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Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Jahrhunderten.«
    »Würdest du es wirklich aufgeben wollen?«
    Wieder hoben sich seine Schultern, eine Geste, die sie inzwischen zur Genüge kannte. »Vielleicht will ich mal ein paar andere Gegenden kennenlernen. Andererseits ist das Reisen wirklich zu kompliziert und am Ende die vielen Mühen vielleicht gar nicht wert.«
    »Laß es bleiben.«
    Er lächelte unwillkürlich über ihren ungeduldigen Ton. »Noch habe ich ja gar nichts in der Richtung unternommen. Aber ich lasse es mir durch den Kopf gehen.«
    Caroline wandte sich enttäuscht ab. »Du weißt genau, was ich meine. Erst tust du so, als sei in deinem Kopf noch etwas anderes als bloß immer der Gedanke an den bequemsten Weg, und dann kehrst du doch wieder den lässigen Macho heraus!«
    »Was ist denn der Sinn und Zweck von steinigen Wegen?«
    »Wie wär’s mit den richtigen?«
    Tucker kannte kaum Frauen, die Diskussionen über philosophische Probleme nicht scheuten. Um das Gespräch auch richtig zu genießen, zündete er sich eine Zigarette an. »Na ja, was für den einen richtig ist, muß nicht unbedingt das Maß aller Dinge für den anderen sein. Dwayne hat einen Universitätsabschluß, und was hat ihm das eingebracht? Er brütet den ganzen Tag darüber herum, wie es hätte sein sollen.
    Josie heiratet zweimal Hals über Kopf, fliegt auf alles, was sie rasiert und landet am Ende doch immer auf der Schnauze.«
    »Und was ist mit
deinem
Weg?«
    »Ich nehme die Dinge, wie sie kommen. Du dagegen…«Er sah ihr kurz in die Augen. »Du dagegen malst dir aus, wie es sein wird, ehe du losgehst. Das heißt aber noch lange nicht, daß einer von uns sich irrt.«
    »Aber wenn ich es mir ausmale und es dann doch nicht paßt, kann ich es immer noch ändern.«
    »Versuchen kannst du’s«, meinte Tucker. »Aber ›Laßt uns einsehn, daß Unbesonnenheit uns manchmal dient, wenn tiefe Pläne scheitern.‹ Hamlet.«
    Caroline verschlug es die Sprache. Tucker wäre der letzte gewesen, von dem sie ein Shakespearezitat erwartet hätte.
    Er legte den Arm um sie und drehte sie halb im Kreis. »Schau dir das Baumwollfeld dort drüben an. Der Humus ist gut einen Fuß tief und voll mit Kunstdünger. Dazu versprühen wir jede Menge Unkrautvertilger, damit im Sommer geerntet, gepreßt, ausgeliefert und verkauft werden kann. Ich kann mich natürlich um all das zu Tode sorgen, aber es würde kein bißchen helfen.«
    »Aber es gibt doch mehr im Leben als…«
    »Fangen wir mal ganz von vorne an, Caro«, unterbrach er sie.
    »Die Baumwolle wird ausgesät, geerntet, und irgendwann landet sie als Kleid bei dir. Klar, ich könnte mich nächtelang im Bett wälzen und mich sorgen, ob es zuviel oder zuwenig regnet, ob die Fernfahrer streiken, ob die Schwachköpfe in Washington uns wieder eine Rezession bescheren. Oder aber ich wache frisch und munter am nächsten Morgen auf. Das Ergebnis ist in beiden Fällen genau dasselbe.«
    »Deine Logik klingt bestechend!« rief Caroline lachend.
    »Trotzdem hat die Sache irgendwo einen Haken.«
    »Sag’s mir, wenn du einen findest. Solange halte ich mein Argument aber für hieb- und stichfest. Ich gebe dir ein anderes Beispiel. Ich darf dir keinen Kuß geben, weil du Angst hast, du könntest mich zu sehr mögen.«
    »Du bist ja unglaublich selbstgefällig! Ich könnte ja auch merken, daß ich dich überhaupt nicht mag.«
    Tucker legte ungerührt seinen Arm um ihre Hüfte. »Wie dem auch sei, du suchst die Lösung, noch ehe das Problem überhaupt da ist. Von so was kriegt man aber nur Kopfschmerzen.«
    »Ach, wirklich?« Sie ließ die Arme steif herabhängen, machte aber keinerlei Anstalten, sich ihm zu entziehen.
    »Trau mir ruhig, Caroline. Ich habe da Studien angestellt.
    Genausogut kann man an einem Schwimmbecken stehen und sich sorgen, ob das Wasser vielleicht zu kalt ist. Du hättest mehr davon, wenn dich einer mit einem Tritt in den Allerwertesten hineinbeförderte.«
    »Hast du das etwa vor?«
    »Ich könnte dir gestehen, daß ich es versucht habe, damit du dir keine Gedanken mehr über das Wenn und Aber machst. Aber ehrlich gesagt…« Er senkte den Kopf, und etwas in ihr fing an zu zucken, als sein warmer Atem über ihre Lippen strich. »…
    Der bloße Gedanke daran hält mich stundenlang wach – wo ich meinen Schlaf doch brauche.«
    Caroline blieb stocksteif stehen, obwohl seine Lippen über die ihren glitten und ihr Herz schneller pochte. Angewandte Verführung, sagte sie sich. Sie hatte vergessen, wie geschickt manche Männer die

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