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Sehnsucht FC Bayern

Sehnsucht FC Bayern

Titel: Sehnsucht FC Bayern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armin Radtke
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mit eisigen Temperaturen, bei dem mich wenigstens die vier Klinsmann-Tore etwas erwärmten. So langsam begann ich mich mit dem Schwaben, wenn auch nur einseitig, anzufreunden. Dieser Trip hatte sich gelohnt, wobei sich Erinnerungen nachträglich immer etwas verklären. Als ich für die Rückfahrt mein Auto erst noch nachts in der Preußenstraße in München-Milbertshofen vom Eis freikratzen musste und später zwischen Nürnberg und Frankfurt wieder einmal mit der Müdigkeit kämpfte, hätte ich spontan sicherlich anders geurteilt.
    Letztlich war es aber nur der Vorgeschmack auf ein dermaßen bayernintensives Frühjahr, dass verständlich wird, warum sich Fußballfans am Ende einer Saison oft so ausgelaugt fühlen, als wenn sie selber mitgespielt hätten. In Hitparaden-Manier hier der Schnelldurchlauf, bei dem es schon beim Lesen atemlos zugeht. Angegeben ist jeweils nur das Spiel-Datum, nicht auch noch die Tage der Anund Abreise!
    11. Februar: Mittlerweile obligatorischer Wochenend-Trip zum Auswärtsspiel in Hamburg, um dort ein langjähriges Mitglied des Fanclubs zu besuchen. Die beiden HSV-Treffer zum 2:1-Sieg am Sonntagabend fallen in der 85. und 89. Minute. Wer mich da auf den angeblichen Bayern-Dusel angesprochen hätte, den hätte ich augenblicklich erwürgt.
    17. Februar: Absolut genialer Schachzug. Meine Mutter wollte in den Ski-Urlaub nach Tirol, traute sich aber wegen der winterlichen Straßenverhältnisse und Schneeketten-Pflicht nicht allein mit dem Auto dorthin. Ritterlich bot ich ihr meine Chauffeurdienste an. Einzige Bedingung war, An- und Abreise terminlich so zu legen, dass diese mit dem Besuch von Heimspielen zu kombinieren waren. Nachdem ich sie in Tirol abgesetzt hatte, wurde ich auf der Rückfahrt nach Köln Zeuge einer peinlichen 1:4-Heimniederlage gegen den Karlsruher SC. War vielleicht doch keine so gute Idee.
    25. Februar: Auswärtsspiel beim KFC Uerdingen 05. Rehabilitierung mit einem 6:1- Sieg. Bei nur 70 Kilometer Anfahrtsweg fast schon Charakter eines Kindergeburtstages. Klinsmann trifft – natürlich.
    2. März: Mutter musste wieder in Tirol abgeholt werden. Gesagt, getan. Auf dem Heimweg besuchte ich mit ihr mein erstes Derby. Mit der 4:0-Führung bereits nach 26 Minuten, zwei Klinsmann-Toren und zwei roten Karten in der zweiten Halbzeit eines der legendären Derbys. Endstand 4:2 für die Roten. Meine Mutter ist erstmals mit im Olympiastadion und fängt ansatzweise an, mich zu verstehen. Ich sehe den FC Bayern an drei Bundesligaspieltagen in Folge. Erste Übersättigungserscheinungen machen sich bemerkbar. Aber es ist wie mit einem guten Essen. Wenn es schmeckt, hört man so schnell nicht auf.
    19. März: Wenn ich schon auf Lissabon verzichtete, dann wenigstens Nottingham Forest. Noch so ein Gegner mit großem Klang im Europacup. Ein Bayern-Fanclub aus Bonn organisiert eine Busreise nach Mittelengland. Wer noch nie 2 × 11 Stunden in einem Fanbus verbracht hat, dem fehlt ein entscheidendes Stück Selbsterfahrung. Ich weiß, warum ich das Experiment seitdem nicht mehr wiederholt habe. Der 5:1-Sieg im City Ground ist mit »grandios« nur unzureichend beschrieben. Klinsmann schießt wieder zwei Tore. Wer bremst diesen Mann? Hoffentlich niemand.
    23. März: Jährliches Pflichtprogramm in der BayArena gegen die Werkself vom Chemie-Giganten. Seit dem Aufstieg des VfL Wolfsburg sollte man die Branche nicht unerwähnt lassen. 2:1-Sieg, abgehakt.
    7. April: Auswärtsspiel in Mönchengladbach – quasi zum Ausruhen. Trotz Klinsmann-Treffer die übliche Niederlage am Bökelberg. 1:3. Mund abputzen.
    16. April: UEFA-Cup gegen den FC Barcelona. Ein Meilenstein in meinem Fan-Leben! Zum Halbfinal-Rückspiel in Katalonien fliege ich erstmals mit dem Flugzeug zu einem Bayern-Spiel. Mein erster Flug seit 1978. Ein tolles Gefühl. Hoch oben, im Gästeblock des Camp Nou, erlebe ich das Spiel aus der Vogelperspektive und bin kaum in der Lage, einen Flachpass von einem weiten Ball zu unterscheiden. Beim 2:0-Führungstreffer durch Witeczek bekomme ich vor Ekstase kurz Herzschmerzen und halte inne. Eine FCB-Überdosis auf dem Weg ins Finale?
    Das war noch längst nicht alles. Dennoch mache ich bei meinen Parforce-Ritt durch die Stadien hier ein »break«. Acht Bayern-Spiele in 64 Tagen. Ich war, insbesondere angesichts der Reisestrapazen, einfach nur noch fertig. Otto Rehhagel hatte in Barcelona seinen letzten großen Auftritt als Bayern-Trainer. Zwei Spiele später wurde er entlassen. Die Mannschaft befand

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