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Sehnsucht FC Bayern

Sehnsucht FC Bayern

Titel: Sehnsucht FC Bayern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armin Radtke
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etlichen Jahren – im Fanshop erworben habe. Das ist wie ein Ritual. Ein Ritual, wie es andere Fans vor einem Spiel auch praktizieren, indem sie morgens nur aus einer bestimmten Kaffeetasse trinken oder nur einen ganz bestimmten Parkplatz vor dem Stadion aufsuchen, um das Schicksal möglichst günstig zu beeinflussen.
    Okay, solch ein Ritual habe ich außerdem noch. Das pflege ich konsequent bis in die Gegenwart hinein. Aber das hier zu erwähnen, ist mir wirklich zu peinlich. Nur so viel sei angedeutet: Wer die englische Verfilmung von Nick Hornbys Fever Pitch aus dem Jahre 1997 kennt, in der Colin Firth als Arsenal-London-Fan in der Rolle des Titel-»Helden« Paul Ashworth seiner Freundin erstmals näher kommt, weiß, was ich meine. Ja, genau diese Szene … Übrigens verhält es sich bei meinen Dienst- oder Urlaubsreisen konsequenterweise umgekehrt genauso. Da trenne ich strikt. Eine FC-Bayern-Krawatte würde ich im Job nie tragen.
    Auch zwecks Steigerung des Fanartikel-Umsatzes kam es in dieser Saison zu einem Neuzugang beim FC Bayern: Bazi – das Maskottchen. Ein pausbäckiger, etwas debil dreinblickender Fratz in einer viel zu großen Hose. Was er an Kleidung zu viel hatte, fehlte Goleo später zur WM 2006. Wahrscheinlich genau deshalb. Egal. Ich hätte auf Bazi wahrlich verzichten können. Aber wo er schon einmal da war, konnte ich mich durchaus mit ihm arrangieren. Ein kleiner Junge im Bayern-Trikot machte als Maskottchen immer noch mehr Sinn als ein Krokodil (»Fritzle«) beim VfB Stuttgart, ein Stier (»Lohmann«) in Bielefeld oder ein Drache (»Eddy«) bei Greuther Fürth. Es konnte ja nicht jeder Verein so elegant ein Maskottchen vorweisen wie der 1. FC Köln, der seinen Geißbock (mittlerweile Hennes VIII.) schon seit über 50 Jahren am Spielfeldrand stehen hat.
    Sportlich geriet der FC Bayern mit Erich Ribbeck zunächst wieder auf die Erfolgsspur zurück. Seine besonnene Art vermittelte nach außen hin die nötige Ruhe, die nach den Vertragsauflösungen von Jupp Heynckes und Sören Lerby sowie dem Absturz in der Tabelle verloren gegangen war. Sein Image als Bayern-Trainer hat später durch nachträgliche Äußerungen aus dem Spielerkreis deutlich gelitten. Dennoch war ich seinerzeit froh, dass kein Showmaster oder Zampano als neuer Übungsleiter verpflichtet wurde. Vom Pokal-Aus durch Elfmeterschießen in Dortmund einmal abgesehen, verlief die Saison ausgesprochen erfreulich und stand im krassen Gegensatz zur Spielzeit davor. Der FC Bayern belegte vom ersten Spieltag an durchgängig Platz 1 in der Tabelle. Wie groß der Anteil von Erich Ribbeck an diesem sportlichen Comeback tatsächlich war, vermag ich nicht zu beurteilen. Seine Defizite im taktischen, fachlichen und menschlichen Bereich, so wie sie aus Spielerkreisen kolportiert wurden, wären heute Makulatur, wenn er der erfolgreich verlaufenden Saison mit dem Gewinn der Meisterschaft das Sahnehäubchen aufgesetzt hätte. Dazu kam es nicht. Es kam vielmehr zur Wende am 32. Spieltag. Bremen legte Freitagabend auswärts in Saarbrücken mit 4:0 vor. Der FCB spielte erst sonntags, kam mit 4:2 in Karlsruhe unter die Räder, behielt aber dank der besseren Tordifferenz noch die Tabellenführung. Ich war mit meiner neuen Freundin Antje nach Karlsruhe gefahren und erlebte im Wildpark ein Debakel.
    Was Antje anbelangt, so lernte ich sie am Arbeitsplatz kennen, was eigentlich wenig originell ist, aber auf Originalität kommt es ja dabei auch nun wirklich nicht an. Sie war ein Lehrjahr unter mir, hörte über Kollegen von dem Verrückten, der selber kurz zuvor noch Auszubildender war, und bat um Mitfahrgelegenheit zu Bayern-Spielen. Insofern kann man getrost sagen, dass sie und ich indirekt über den FC Bayern zueinander fanden. Sie war selber großer Bayern-Fan, ist bis heute auch Mitglied des Vereins und brachte daher eine gehörige Portion Toleranz für mein Hobby mit in die Beziehung.
    Normalerweise bin ich kein Freund von Verschwörungstheorien. Was den 33. Spieltag jener Saison anbelangt, so geriet meine Überzeugung jedoch arg ins Wanken. Werder Bremen empfing den Hamburger SV, der seinerzeit vom ehemaligen Werder-Spieler Benno Möhlmann trainiert wurde. In einer Phase, in der die Meisterschaft durch die Tordifferenz entschieden wurde, hatte er die Idee, am vorletzten Spieltag seinen Ersatztorwart Nils Bahr einzusetzen. Bremen gewann das Spiel mit 5:0 und zog, trotz des 3:1-Sieges der Bayern über den VfL Bochum, an den Münchnern in der Tabelle vorbei.

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