Sehnsucht FC Bayern
mit meinen Freunden und Weggefährten, nachdem man sich sieben Tage zuvor noch in Berlin gesehen hatte. Gemeinsam hatten wir die Finalspiele 1999 in Barcelona und 2001 in Mailand erlebt. Wegen unterschiedlicher Eintrittskarten trennten sich unsere Wege kurz vor dem Bernabéu-Stadio. Unter uns herrschte eine Stimmung, als zöge man in eine Schlacht: kein Aufgekratzt-Sein, keine Witze, kein unnötiges Geplapper und keine sichtbare Nervosität. Nach all den gemeinsamen Erlebnissen in ganz Europa war bei jedem die Bedeutung des Moments spürbar. Es klingt wahrscheinlich etwas pathetisch, aber wir waren ebenso bereit für eine emotionale Katastrophe wie einst in Barcelona wie auch für den totalen Triumph eines Triple oder gar Quadruple. Ja, diesen Begriff gibt es wirklich, denn mit dem Einzug ins Endspiel konnte man für wenige Wochen wieder vom Weltpokal-Finale beziehungsweise von der FIFA-Klub-WM träumen.
Es kam anders. Inter Mailand erwies sich als die routiniertere Mannschaft. Ihre beiden Tore fielen mitten aus dem Spielgeschehen innerhalb der regulären Spielzeit. Der Begegnung fehlten die großen, im Gedächtnis bleibenden Momente sowie jegliche Tragik. 2:0. Ein nüchternes Ergebnis, das ich als leicht verdaulich empfand. Mit dieser jungen Truppe in der Champions League überhaupt so weit gekommen zu sein und mit dem nationalen Double im Rücken hieß es nur: Mund abputzen und mit berechtigtem Optimismus nach vorne schauen. Leider verflog dieser Optimismus in der kommenden Saison recht bald.
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
2010/11
E UROPACUP AUSWÄRTS MUSS WEH TUN !
Wie geht man in eine Saison, von der man annehmen muss, dass sie sportlich schlechter endet als die vorherige? Der zunächst knorrige wie kauzige Holländer entpuppte sich mit dem Gewinn des achten Doubles in der Vereinsgeschichte als das, als was er sich ironisch selbst einmal bezeichnete: als Feierbiest. Ohnehin glänzte der 15. Trainer in der Bundesliga-Geschichte des FC Bayern (ohne Übergangslösungen) mit Wortschöpfungen und Redewendungen, die selbst die Sprachgewalt von »Maestro« Giovanni Trapattoni in den Schatten stellten. Keine Frage: Der Mann war auf dem Weg zum Kult-Trainer.
Was das Double anbelangt, so geriet der neuerliche Doppel-Triumph auf nationaler Ebene in meinem Bekanntenkreis zum fröhlichen Fußballquiz bei geselligen Abenden. Um den Grad der Sattheit an Titelgewinnen innerhalb der Anhängerschaft des FC Bayern zu demonstrieren, behaupte ich, dass es noch nicht mal fünf Prozent aller Bayern-Fans schaffen, alle Titel des Vereins auswendig aufzuzählen. Und ohne Zuhilfenahme von Notizblock und Bleistift funktioniert es schon mal gar nicht. Es sind stattliche 43 Jahreszahlen ohne Ligapokal, Super- oder Fuji-Cup. Einfach mal ausprobieren. Aber auf das Thema »Luxusprobleme« habe ich ja bereits an früheren Stellen im Buch hingewiesen.
Was ich jedoch noch nicht erwähnt habe, ist die merkwürdige Argumentation des DFB beziehungsweise der DFL, was die Termingestaltung eben jener zweitklassigen Pokalwettbewerbe anbelangt, die die Sommerpause terminlich füllen. Anfangs war es der Supercup zwischen Deutschem Meister und Pokalsieger, dieser wurde mit Einzug des Privatfernsehens vom Fuji-Cup abgelöst. An und für sich keine schlechte Idee, einen solchen Pokal sowohl auf breitere Füße, sprich mehrere Vereine als nur zwei, zu stellen, andererseits die Spiele auch in großen Stadien wie Lüdenscheid, Osnabrück oder Koblenz auszutragen, die schon lange keinen Erst- oder Zweitligafußball mehr gesehen hatte. Nach exakt zehn Jahren griff der DFB das gelungene Format auf und wandelte das Ganze in den sogenannten Ligapokal um. Weitere acht Jahre später mit saftigen Prämien und Fernsehgeldern wurde schließlich Kritik an den sinkenden Zuschauerzahlen laut, und man reformierte den Wettbewerb mit Doppelveranstaltungen, also zwei aufeinanderfolgenden Spielen in einem Stadion.
Nun traten die Kritiker auf den Plan, die die hohe Terminbelastung der Spitzenvereine bemängelten. Und was ist das Ergebnis? Die Wiedereinführung des Supercups mit einem naiv-dämlichen Brimborium – als ob man etwas völlig Neues erfunden hätte. Herzlich willkommen zurück im Jahre 1987. Damals war der FC Bayern erster Titelträger, und der Trainer hieß Jupp Heynckes. Ich rätsele noch immer, ob die Macher bei der DFL an das mangelnde Langzeitgedächtnis der Fußballfans glauben oder tatsächlich meinen, ihnen
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