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Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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keineswegs, ja er hatte die Vorstellung regelrecht genossen. Die Hälfte von ihren Anschuldigungen bestand ohnehin aus Lügen. Das hieß freilich auch, daß die andere Hälfte die Wahrheit war.
    Gereizt stieß er einen tiefhängenden Zweig beiseite und lief in gebückter Haltung durch das Dickicht zum Teich.
    Aufgeschreckt klappte ein Reiher sein Bein zusammen und glitt tiefer ins Wasser. Nachdem er sich vergewissert hatte, daß keine Schlange darunter lag, ließ Tucker sich auf einem umgestürzten Baum nieder. Seufzend zog er eine Zigarette aus der Tasche, schnitt die Spitze ab und zündete sie an.
    Er hatte das Wasser schon immer geliebt, nicht so sehr die tosende Brandung des Ozeans, sondern vielmehr die Dunkelheit und Stille der schattigen Teiche, das Murmeln der Bäche und das stetige Rauschen der Flüsse. Schon als Junge hatten ihn solche Gewässer angezogen. Unter dem Vorwand, angeln zu gehen, hatte er sich stundenlang an ihre Ufer verzogen und einfach sinniert oder gedöst und die ganze Zeit dem ewig gleichen Zirpen der Grillen gelauscht.
    Damals hatten ihn nur kleine kindliche Probleme geplagt. Ob ihm die Eltern wegen einer schlechten Note in Erdkunde den Kopf abreißen würden, mit welchem Trick er sie dazu bringen könnte, ihm zu Weihnachten ein neues Fahrrad zu schenken, und später, ob er am Valentinstag Arnette oder Carolanne zum Tanzen auffordern sollte.
    Mit zunehmendem Alter waren die Probleme größer geworden. Die tiefe Trauer, in die ihn die Nachricht vom Tod seines alten Herrn versetzt hatte, als dessen Cessna auf dem Weg nach Jackson abgestürzt war, würde er bestimmt nie vergessen. Aber das war noch gar nichts gewesen im Vergleich zu seiner Verzweiflung, als er seine Mutter zusammengesackt im Garten gefunden hatte. Der sofort herbeigeholte Arzt hatte nur noch Tod durch Herzversagen feststellen können.
    Damals hatte er oft an dieser Stelle Linderung für seinen Schmerz gesucht, und letztendlich auch gefunden. Nur gelegentlich brach die Trauer in den unerwartetsten Momenten wieder in ihm auf, wenn er zum Beispiel zum Fenster hinaus sah und eigentlich damit rechnete, daß seine Mutter halb versteckt unter ihrem Strohhut und dem roten Chiffontuch gerade die verblühten Rosen abschnitt.
    Madeline Longstreet hätte Edda Lou abgelehnt. Sie hätte sie für primitiv, billig und verschlagen gehalten. Während Tucker den Rauch inhalierte und langsam wieder ausstieß, überlegte er, daß sie ihre Abneigung wahrscheinlich in diese gequälte Höflichkeit gekleidet hätte, die die vornehmen Südstaatendamen so vorzüglich als ihre schärfste Waffe einsetzten.
    Und seine Mutter war eine echte Landaristokratin gewesen.
    Edda Lou dagegen hatte andere Vorzüge, wenn auch nur körperliche. Große Brüste, breite Hüften und eine Haut, die sie morgens und abends mit Schönheitscreme geschmeidig hielt.
    Ihre Lippen waren stets zu allem bereit und ihre Hände ungemein geschickt. Bei Gott, mit ihr hatte es wirklich Spaß gemacht!
    Geliebt hatte er sie allerdings nicht. Und er hatte auch nie dergleichen behauptet. Liebesschwüre waren in Tuckers Augen ein billiges Mittel, eine Frau ins Bett zu locken. Er hatte sich nicht nur im Bett um sie bemüht. Männer wie er hörten auch dann nicht damit auf, um eine Frau zu werben, wenn sie ihre Beine für ihn gespreizt hatten.
    Aber kaum war sie ihm mit Andeutungen aufs Heiraten gekommen, hatte er einen Rückzieher gemacht. Fortan war er nur noch einmal pro Woche mit ihr ausgegangen, und auf Sex hatte er ganz verzichtet. Unverblümt hatte er ihr erklärt, daß er mit der Ehe nichts am Hut habe. Selbst zu diesem Zeitpunkt hätte alles noch gut ausgehen können, aber sie hatte ihn einfach nicht ernst genommen. Der selbstgefällige Ausdruck in ihren Augen hatte sie verraten. So hatte er Schluß gemacht. Es war nicht ganz ohne Tränen, aber doch wenigstens zivilisiert abgegangen. Jetzt freilich begriff Tucker, daß sie ihre Hochzeitspläne nie hatte fallenlassen.
    Ihm war nun auch klar, daß sie von dem Gerücht, er hätte schon wieder eine andere, Wind bekommen hatte.
    All das war wichtig, und unwichtig zugleich. Wenn Edda Lou wirklich schwanger war, dann konnte er getrost davon ausgehen, daß trotz aller Vorsicht er der Vater war. Dann mußte er sich eben eine Lösung einfallen lassen.
    Eigentlich erstaunte ihn bei all dem, daß Austin Hatinger nicht schon längst mit geladenem Gewehr bei ihm aufgetaucht war. Austin gehörte nicht ungedingt zu den Feinfühligsten, und die

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