwas schiefging. Aber dahinter steckt eine gewaltige Überheblichkeit. Und was kommt dabei heraus? Man sorgt sich zu Tode, stopft sich mit Tabletten voll und rennt von Therapeut zu Therapeut. Bitte fang nicht auch mit so etwas an, Tucker, noch dazu, wo ich langsam meinen Weg da raus finde.«
    »Ich hatte nun mal Angst um dich. Ich hatte im ganzen Leben noch nie soviel Angst wie bei den zwei Schüssen, als ich meine ganze Machtlosigkeit spürte.«
    »Ich hatte vorher oft genug Angst. Aber so schrecklich es ist, gestern habe ich zum ersten Mal etwas dagegen unternommen.«
    Caroline ballte die Faust, um sie langsam wieder zu öffnen. »Ich bin nicht froh darüber, Tucker. Ich werde mich wohl zeitlebens daran erinnern, wie es ist, wenn man den Abzug drückt. Aber ich kann damit umgehen.«
    Tucker beobachtete schweigend die im Sonnenlicht tanzenden Staubkörner. Auch er würde bestimmte Dinge zeit seines Lebens nicht mehr vergessen. Wie er benommen vor Entsetzen über das Feld gejagt war zum Beispiel und die Schüsse in seinem Kopf widergehallt hatten. Oder den Anblick ihrer vom Schock glasigen Augen, als sie den regungslosen Hund auf den Armen getragen hatte.
    »Ich bin, weiß Gott, kein Held, Caroline. Ich will auch keiner sein, aber ich werde nicht zulassen, daß dir so etwas noch einmal geschieht.«
    »Das ist ja ein hehrer Vorsatz«, meinte sie lächelnd und hob den Kopf, um ihm in die Augen sehen zu können, die ihr Lächeln aber nicht erwiderten, sondern ernst auf ihr ruhten.
    »Mir liegt sehr viel an dir.« Das sagte er so langsam, als müsse er es zunächst sich selbst klarmachen. »Noch nie war mir jemand so wichtig wie du, und ich komme nur schwer damit zurecht.«
    Die Luft staute sich in Carolines Lunge, wie sonst nur beim Lampenfieber unmittelbar vor dem Konzert, wenn sämtliche Scheinwerfer sich auf sie richteten. »Das Gefühl kenne ich. Ich glaube, wir beide kommen sehr schwer damit zurecht.«
    Tucker bemerkte einen Schatten von Furcht in ihren Augen.
    Und weil ihm eben an ihr lag, weil alles an ihr plötzlich wichtig, ja lebenswichtig für ihn geworden war, bemühte er sich um einen leichten Tonfall.
    »Für mich ist es jedenfalls eine ganz neue Erfahrung. Da habe ich mich bis über beide Ohren in eine Frau verliebt und habe sie nicht einmal ausgezogen. Wenn das die Runde macht, ist mein

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