Sehnsucht nach dem Maerchenprinzen
versetzt. Schreckliche Erinnerungen tauchten wie dunkle Schatten auf, und zwar so drohend, dass sie zurückschreckte. Dann wurde ihr bewusst, dass nicht Martyn, sondern Rohan nach ihr gegriffen hatte, und atmete tief ein.
âHabe ich dir etwa wehgetan?â Rohan sah sie irritiert an, lieà sie aber sofort los. âZum Teufel, Charlotte! Was hat das alles zu bedeuten?â
Charlotte presste sich eine Hand auf den Mund. Hätte sie nicht befürchtet, Rohans Achtung zu verlieren, wäre die ganze schreckliche Wahrheit jetzt an den Tag gekommen.
âDu bist eben vor mir zurückgewichenâ, sagte er rau. âHattest du etwa Angst, ich würde dich schlagen?â
âNatürlich nicht.â Charlotte wünschte, sie hätte sich besser in der Gewalt gehabt. âUm ehrlich zu sein ⦠Ich weià selbst nicht, was mit mir los ist.â
âIch wäre auÃerstande, dir jemals wehzutun!â
âDas weià ich doch.â Sie seufzte ratlos und lehnte den Kopf ganz leicht an seine Brust.
âWas soll ich bloà mit dir machen?â Rohan wiegte sie sanft hin und her wie ein Kind, das Trost sucht. âDu kannst mich nicht so abfertigen, Charlotte. Sag mir, was Christopher gehört hat. Vorher lasse ich dich nicht fort. Ich muss wissen, wie ich Christophers Ãngsten begegnen kann. Was zwischen uns war, lässt sich sowieso nicht viel länger verheimlichen. Dein Vater mag Scheuklappen getragen haben, aber wer genau hinsieht, wird mich in Christopher wiedererkennen. Sieh mich an, Charlotte.â Er umfasste ihr Kinn und zwang sie, ihm in die Augen zu schauen. âDu weiÃt, dass ich recht habe. Wir müssen uns endlich zu unserem gemeinsamen Sohn bekennen.â
âJa, natürlich.â
âWarum klingt das so verzweifelt?â Es fiel Rohan immer schwerer, sein wachsendes Verlangen zu unterdrücken. âSoll die Welt denn nicht erfahren, dass Christopher mein Sohn ist?â
Charlotte lieà den Zeigefinger über seine Lippen gleiten. âViele werden darüber schockiert sein, Rohan ⦠meine angeheirateten Verwandten gar nicht mitgerechnet.â Sie lachte krampfhaft. âDabei bin ich überglücklich, dass Chris die Neuigkeit so locker aufgenommen hat. Er hat sich zu dir von Anfang an hingezogen gefühlt und weià nur nicht, wie das alles zusammenhängt. Warum ich Martyn geheiratet habe ⦠Hinzu kommt Martyns Unfall. Irgendwann wird Chris unweigerlich erfahren, dass eine andere Frau dabei war ⦠bei dem Mann, den er für seinen Vater hielt. Es ist mir himmelangst, Rohan, wie ein siebenjähriger Junge mit all dem fertig werden soll. Ich bin jedenfalls völlig ratlos.â
âBisher hat er das aber ganz gut verkraftetâ, versicherte Rohan. âKomm ins Wohnzimmer, Charlotte. Gemeinsam finden wir ganz bestimmt einen Weg. Das Leben offenbart immer wieder neue Seiten ⦠für jeden. Darauf müssen wir uns einstellen. Ich möchte dich heiraten, Charlotte, und ich werde dich heiraten, denn Christopher soll seine Mutter nicht verlieren. Ich möchte für euch beide sorgen ⦠euch verwöhnen. Wir sind sehr lange getrennte Wege gegangen und uns doch wiederbegegnet. Alles ist völlig anders gekommen, als ich geplant hatte, aber das Ziel ist dasselbe geblieben.â
Rohan schwieg, bis Charlotte ausführlich von dem Besuch ihrer Mutter erzählt hatte. âSie wurde immer unangenehmerâ, betonte sie zum Schluss noch einmal. âImmer â¦â
â⦠boshafterâ, ergänzte Rohan mit blitzenden Augen.
âSie wusste nicht, dass Christopher zu Hause war.â Als ob das eine Entschuldigung gewesen wäre! âAusgerechnet an dem einen Tag, an dem er den Schulunterricht versäumt, muss sie hier aufkreuzen.â
âChristopher behauptet, weggelaufen zu sein, bevor er alles gehört hatte.â
âDas, was er mitbekommen hat, genügt. Er weià jetzt, dass ich mit dir und Martyn im Bett war.â
âDas entspricht ja auch den Tatsachen, oder? Weià er denn auch, was das heiÃt?â
Charlotte wandte den Kopf zur Seite. âIch bin immer wieder erstaunt, was er alles aufnimmt. Was da abläuft, mag ihm nicht ganz klar sein, aber â¦â Sie verstummte und sah Rohan an. âDad führt ihn an viele Dinge heran, wobei er bestimmte Themen natürlich nicht anschneidet. Dafür ist ihm Chris noch zu jung. Meist
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