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Sehnsucht FC Bayern

Sehnsucht FC Bayern

Titel: Sehnsucht FC Bayern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armin Radtke
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einfach nur noch da, während es um uns herum von Minute zu Minute immer stiller wurde. So etwas war noch möglich, weil der Ordnungsdienst alter Prägung vorwiegend aus dicken, älteren Männern bestand. Versuchen Sie mal heute nach Schlusspfiff länger als andere auf ihrem Platz zu bleiben. Sie sitzen einfach nur schweigend dort, wo Sie vorher auch gesessen haben. Es dauert nicht lange, dann kommt ein »Mister Wichtig« und scheucht Sie aus dem Block. Dabei haben Sie nichts gemacht. Natürlich gehört er keinem Ordnungsdienst an, vielmehr sorgt er mit dem Aufdruck SECURITY auf dem Rücken für Sicherheit. Es gibt Bundesligisten in Westfalen, die leisten sich eine SECURITY, da möchte man mit dem Türsteher einer Nobeldiskothek glatt kuscheln. Offenbar völlig aus dem Ruder läuft, fast egal wo, die öffentliche Ordnung, wenn Sie beispielweise etwa 30 Minuten nach Schlusspfiff noch mal in einen nicht abgesperrten Block möchten, weil Sie glauben, dort etwas verloren zu haben. Das sind Diskussionen! Wer’s nicht glaubt – einfach mal ausprobieren.
    Zurück ins Jahr 1991: Eine Woche später schien sich das Blatt zu wenden. Kaiserslautern verlor völlig überraschend sein Heimspiel gegen Mönchengladbach, während der FC Bayern seine Auswärtsbegegnung in Nürnberg gewann. Nun gab es die gleiche Konstellation wie 1986! Ein Bayern-Sieg zu Hause gegen Uerdingen sowie eine Niederlage des FCK in Köln, und wir wären Deutscher Meister. Mit dem gleichen Maß an Optimismus wie fünf Jahre zuvor fuhr ich nach München. Doch es wurde ein schwarzer Nachmittag. Nicht nur, dass der 1. FC Kaiserlautern souverän in Köln gewann. Viel ärgerlicher war, dass der FC Bayern seine Hausaufgaben im Olympiastadion nicht zuwege brachte und über ein 2:2 gegen den bereits als Absteiger feststehenden FC Bayer 05 aus Krefeld-Uerdingen nicht hinauskam. Wunder wiederholen sich nicht immer. Und eigentlich musste man noch froh sein, dass Kaiserslautern nicht verloren hatte. Nicht auszudenken, wenn dann die eigene Leistung nicht zum Sieg gereicht hätte. Die Bayern hätten dann ganz anders gespielt? Das dachte ich zwei Jahre später, am letzten Spieltag auf Schalke, auch. Aber dazu komme ich noch.
    Klaus Augenthaler absolvierte an diesem Nachmittag sein letztes Pflichtspiel für den FC Bayern. Er hätte einen würdigeren Abgang verdient gehabt. Fast zwölf Jahre nach meinem ersten Bayern-Spiel im Stadion verließ damit der letzte Bayern-Spieler aus dieser Zeit das Spielfeld. Für mich eine Zäsur.
    Beim Anblick der jubelnden Lauterer Anhänger im Fernsehen wurde mir deutlich vor Augen geführt, was es Fußballfans bedeutet, wenn sie nach Jahrzehnten endlich mal wieder Deutscher Meister werden. Das war nicht nur Freude pur, das war ekstatisch und vereinzelt auch orgiastisch. Ich hatte im vorigen Kapitel meine zweifelhaften Eindrücke vom Publikum auf dem Betzenberg wiedergegeben, kann aber nicht leugnen, dass ich dem »unbekannten FCK-Fan« auch irgendwie gönnte, dass seine Leidenschaft mit einem Titelgewinn belohnt wurde. Natürlich wünsche ich mir, dass der FC Bayern jedes Jahr Meister wird, und insgeheim träume ich noch vom Triple. Ich bin weit davon entfernt, die Freude gegnerischer Fans zu teilen. Aber so lange man als Vize oder Verlierer nicht durch den Dreck gezogen oder provoziert wird, bekomme ich beim Anblick jubelnder Fans anderer Mannschaften mittlerweile keine Akne mehr. Häme gegenüber dem Unterlegenen und Freude am eigenen Erfolg sind eigentlich zweierlei, gehen aber leider viel zu oft Hand in Hand. Wer sonst, wenn nicht die Bayern-Fans, sollten hierbei eigentlich die nötige Gelassenheit aufbringen? Da zeigt sich, wer nicht nur cool sein will, sondern es tatsächlich auch ist. Man muss auch gönnen können!
    Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012

1991/92
    A LLES ANDERS
    Eine merkwürdige Saison, von der gedanklich erstaunlich wenig hängen blieb. Aber ich will ja hier keine Lücken lassen. Wie sähe das denn aus? Andererseits sah auch der FC Bayern in jener Saison selten gut aus. Im Gegenteil, es ging schief, was schiefgehen konnte. Dem frühen Aus in der 2. Runde (1. Runde war Freilos) des DFB-Pokals in einem Heimspiel gegen Zweitligist FC Homburg folgte die Entlassung des zweifachen Meistertrainers Jupp Heynckes nach einer 1:4-Heimniederlage gegen die Stuttgarter Kickers in der Bundesliga. Man merkt schon: In dieser Saison stellten sich dem FC Bayern »große« Vereine in den Weg. Im

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