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Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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wälzten sie sich auf dem Boden wie zwei wütende Hunde. Als Tucker einen Hieb auf die immer noch nic ht ganz verheilte Rippe abbekam, sah er rot. Sie landeten beide im Wasser, doch er drosch blind auf Dwaynes bereits blutendes Gesicht ein. Sie gingen kurz unter und tauchten spuckend und fluchend wieder auf. Beide schenkten sich nichts. Zum Glück minderte das Wasser die Wucht ihrer Hiebe. Die Faust zum Schlag erhoben, standen sie schließlich einander keuchend gegenüber.
    Tucker ließ sie als erster sinken. »Du hast schon mal härter zugeschlagen.«
    Dwayne betastete seine geschwollenen Lippen. »Und du warst scho n mal langsamer.«
    Tucker tauchte kurz unter. »Ich wollte mich eigentlich duschen«, meinte er beim Hochkommen, »aber das ist auch nicht so schlecht. Fragt sich nur, was alles im Wasser ist.«
    »Ein halber Liter Wild Duck auf jeden Fall«, erwiderte Dwayne grinsend. »Weißt du noch, wie wir als Kinder hier immer geschwommen sind?«
    »Ja klar. Glaubst du, du würdest ein Wettschwimmen zum anderen Ufer immer noch gewinnen?«
    Zur Antwort kraulte Dwayne los. Nach wenigen Zügen gab er auf. Jahre exzessiven Alkoholkonsums hatten seine Muskeln geschwächt. Tucker schwamm an ihn heran. Als hätten sie sich verabredet, ließen sie sich friedlich nebeneinander unter dem aufgehenden Mond treiben.
    »Ich war schon mal schneller«, gab Dwayne zu, nachdem er wieder zu Luft gekommen war. »Es hat sich wohl einiges verändert.«
    »Sehr viel sogar.«
    »Und ich habe einigen Mist gebaut.«.
    »Einigen, ja.«
    »Weißt du, manchmal kriege ich richtig Angst, Tuck. Beim Trinken weiß ich eigentlich immer, wann ich aufhören müßte, aber meistens sehe ich irgendwie keinen Sinn mehr darin und trinke weiter. Am nächsten Tag wache ich dann mit Kopfschmerzen auf und weiß kaum noch, was los war. Und wenn, dann wie nach einem Traum: Ich kann nichts festmachen.«
    »Warum tust du nichts dagegen, Dwayne. Man kann sich heilen lassen.«
    »Im Moment fühle ich mich ja ganz wohl so.« Durch halb geschlossene Lider blinzelte Dwayne in die Sterne. »Ich brauche doch nur einen kleinen Schwips, und schon kommt mir alles so herrlich unwichtig vor. Ich muß nur noch lernen, im rechten Moment aufzuhören.«
    »Du weißt doch, daß das nicht klappt.«
    »Manchmal wünsche ich mir, ich könnte noch einmal von vorne anfangen und ein paar Schwachstellen reparieren. Dann stände ich jetzt ganz woanders.«
    »Du warst ja unser Handwerker, Dwayne. Erinnerst du dich noch an das Modellflugzeug, das ich einmal zum Geburtstag gekriegt habe? Ich habe es gleich beim zweiten Flug kaputtgemacht. Daddy hätte mir den Kopf abgerissen, wenn er was gemerkt hätte. Aber du hast es repariert. Mama sagte immer, du hättest Ingenieur werden sollen.«
    »Das war auch mein Traum.«
    »Davon hast du mir ja nie was gesagt!« rief Tucker überrascht.
    »Es hätte ohnehin keinen Sinn gehabt. Die Longstreets sind Baumwollpflanzer und Geschäftsleute. Und da hatte ich als Ältester keine Wahl.«
    »Aber das ist noch lange kein Grund, nicht nachzuholen, was du früher nicht durftest.«
    »Herrgott, Tuck, ich bin fünfunddreißig Jahre alt! In dem Alter kann man keine Schulbank mehr drücken.«
    »Wer es wirklich will, schafft das auch.«
    »Vor zehn, fünfzehn Jahren, da wollte ich es. Aber dafür ist der Zug abgefahren. Wie für vieles andere auch.« Er versuchte, die einzelnen Sterne zu erkennen, doch sie verschwammen vor seinen Augen. »Sissy will jetzt ihren Schuhvertreter heiraten.«
    »Das war ja klar, daß sie irgendwann wieder heiraten würde – den oder einen anderen.«
    »Angeblich will er meine Kinder adoptieren und ihnen seinen Namen geben. Darauf würde sie natürlich verzichten, wenn ich die Alimente kräftig erhöhe.«
    »Das brauchst du dir nicht bieten lassen, Dwayne. Es sind und bleiben auch deine Kinder.«
    »Das lasse ich mir auch nicht bieten. Sissy muß einsehen, daß man einem Mann nicht ständig auf der Nase herumtanzen kann, selbst mir nicht. Ich war nur immer zu träge, Tucker.« Er seufzte und ließ den Blick über den See schweifen. Aus dem Augenwinkel sah er etwas auf- und untertauchen. Eine leere Flasche, dachte er. Ein schönes Symbol für ein leeres Leben.
    »Tja, das verdanke ich dem Trinken.«
    »Du wirst dem Trinken noch den Tod verdanken, wenn du so weitermachst.«
    »Fang nicht schon wieder damit an.«
    »Verflucht noch mal! Dwayne!« Tucker wollte näher heranschwimmen, da stieß er gegen etwas Weiches. Er zuckte zusammen.

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