Sehnsucht FC Bayern
Europapokal-Terminen. Meine Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht. Aus meiner Schulzeit war ich geläutert und hätte die Schwänzerei auch gar nicht erst angefangen. Dass ich in diesen vier Semestern auf keinen obligatorischen Besuch eines Bayern-Spiels verzichten musste, lag natürlich auch an meinem damals noch einigermaßen überschaubaren Aktionsradius als reisender Fan.
Da ich mit einem Ford Sierra inzwischen immerhin über ein eigenes Auto verfügte, konnten die Bayern-Spiele ab sofort noch bequemer angesteuert werden. Ein echter Fortschritt. Trotz allem Gemeinschaftsgefühl, das ein Fanclub vermittelt, war ich immer mal wieder gerne allein zu Bayern-Spielen unterwegs. Das kam selten vor. Aber wenn, dann habe ich solche Fahrten zum Nachdenken genutzt und durchaus genossen.
In der Rückrunde entschloss ich mich zu einem Selbstversuch, der schlichtweg fahrlässig war und nur dazu diente, die eigenen Grenzen der Belastbarkeit auszuloten. Ich weiß nicht mehr, was mich getrieben hat, aber ich beschloss am Freitagabend spontan, das Bundesliga-Heimspiel gegen Borussia Dortmund tags drauf zu besuchen. Würde ich es schaffen, die exakt 1.145 Kilometer an einem Tag hin und zurück alleine zu bewältigen?
Wie eigentlich immer sorgte der Reiz des Neuen und die Spannung vor dem Spiel auf der Hinfahrt für die nötige Konzentration im Verkehr. Nach dem 2:0-Erfolg über den BVB am Samstagnachmittag war es dann die Freude über den dringend benötigten Punktgewinn, die mich auf der Rückfahrt bis Nürnberg wach hielt. Die bis dorthin dreispurige A9 trug ihren Teil zum raschen Vorwärtskommen bei. Bayern-Fans, die weiter nördlich wohnen, wissen, dass es etwa ab Erlangen so richtig hart wird. Überwiegend zweispurig, präsentiert sich die A3 quer durch eine spärlich besiedelte Landschaft bis Aschaffenburg als echtes Schlafmittel. Ich probierte alles: laute Musik, offene Fenster, viel Koffein, schnelles Fahren, fröhliches Liedgut auf den Lippen, Selbstgespräche, Traubenzucker und gymnastische Übungen auf den Raststätten. Die Fahrt geriet zur Tortur, und ich war kurz davor, meinen albernen Dickschädel zu verfluchen und mir ein paar Stündchen Schlaf zu gönnen. Ab dem Spessart musste ich an jeder zweiten Raststätte raus. Einerseits verlangte meine Blase nach der vielen Cola dringend Entlastung, andererseits sorgte die Bewegung an der kalten Nachtluft für kurzfristige Belebung von Körper und Geist. Erst in Höhe Limburg/Montabaur überwand ich den toten Punkt und brachte die restlichen Kilometer auch noch hinter mich.
Ich will hier nicht den Oberlehrer spielen, aber ich kann von solchen Albernheiten wirklich nur abraten. Spätestens ab diesem Zeitpunkt wusste ich, was es mit dem vielzitierten Sekundenschlaf tatsächlich auf sich hat. Selbst bei Tempo 145 sind das mal eben 40 Meter im Blindflug. Ich habe das fahrlässige Experiment anschließend nie mehr wiederholt. Seitdem sorgen ein FCB-Kissen und eine Decke für zumindest ansatzweise Behaglichkeit bei meinen Nickerchen auf Autobahn-Raststätten. All zu lange dauern diese Schlafpausen ohnehin nicht. Entweder fängt man irgendwann an zu frieren oder man wird – wegen sicherheitshalber komplett verschlossener Fenster – von der schlechten Luft im Innenraum wach. Aber immerhin.
Wenn ich hier schon das Bayern-Kissen im Kofferraum erwähne, will ich kurz auf mein Verhältnis zum Merchandising eingehen. Ich ertappe mich selbst dabei, dass ich zu Fanartikeln ein kindlich-naives Verhältnis pflege. Das drückt sich darin aus, dass ich bestimmte Gebrauchsutensilien, die im Stadion oder bei Auswärtsfahrten nun mal erforderlich sind, konsequent im Bayern-Fanshop kaufe. Wollmütze, Schal und Handschuhe machen bei Minusgraden im Stadion durchaus Sinn. Warum sollte ich also beispielweise einen neutralen Schal tragen, wenn es auch welche im FCB-Look gibt? Ich habe Spaß daran, wenn es stimmig ist, und mag meine eigene, konsequente Verschrobenheit in diesen Dingen. Das gilt auch im Beruf, wo es mir nie einfallen würde, branchenfremde Kugelschreiber oder Notizblöcke zu benutzen.
Was Auswärtsfahrten anbelangt, hört es ja beim Schal nicht auf. Besser gesagt, da fängt es für mich erst an. Reisetasche, Handtuch, Waschlappen, Kulturbeutel, Zahnbürste oder Thermoskanne benötige ich ohnehin. So wie jeder andere auch. Bei meinen Reisen zu Bayern-Spielen ist es für mich zur Selbstverständlichkeit geworden, entsprechende Utensilien einzupacken, die ich – teilweise vor
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