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Sehnsucht FC Bayern

Sehnsucht FC Bayern

Titel: Sehnsucht FC Bayern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armin Radtke
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Mailänder Innenstadt vor dem Spiel verstreichen. Der ganze rituelle Fan-Habitus wie das Einsingen in der Fußgängerzone und den Passagen oder das Besetzen der wichtigsten Innenstadtplätze mit Fahnen der eigenen Mannschaft, das alles geht mir an Endspieltagen – mal derb ausgedrückt – gehörig auf den Sack. Dazu war mir der Anlass der Reise schlichtweg zu ernst. Ich war ungenießbar, und meine Begleitung tat gut daran, mich in Ruhe zu lassen.
    Muss ich zum Spiel noch etwas sagen? Eigentlich nicht. Die meisten Bayern-Fans werden noch eine Videoaufzeichnung davon zu Hause haben. Dass die Entscheidung in diesem Spiel nicht auf gewöhnliche Weise herbeigeführt wurde, war angesichts des turbulenten Meisterschaftsfinales am 33. und 34. Spieltag nur konsequent. Erst ein endloses Elfmeterschießen brachte die Entscheidung. Meine Freundin Antje, die mich nach Mailand begleitet hatte, hielt die Spannung nicht mehr aus und rief beim Stande von 3:3 mit Tränen in den Augen: »Ich pack das alles nicht mehr, ich will, dass es vorbei ist – egal für wen.« Ein unsensibles »Sei bloß still!« zischte ich ihr als Antwort entgegen. An Endspieltagen bin ich wenig zimperlich. Der gehaltene Elfmeter von Pellegrino durch Oliver Kahn, der insge samt 17. Elfer dieses Spiels und der dritte, den Kahn parierte, beendete augenblicklich mein jahrelanges Trauma. Für mich besteht kein Zweifel daran, dass ohne die glücklich errungene Meisterschaft der Endspielsieg über Valencia nicht möglich gewesen wäre. Insofern sehe ich eine direkte Verbindung zwischen Zicklers Gewaltschuss in der letzten Minute gegen Kaiserslautern und dem Sieg in Mailand.
    Den Sieg habe ich nicht gefeiert. Vom Stadion aus ging es direkt zurück ins Hotel. Nach der letzten Nacht mit der Anreise, dem nervenaufreibenden Endspiel, dem ganzen Tag, an dem ich mangels Appetit fast nichts gegessen und viel zu wenig getrunken hatte: Da reichten bereits zwei Bier an der Hotelbar für einen Zustand, den ich sonst nur nach sehr langen und geselligen Abenden erreiche.
    Seit der Meisterschaft und dem Europacup-Erfolg 2001 sehe ich die Geschehnisse des FC Bayern in einem wesentlich milderen Licht. In dieser Saison hatte ich mich über Wochen emotional völlig verausgabt. Egal welche sportlichen Enttäuschungen ich mit dem Verein noch erleben würde: Diese Saison würde mir niemand mehr nehmen können. Die Frage war nur, wie man diese Erfahrungen für sich selbst einordnet. Trotz des positiven Endes mag ich dennoch nicht daran denken, wie knapp die Entscheidungen jeweils ausfielen. Schalke spielte in dieser Saison einen tollen Fußball und wäre ein würdiger Meister gewesen. Valencia hatte erst ein Jahr zuvor das Endspiel in der Champions League verloren und sann berechtigerweise ebenso auf Wiedergutmachung. Ein dumpfes »Mia san mia« halte ich daher für unangebracht. In stiller Genugtuung und mit einer Portion Demut habe ich mir noch oft die stundenlangen Aufzeichnungen der damaligen Wochen angeschaut und dabei den unterdrückten Alkoholkonsum der Mailänder Nacht häufig nachgeholt.
    Eigentlich hätte das Buch hier ein würdiges Ende. Aber warum jetzt schon aufhören? Bereits wenige Tage später stand in Leverkusen das Endspiel um die deutsche A-Jugend-Meisterschaft an. Wir fuhren natürlich hin. Der FC Bayern gewann dort mit 3:2 gegen den Nachwuchs von Bayer 04. In der siegreichen Elf des FC Bayern standen für uns so unbekannte Spieler wie Rensing, Schweinsteiger, Lahm, Lell, Ottl und Trochowski. Wie heißt es so treffend seit Mai 2001? Es geht weiter, immer weiter!
    Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012

2001/02
    W EITER, IMMER WEITER
    Ein äußerst angenehmer Nebeneffekt nach dem Gewinn der Champions League war die direkte Qualifikation für zwei weitere Endspiele: das Finale um den Europäischen Supercup in Monaco gegen den UEFA-Cup-Gewinner und das Finale um den Weltpokal in Tokio gegen den Gewinner des Südamerika-Pokals. Einmal dieser luxuriösen Situation ausgesetzt, mussten beide Gelegenheiten beim Schopfe gepackt werden. Man muss die Feste feiern, wie sie fallen. Koste es, was es wolle. Und das meine ich auch so. Solche Gelegenheiten kommen so schnell nicht wieder.
    Ich hatte in diesen Wochen einige Bayern-Fans kennengelernt, die nach der reisefreudigen Vorsaison nun bis zum äußersten Rand des finanziell Machbaren gingen, um jeweils live vor Ort dabei zu sein. Eine Haltung, die ich in diesen beiden konkreten Beispielen,

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