Sehnsucht FC Bayern
sich nicht nur im UEFA-Cup-Finale, sie stand auch auf Platz zwei in der Tabelle. Das kam mir doch bekannt vor? Gedanklich grüßte Erich Ribbeck.
Die Endspiele um den UEFA-Cup gegen Girondins Bordeaux fanden noch mit Hin- und Rückspiel statt. Dass ich nicht in Frankreich war, war ein Tribut an meinen Beruf. Ein mehrtägiges Seminar durchkreuzte alle Pläne. Ich tröstete mich damit, dass das Kartenkontingent in Bordeaux offiziell nur sehr klein und meine Chancen auf ein Ticket damit sehr gering waren. Der Zufall wollte es aber, dass ich einen Tag vor dem Hinspiel mit meinen Vorgesetzten nach München musste. Die Flüge wurden vom Konzern zu viert en bloc gebucht. Es kostete einige Mühe, die Sekretärinnen zu überreden, extra für mich umzubuchen. Nach Ende des dienstlichen Teils flogen meine Vorgesetzten zurück nach Köln. Ich hingegen quartierte mich in einer billigen Pension in Schwabing ein und fuhr ohne Umschweife mit der U-Bahn zum Abschlusstraining der Franzosen ins Olympiastadion. Wohl offenbar auch wegen meines Business-Outfits gelangte ich durch das offene Marathontor ohne Diskussion bis an den Spielfeldrand. Gab es eine bessere Einstimmung auf das Spiel?
Selbst Lizarazu und Zidane auf Seiten von Bordeaux vermochten am nächsten Tag den 2:0-Erfolg des FC Bayern nicht zu verhindern. Mittlerweile war mit Franz Beckenbauer wieder ein alter Bekannter auf die Bayern-Bank zurückgekehrt. Wenigstens blieb er diesmal in seinem Premieren-Spiel als Trainer siegreich. Vom Sieg einmal abgesehen, behielt ich von diesem Spiel die Rückreise am eindrucksvollsten in Erinnerung. Nur wenige Stunden nach Schlusspfiff stand ich mitten in der Nacht auf, nahm um sieben Uhr den ersten Flieger zurück nach Köln und erschien dort pünktlich zur Arbeit. Zumindest körperlich. Meine Gedanken war noch 600 Kilometer weiter südlich. Jetlag für Arme. Was für ein genialer Mix aus dienstlichen Erfordernissen und privaten Interessen!
Dabei war dies nicht das erste Mal. Bereits im November hatte ich ein Seminar meines Arbeitgebers in Lüneburg für eine anschließende Weiterfahrt zum Auswärtsspiel in Rostock genutzt. Das behalte ich noch heute bei. Bei angeordneten Dienstreisen gilt mein Blick immer auch dem Spielplan. Da ergeben sich nicht selten die tollsten Kombinationsmöglichkeiten. Vorbild war für mich, als jungem Hüpfer, ein Vertriebsmanager aus dem Kollegenkreis. Als Dauerkarten-Inhaber auf dem Bökelberg verstand er es auf geradezu brillante Art und Weise, Dienstreisen mit Auswärtsspielen von Borussia Mönchengladbach in Einklang zu bringen. Und das sogar im Europacup! Auf diesem Level bewegte ich mich zwar noch nicht, aber man muss ja Visionen haben …
Im UEFA-Cup hatte die Mannschaft mit Beckenbauer Tritt gefasst. In der Bundesliga hatte er vier Spiele Zeit, einen Rückstand von drei Punkten auf Dortmund aufzuholen. Nach dem Heimsieg über den 1. FC Köln schöpfte ich neue Hoffnung und entschloss mich spontan zum Besuch des Auswärtsspiels in Bremen. Trotz unserer 2:0-Führung gewann Werder noch mit 3:2. Für die grün-weißen Fans natürlich Festspiele. Erst hatte man ihren langjährigen Trainer abgeworben, ihn dann in München vom Hof gejagt, und der Nachfolger wird im Weserstadion prompt abgestraft. Irgendwie konnte ich sie ja verstehen. Es bedeutete jedenfalls die Vorentscheidung im Kampf um die Meisterschaft. Das Comeback des Kaisers war den Kurztrip unter der Woche aber allemal wert.
Fünf Tage später auf Schalke »erlöste« uns das 2:1 des späteren Schalke-Managers Andreas Müller in der Schlussminute von allen vagen Meisterschaftsträumen. Mit seinem Siegtreffer für Schalke machte er Borussia Dortmund zum Meister. Ein Tor, das die Schalker Fans zwar freute, aber angesichts der Rivalität mit dem BVB dennoch zwiespältige Gefühle bei ihnen auslöste. Ich erlebte den Schlusspfiff im Gästeblock des Parkstadions. Eine ambivalente Situation. Natürlich ist man einerseits enttäuscht, dass die Meisterschaft jetzt gelaufen ist. Andererseits atmet man auch tief durch und weiß, dass man den Kopf wieder für andere Dinge frei hat.
Das Saisonfinale fand mal wieder im Olympiastadion statt. Obligatorisch hatte sich der Fanclub lange vorher mit Eintrittskarten versorgt. Das Spiel hätte ja noch entscheidend sein können. So aber lebte es von der Euphorie, dass die Mannschaft drei Tage zuvor auch das Rückspiel in Bordeaux gewonnen hatte und frisch gekürter UEFA-Cup-Gewinner war. Dadurch gab es beim Heimspiel
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