Sehnsucht FC Bayern
Unterschriften einzusammeln. Owen Hargreaves versuchte, durch einen gewagten Witz um ein Autogramm auf einem Mannschaftsbild herumzukommen: »Da bin ich doch gar nicht drauf.« Doch keine Chance bei Sven! Der blieb unerbittlich und konnte bald zu Claudio Pizarro sagen: »Jetzt fehlt mir nur noch Santa Cruz.« Antwort des Peruaners: »Das ist der Hässliche da drüben.«
Um sechs Uhr morgens landeten wir. In Deutschland war es zu dieser Zeit drei Uhr nachts. Mit einem japanischen Mietwagen nahmen wir uns für den kompletten Aufenthalt das billigste Transportmittel überhaupt. Schließlich koste der Liter Benzin nur 20 Cent.
Beim Einchecken im Hotel schien der liebe Gott meine Gebete diesmal erhört zu haben. Immerhin hatte wieder Sven gebucht. Jeder verdient eine zweite Chance. Und nach Tokio war es diesmal ein Vier-Sterne-Hotel. Da konnte man wirklich nicht meckern. Vor dem Nachmittagstraining suchten wir uns einen Platz am Strand. Keine Wolke am Himmel und ca. 30 Grad. Wir hatten die vergangene Nacht fast durchgemacht und waren entsprechend müde. Das Wasser des Persischen Golfs war ohnehin zu kalt zum Baden. Wir schliefen sofort ein. Nach zwei Stunden wurden wir plötzlich durch erbarmungslos laute Rufe aus dem Tiefschlaf gerissen. Gerade mal 200 Meter voneinander entfernt standen diverse Moscheen. An den Minaretten waren plärrende Lautsprecher angebracht, aus denen der Muezzin dröhnend zum Nachmittagsgebet rief. Für uns rief er zum Nachmittagstraining. Wir waren völlig fertig. Aber das war ja hier kein Urlaub, wir waren schließlich im Trainingslager …
Dieser Auftakt soll nur stellvertretend für diese Reise stehen. Es folgten sieben Tage in Arabien, die uns aus dem Staunen nicht mehr herausbrachten und einen faszinierenden Mix aus »Nähezur-Mannschaft«, langweiligen Trainingseinheiten und touristischen Höhepunkten darstellten. Immerhin gab es auch ein vom DSF übertragenes Testspiel gegen Energie Cottbus, so dass wir den Länderpunkt »Vereinigte Arabische Emirate« stolz für uns verbuchen konnten. Etwa 40 Bayern-Fans waren beim Spiel anwesend, so dass man sich für einen kurzen Moment tatsächlich zur Avantgarde der Fanszene zählen durfte. Trainingslager an sich sind auch für Fans eine recht langweilige Angelegenheit. Nicht selten schliefen wir während der Übungseinheiten der Profis auf der schattigen Tribüne ein. Das selbstorganisierte touristische Zusatzprogramm mit Wüstenrallye, Besuche in Oman, ungezählten Stadionbesichtigungen, Kamelrennen und ausgedehntem Nachtleben forderte seinen Tribut. Dennoch war es natürlich ein weiterer Höhepunkt in der nach oben hin offenen Skala an Fan-Verrücktheit.
Die Saison brachte für mich noch ein weiteres Kuriosum. In der Sommerpause hatte der FC Bayern langfristig ein Testspiel in Kiel geplant. Die Begegnung wollte ich mir nicht entgehen lassen, zumal sie im altehrwürdigen Holstein-Stadion stattfand. Und nach Schleswig-Holstein kommt man als Bayern-Fan eher selten. Auch beruflich passte mir das hervorragend in den Kram, weil ich zwei Tage später nach Hannover musste. Da war sie wieder: die gelungene Kombination von beruflichen Notwendigkeiten und Hobby. Die weite Strecke von München aus nahm ich in Etappen. Die Reise führte mich zunächst nach Jena, wo der FC Bayern im Ernst-Abbe-Stadion im Endspiel um den DFB-Ligapokal stand und gegen den HSV verlor. Von dort aus ging es über Köln, um die Eltern mal wieder zu sehen, schließlich rauf nach Kiel. So weit, so gut. Bayern-Fans aus Norddeutschland, bei denen ich übernachtete und die um meine Reisepläne wussten, begrüßten mich mitleidig in Kiel. Dies aber nicht etwa wegen meiner weiten Anfahrt, sondern weil der FC Bayern kurzfristig für den übernächsten Tag ein weiteres Freundschaftsspiel ausgemacht hatte – in Regensburg! Gedanklich biss ich mir in den Hintern. Das alte Jahnstadion, das wäre es gewesen! Nur zu gerne wäre ich auch dort hingefahren. Entfernungen spielten schon längst keine Rolle mehr. Ging aber nicht. Für mich galt Hannover statt Regensburg. Manchmal kriegt man eben den Hals nicht voll …
Fast hatte es den Anschein, als ob das auch für Ottmar Hitzfeld gelten würde. Er hatte sich mit dem FC Bayern auf eine Beendigung der langen und überaus erfolgreichen Zusammenarbeit im Sommer 2004 verständigt. Wie so oft wurden nach Ende der Bundesligarückrunde noch einige Freundschaftsspiele vereinbart. So auch in diesem Jahr mit zwei Partien in Wolfratshausen (Landkreis Bad
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