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Sehnsucht FC Bayern

Sehnsucht FC Bayern

Titel: Sehnsucht FC Bayern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armin Radtke
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nervt die Kommerzialisierung, auch wenn ich um ihre Notwendigkeit weiß.
    Wer einen Vergleich innerhalb der Liga nicht scheut, wird feststellen, dass sich der FC Bayern hier in manchen Dingen noch sehr zurückhält. Und damit meine ich nicht die viel zitierten und als Beleg etwas überstrapazierten Stehplatz-Preise im Bayern-Block. Ich bin jedoch optimistisch. Irgendwann wird diese Geldspirale ausgereizt sein und der Hype um die Bundesliga, so wie einst im Tennis, deutlich abflachen. Und was wird dann passieren? Durchschnittliche Erstligaspieler werden immer noch doppelt so viel verdienen wie ein Bundeskanzler. Erhöhte Eintrittsgelder als Kompensation für ausbleibende Fernsehgelder? Nur zu! Wer den Zuschauerrückgang damit in Kauf nehmen will. Ein Event mit wenig Zuschauern ist erst gar keines. Noch mehr Werbung auf dem Trikot? Ja klar! Aber wer kauft sich dann für teures Geld eine textile Litfaßsäule? Irgendwann, und das ist so sicher wie die nächste Meisterschaft für den FC Bayern, greifen auch beim Profifußball die Selbstreinigungskräfte des Marktes. Vielleicht stehe dann auch ich wieder mit der Bratwurst im halbleeren Block – mit dem Nebeneffekt, dass man sich wieder etwas mehr über meine Anwesenheit freut.
    In die Allianz-Arena gehe ich zu einem 08/15-Bundesliga-Heimspiel nicht selten mit der gleichen Routine wie andere frühmorgens den Weg zur Bushaltestelle. Das ist fast ein Automatismus, und spontan gefragt, wüsste ich in solchen Momenten trotzdem keinen Ort, an dem ich lieber wäre. Dennoch hat die Euphorie bei einem Tor oder die Vorfreude vor dem Spiel nach mehreren Hundert Bayern-Spielen etwas gelitten.
    Dass ich mir keine Auszeit nehme, hat einen ganz einfachen Grund: Ich bin mir sicher, dass irgendwann der Zeitpunkt kommen wird, an dem ich aus Gründen der Entfernung, der Gesundheit oder meiner familiären Situation nicht mehr in der Lage sein werde, einfach mal so ins Stadion zu gehen. Ich hoffe, das dauert noch und ich kann diese Phase noch möglichst lange hinausschieben. Aber irgendwann wird es so kommen. Wenn ich Glück habe, bin ich dann schon sehr alt. Aber weiß ich es? Es könnte ja auch bereits morgen passieren. Und wenn es dann so weit ist, möchte ich mit Genugtuung auf das bisher Erlebte zurückblicken dürfen, in dem Bewusstsein, nichts, aber auch gar nichts versäumt zu haben.
    Natürlich kann man den Fußball zu ernst nehmen. Das geht. Ich habe versucht zu beschreiben, wie man sich als Fan von all dem zu schnell gefangen nehmen lassen kann. Fußball ist längst nicht alles im Leben. Aber er ist auf jeden Fall etwas, das viele von uns ein Leben lang beschäftigt. Sei es in jugendlicher Schwärmerei, als abgeklärter Groundhopper, als engagierter Ultra, aktiver Spieler, umsichtiger Funktionär oder einfach nur passiver Fernsehkonsument.
    Aber was heißt hier eigentlich »nur«? Ist Fußball nicht genau das Thema, das immer und überall auf der Welt im Urlaub, im Job oder im Freundeskreis Gesprächsgrundlage ist, sowohl für den spontanen Small-Talk wie auch für endlose Fachsimpeleien? Dabei kann sich jeder einbringen, unabhängig vom Alter oder seinem Bildungsgrad. Versuchen Sie das mal mit anderen Themen länger als zehn Minuten, ohne politische, religiöse oder andere sensible Bereiche zu streifen und ohne zu viel von sich selbst preiszugeben. Fußball bleibt unergründlich. Für einige ist er nebensächlich. Für die meisten von uns nicht.
    Ein persönliches Erlebnis von mir spiegelt dies wider und wird mir auf ewig unvergessen bleiben: Es war ein gemütlicher Abend im April 1996. Zweite Fußball-Bundesliga, SC Fortuna Köln gegen Arminia Bielefeld, Südstadion Köln, Stehplatz Mitte – Gegengerade:
    Dirk Lottner, ein Kölner Mittelfeldspieler, verstolpert den Ball. Ein Rentner schimpft laut mit hochrotem Kopf und in deutlichem Dialekt über die stümperhafte Aktion auf dem Rasen. Ein naiver Student, zwei Stufen weiter hinten stehend, greift ein:
    »Was regst du dich so auf? Es ist doch nur ein Spiel.«
    Es passiert drei Sekunden lang gar nichts. Dann dreht sich der alte Mann zur Antwort plötzlich um. Seine rötliche Gesichtsfarbe zeigt seine anhaltende Erregung:
    »Wenn das nur ein Spiel wäre, dann wäre ich nicht hier!!!«
    Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012

»P RESSEKONFERENZ «
    Fast pünktlich mit Erscheinen der Erstauflage wurde der Internet-Auftritt zum Buch www.sehnsucht-fcbayern.de fertig. Diesmal also nicht, wie sonst

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