Sehnsucht FC Bayern
möchte, bei einem Spaziergang meine Erinnerungen an diesen für mich so ereignisreichen Ort.
Zum terminlichen »Harakiri« geriet mein Hochzeitstermin im Herbst 2010. Die Abstimmungen mit dem Standesamt, der Kirche, dem Pfarrer und der Musik erfolgten zu einem Zeitpunkt, als der neue Rahmenterminkalender des DFB noch nicht feststand, geschweige denn der neue Bundesliga-Spielplan veröffentlicht war. Mit einem Auswärtsspiel in Dortmund hatte ich letztlich ziemliches Glück und brauchte auf keinen Heimspielbesuch zu verzichten. Da die Partie auf den Sonntag gelegt war, wurde die samstägliche Feier nur durch das Verlesen eines Glückwunsch-Schreibens von Uli Hoeneß und nicht durch Ergebnisdurchsagen unterbrochen. Glück gehabt.
Für einigen innerfamiliären Diskussionsstoff sorgte lediglich, dass ich mir den Besuch des Auswärtsspiels in der Champions League beim FC Basel nicht verkneifen konnte – vier Tage vor der kirchlichen Trauung. Im Nachhinein irgendwie verständlich.
Mit der Gruppenphase hatte ich ansonsten ziemliches Glück. Mit Cluj führte uns die Reise sogar bis nach Transsilvanien. Nachdem ich zwei Jahre zuvor durch das Gastspiel bei Steaua Bukarest schon in die Walachei und damit in die Ausläufer der Karpaten gekommen war, dürften damit die sprichwörtlich ungastlichsten Gegenden Europas besucht worden sein. Die Hauptstadt Italiens bot mit dem AS Rom hingegen jenen Kontrast, den ich im Europacup so schätze: ein namhafter Verein, ein eindrucksvolles Stadion und eine interessante Stadt. Von der Pressetribüne aus sah ich nicht nur ein Spiel, das nach 2:0-Führung leider noch kippte. Durch die Nähe zu den Ehrenplätzen unmittelbar vor uns erhielt ich zugleich Anschauungsunterricht in Sachen Luxus: Jeweils zwei Ehrenplätze verfügten über einen eigenen, gut gefüllten Kühlschrank, und kleinere Snacks wurden während des Spiels von hübschen und kurz-berockten Hostessen stöckelnd an den Platz gebracht. Da hatte man in Richtung Spielfeld gleich doppelt Grund für interessante Studien. Auf solch ein Flair, so befürchtete ich damals angesichts der Bundesligatabelle, würde man möglicherweise demnächst verzichten müssen. Dann heißt es wieder Europa League. Aber immerhin würden die Reisen dann wieder abenteuerlicher. Für Groundhopper wie mich durchaus ein Trost.
Das Aus in der Champions League gegen Inter Mailand stoppte augenblicklich jegliche Gedankenspiele auf weiteren internationalen Fußball in dieser Saison, und auch den letzten vagen Strohhalm auf ein versöhnliches sportliches Abschneiden konnte man knicken. Das Scheitern gegen Mailand war genauso unnötig wie das Halbfinal-Aus im Heimspiel gegen einen seinerzeit sportlich taumelnden Gegner aus Gelsenkirchen. Genau diese Schalker schafften es dann, sich gegen Inter Mailand eindrucksvoll durchzusetzen und sich erstmals in der Vereinsgeschichte für das Halbfinale in der Champions League zu qualifizieren. Meine Güte, was wurde aus diesem Halbfinal-Einzug ein mediales Theater gemacht! Bei den Jubelbildern der frenetischen Fans von S04 vom ach so historischen Moment wusste ich mir nicht anders zu helfen und habe erst nachzählen müssen, wie oft wir bereits in dieser Situation waren. Ja, es mag arrogant klingen, aber Bayern-Fans müssen bei so etwas erst mal die Vereinsstatistik wälzen. Als ich bei »13« mit dem Zählen fertig war, war mein Weltbild wieder geradegerückt.
Was ich damit sagen möchte: Wenn Schalker Fans so etwas zum vierten, fünften Mal erleben, dann wird das auch nicht mehr gefeiert! Nur so viel zum altbekannten Thema, dass Bayern-Fans nicht begeisterungsfähig seien. Es ist doch mit allem so: die erste Flugreise? Sehr aufregend! Die ersten Monate im ersten eigenen Auto? Super klasse! Die Aufzählung ließe sich beliebig ergänzen. Und dann? Mit der Zeit? Na also!
Für uns änderte das nichts. Unsere Saison endete mal nicht mit einem Endspiel als Höhepunkt, sondern mit einem Freundschaftsspiel in Burghausen. Statt Erweiterung der Titelzeile im Briefkopf hechelte man einem Überraschungsteam aus Niedersachsen um den dritten Tabellenplatz hinterher. Zu allem Überfluss stiegen die Bayern-Amateure auch noch aus der 3. Liga ab. Da war der Aufstieg der Basketballer in die 1. Bundesliga kaum mehr als ein sehr schwacher Trost.
Die Führungstroika schuf wieder einmal Fakten in der Trainerpersonalie und entschied sich, wie 2009, für eine kurzfristige Lösung mit einem Übergangstrainer. Zuvor bereits wurde die letzte
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