Sehnsucht erwacht auf Mallorca
alle eine Menge von anderen Kulturen lernen?“ Alejandros Augen wurden schmal, und daran erkannte sie, dass er die Doppeldeutigkeit ihrer Antwort verstanden hatte.
Ungeduldig zuckte er die Achseln. „Hier ist etwas Geld …“
„Ich habe mein eigenes Geld, danke“, unterbrach sie ihn scharf, als er in die Jackentasche griff.
Mit hochgezogenen Augenbrauen erwiderte er: „Ich habe mit Miguel gesprochen.“
„Ich habe genug für Michael und mich“, versicherte sie ihm. Sie konnte ihre Wut nur mühsam unterdrücken. Sie war vielleicht nur eine einfache Lehrerin, aber deswegen würde sie noch lange kein Geld von diesem Mann annehmen, nicht einmal für Michael. „Bitte lassen Sie sich nicht länger von Ihrem Termin abhalten“, fügte sie mit gespielter Liebenswürdigkeit hinzu.
Ungehalten sah er sie ein paar Sekunden lang an, dann schüttelte er den Kopf. „Bis ein Uhr also“, stieß er schließlich hervor und wandte sich ab.
Brynne war fest entschlossen, in den nächsten Stunden keinen Gedanken an Alejandro Santiago zu verschwenden.
Zusammen mit Michael schlenderte sie durch die steilen Gassen des Dorfes, vorbei an gepflegten ockerfarbenen Häusern mit grünen Fensterläden. Die engen verwinkelten Straßen führten sie zur barocken Dorfkirche und dem idyllischen Friedhof. Das kleine Örtchen lag ein paar Kilometer von der Westküste entfernt und schmiegte sich an den tausend Meter hohen Berg Puig Teix. Der romantische Charme des Ortes hatte schon immer viele Künstler angezogen. In den Gärten gediehen Oliven- und Mandelbäume, und über allem lag ein betörend lieblicher Duft.
Immer wieder gewährten kleine Terrassen und von Palmen umsäumte Parks wundervolle Ausblicke auf das Meer und die umliegenden Berge. Wie Alejandro gesagt hatte, gab es viele Galerien, und in kleinen Läden wurden Reproduktionen und Kunstpostkarten verkauft.
Brynne und Michael sahen sich alles an, bis der Junge müde wurde und etwas trinken wollte. Die Menschen, die sie trafen, waren sehr freundlich und lächelten Michael zu, als sie in einem der Cafés etwas Kaltes tranken.
Raul und Rafael hielten sich zum Glück im Hintergrund und warteten draußen auf sie. Michael schien die Anwesenheit der Männer gar nicht zu bemerken und hüpfte fröhlich an Brynnes Seite durch die Gassen, als sie sich auf den Rückweg machten.
„Alej … Vater ist nett, findest du nicht, Tante Bry?“ Etwas ängstlich schaute er sie an, als sie die Treppen zum Hotel hinaufstiegen.
Als „nett“ würde sie ihn nun ganz und gar nicht bezeichnen. Doch Michaels Frage zeigte, dass er von den Spannungen zwischen ihr und seinem Vater mehr mitbekommen hatte, als sie gehofft hatte. Überraschend war das nicht, denn schließlich stritten sie sich, sobald sie einander sahen. Aber es war nicht gut, wenn Michael zu viel davon mitbekam und sich hin und her gerissen fühlte.
„Ja, er ist sehr nett“, bestätigte sie munter.
„Glaubst du, dass Mummy und Daddy ihn mögen würden?“
Bekümmert verzog sie das Gesicht. Vor sieben Jahren hatte Joanna Alejandro auf jeden Fall „gemocht“. Doch ob ihr der Mann, der er heute war, immer noch gefallen würde, konnte sie nicht sagen. Noch weniger konnte sie sich vorstellen, was Tom von diesem arroganten, selbstsicheren Mann halten würde.
Aber das konnte sie Michael schlecht sagen. Der kleine Junge würde sein zukünftiges Leben mit ihm verbringen, ob es ihr passte oder nicht. Und wenn sie Michael wirklich liebte, würde sie es ihm so einfach wie möglich machen.
„Ich bin mir sicher, dass sie ihn mögen würden“, sagte sie mit warmer Stimme und drückte beruhigend seine Hand. Sie hoffte, Alejandro wusste ihre Bemühungen zu schätzen, denn immerhin handelte sie gegen ihre eigenen Gefühle.
„Gut“, seufzte der Junge erleichtert.
Offensichtlich gewöhnte sich Michael an die Vorstellung, dass Alejandro von nun an sein Vater war, auch wenn er noch nicht begriff, wie es dazu gekommen war. Da spielte es keine Rolle, dass Brynne seine Begeisterung nicht teilte.
Als sie die Terrasse der Restaurants betraten, stellte sie fest, dass Alejandro nicht allein an dem Tisch saß, den man ihr gezeigt hatte. Eine hinreißend schöne Frau saß neben ihm. Sie hatte lange dunkle Haare, einen ebenmäßigen dunklen Teint und eine fantastische Figur. Doch am auffälligsten waren die großen schwarzen Augen und die vollen Lippen ihres rot geschminkten Mundes.
5. KAPITEL
Alejandro hob die Augenbrauen, als er sah, dass Brynne und
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