Sehnsucht FC Bayern
blamables 2:2 beim FC Homburg verschob die endgültige Meisterschaftsentscheidung. Das auch noch! Es schien in diesen Tagen nichts zu passen. Am letzten Spieltag ging es für uns wieder mal nach München. Nach dem denkwürdigen Saisonfinale 1986 hatten wir uns frühzeitig um Eintrittskarten für das letzte Spiel bemüht. Weder der matte und sportlich bedeutungslose 1:0-Sieg über Schalke 04 und schon gar nicht das Konzert von Udo Jürgens vor dem Anpfiff konnten uns wirklich aufmuntern. Udo Lattek beendete an diesem Tag endgültig seine Arbeit beim FC Bayern. Sein Abschied und die Finalniederlage in Wien lagen wie Blei über dem Nachmittag. Es war die zehnte Deutsche Meisterschaft für den FCB, der seitdem als Rekordmeister bezeichnet wird und in dieser Eigenschaft damit den 1. FC Nürnberg ablöste. Für die Bundesliga wurde diese Bestmarke bereits 1981 erreicht.
Eigentlich hatte ich nun endgültig genug von dieser Saison. Dennoch war sie für mich noch nicht beendet. Das Saisonende gestaltete sich nämlich als absolutes Novum. Sonntagvormittag fuhren wir nach Leverkusen und schauten uns auf einem Nebenplatz des Ulrich-Haberland-Stadions das Hinspiel im Halbfinale um die Deutsche A-Jugend-Meisterschaft an. Bayer Leverkusen gegen Bayern München. In den Reihen des FC Bayern: Stefan Beckenbauer. Nach dem Spiel ging es direkt weiter nach Duisburg. Im Wedaustadion stand das Endspiel um die Deutsche Amateurmeisterschaft auf dem Programm: MSV Duisburg (Vizemeister Oberliga Nordrhein) gegen Bayern München Amateure (Vizemeister Oberliga Bayern). In den Reihen des MSV Duisburg: Thomas Strunz. Obwohl beide Spiele deutlich verloren wurden, waren wir äußerst zufrieden. Zweimal FC Bayern an einem Tag, wenn auch auf etwas andere Art. Das war bereits Groundhopping, ohne zu wissen, was das eigentlich ist.
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
1987/88
M ASTER OF DESASTER
Meine wenig ruhmreiche Schullaufbahn bog mit Beginn der 13. Klasse so langsam in die Zielgerade ein. Noch immer hatte ich keinen Plan, was ich denn mal später beruflich machen würde. Ganz andere Fakten schuf hingegen schon mal Jeanette – sie trennte sich von mir. Zack, das saß! Die Entscheidung traf mich ungefähr so überraschend wie der Faustschlag von Uli Stein an unserem Stürmer Jürgen Wegmann im Supercup-Endspiel in Frankfurt. Beide Ereignisse fielen in dieselbe Woche. So ein Supercup-Endspiel finde ich als Ouvertüre einer neuen Saison eigentlich gar nicht mal so schlecht. Und im Gegensatz zum Endspiel 1983 bekam ich diesmal auch etwas davon mit.
Die Hinrunde dieser Saison war im Wesentlichen durch einen üblen Zwischenfall auf Schalke geprägt. Natürlich war es unvorsichtig von mir, zum Auswärtsspiel bei Schalke 04 mit einem zwar neutralen, aber roten Pullover zu fahren. So ganz ohne jeden Aufdruck schien mir das eigentlich eine raffinierte Idee, meiner Gesinnung im königsblauen Umfeld auf geradezu subtile Weise Ausdruck zu verleihen.
Es hätte auch ein wunderschöner Nachmittag werden können. Die Bayern spielten sich in einen kleinen Rausch und fegten die Hausherren mit 4:1 locker vom Platz. Die Sonne schien und ich war guter Dinge. Wir waren zu zweit zum Spiel angereist und blieben nach Schlusspfiff noch im sich leerenden Bayern-Block, um die Endergebnisse aus den anderen Stadien abzuwarten. Was dann geschah, weiß ich nur noch aus Erzählungen. Ich hörte plötzlich ein kra chendes Geräusch an meinem Kopf, spürte erst einen stechenden Schmerz und dann, wie mir das warme Blut ins Gesicht lief.
Mein roter Pullover war mir zum Verhängnis geworden. Schalker Fans übten sich auf dem Stadiongelände im Faustkampf mit Bayern-Fans und verirrten sich dabei auch in den fast leeren Bayern-Block. Tja, und da stand ich. Als ich mich umdrehte, sah ich so gerade noch einen mittelgroßen, jungen Mann ohne Trikot, Schal, Mütze oder sonstige Schalker Insignien. In der Hand hielt er einen Stockschirm aus Holz. Bei diesem Wetter hatte er das Teil mit ganz anderen Absichten mit ins Stadion genommen. Später fragt man sich ja immer, was man in einer solchen Situation hätte anders machen können. Doch mein Begleiter und ich waren nicht besonders mutig und ob der Heftigkeit und Plötzlichkeit der Situation wie gelähmt. Außerdem hatte mittlerweile die Hälfte meines Gesichtes in etwa die Farbe des Pullovers angenommen. Es tropfte fürchterlich. Was ich jetzt brauchte, war keine Schlägerei, sondern ein Sanitäter.
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