Sehnsucht FC Bayern
UEFA-Cup war es nämlich ähnlich. Dem mühevollen Schmalspur-Erfolg über Cork City aus Irland in der 1. Runde des UEFA-Cup schloss sich unter Trainer-Novize Sören Lerby eine denkwürdige 6:2-Niederlage gegen seinen Heimatverein Boldklubben 1903 Kopenhagen an. Ebenfalls Endstation.
Sören Lerby hielt sich nicht all zu lange und wurde im März 1992 durch Erich Ribbeck ersetzt. Der eloquente Rhetoriker schaffte immerhin am 36. (!) Spieltag den endgültigen Klassenerhalt. Die Liga wurde zu Saisonbeginn aufgrund der Wiedervereinigung aufgestockt und ging einmalig mit 20 statt 18 Mannschaften an den Start. Bisher war ich happy, wenn meine Bayern am vorletzten Spieltag die Meisterschaft für sich entschieden. Nun konnte man aufatmen, wenn zu diesem Zeitpunkt der Klassenerhalt gesichert war. So ändern sich die Zeiten.
Die Vorstellung, dass der FC Bayern tatsächlich absteigen könnte, war mir zu abstrakt. Als der Vorsprung auf die Abstiegsplätze nach dem 30. Spieltag nur noch drei Punkte – ich bin geneigt zu sagen: »Pünktchen« – betrug und im darauffolgenden Spiel die Stuttgarter Kickers mit 1:0 in Führung gingen, bekam auch ich es allmählich mit der Angst zu tun. 1991/92 war wirklich alles anders: drei Trainer und vier Torhüter. Über die Trainer hatte ich schon gesprochen, bei den Torhütern gab es noch weniger Konstanz. Raimond Aumann begann die Saison und verletzte sich bald. Gerald Hillringhaus ersetzte ihn, erwies sich aber nicht als der erhoffte Rückhalt. Die Alternative kam über Umwege ursprünglich vom 1. FC Köln und hieß Toni Schumacher. Seine Verpflichtung war bis dato für mich der Überraschungstransfer schlechthin für den FC Bayern. Klar, als Kölner mochte ich den »Tünn«. Aber Schumacher beim FC Bayern? Es gibt Namen, die gehören für mich automatisch nur zu einem Verein. Seeler-Hamburg, Maldini-Mailand, Beckenbauer-München usw. Natürlich weiß ich, dass Beckenbauer auch mal kurz beim HSV gespielt hatte. Aber das hatte mich damals schon irritiert. Aktuell ging es mir mit Michael Rummenigge so, der seit 1988 in Dortmund spielte. Rummenigge ist auch so ein Name, der gedanklich eigentlich nur nach München passt. Und der vierte Torwart? Das war Uwe Gospodarek, der in Leverkusen sein Debüt in der Bundesliga gab.
Auch meine Spielbesuche in dieser Saison blieben unspektakulär. Lediglich das Bremer Weser- und Duisburger Wedaustadion erlebte ich mit dem FC Bayern neu. Das Duisburger Stadion hatte ich, als der MSV 1987 noch drittklassig spielte, bis dahin ja »nur« mit den Amateuren des FC Bayern betreten.
Beim Auswärtsspiel gegen Fortuna Düsseldorf quittierte ich ein Bayern-Tor erstmals mehr mit Kopfschütteln als mit echter Freude. Die Leistung am 3. Spieltag im Rheinstadion war dermaßen dürftig, dass der 1:0-Siegtreffer durch Mazinho in der 89. Minute dem Spielverlauf nun wirklich nicht gerecht wurde. Einerseits mag ich eigentlich keine unverdienten Siege und empfinde einen Elfmeter als äußerst unanständige Art, einen Treffer zu erzielen. Andererseits investiere ich zu viel Zeit und Geld in dieses Hobby, als dass ich es mir erlauben könnte, hier ritterlich zu sein. Immerhin brachte dieser Zufallserfolg zwei wichtige Punkte – wenn auch nicht zum Titelgewinn, so doch zum Klassenerhalt. Aber das konnte man zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison noch nicht ahnen.
Dass ich in dieser Saison überhaupt zum obligatorischen Heimspiel-Besuch kam, war ebenfalls nur einem Zufall zu verdanken. Meine Cousine in Stuttgart beging ihre Konfirmation. Das bedeutet für uns: auf zur Familienfeier. Von Köln nach Stuttgart, da war man doch eigentlich schon fast in München, oder? Irgendwie ist alles relativ. Auch was Entfernungen und Zeit anbelangt. Genau genommen gilt es gerade für Raum und Zeit. Aber ich schweife ab. Was ich sagen wollte, war, dass ich den Tag vor der Familienfeier mit Vaters Wagen mal eben zu einem Abstecher von Stuttgart nach München nutzte und mir die Bayern gegen den VfB anschaute. Ein Stuttgarter Heimspiel gegen den FCB hätte die Sache sehr viel einfacher gemacht, aber so kam ich wenigstens endlich mal wieder nach »Mekka«. Was der Muslim einmal im Leben tun sollte, nahm ich mir jährlich vor. War ja auch nicht ganz so weit.
Mittlerweile hatte ich auch die Abschlussprüfungen zum Versicherungskaufmann recht ordentlich gemeistert und setzte meine berufliche Tätigkeit beim selben Konzern fort. Nun kam wirklich im Monat so viel Kohle aufs Girokonto, dass ich meinen
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