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Sehnsucht nach Leben

Sehnsucht nach Leben

Titel: Sehnsucht nach Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot Kaeßmann
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erzählt, dass Josef auch der Zeitpunkt der Rückkehr vom Engel vermittelt wird: „Als aber Herodes gestorben war, siehe, da erschien der Engel des Herrn dem Josef im Traum in Ägypten“ (Matthäus 2,19).
    Nein, verkitschen sollten wir den Engelglauben nicht. In der Weihnachtszeit herrscht in den Schaufenstern geradezu eine Engelinvasion und manche dieser Puttengestalten finde ich fürchterlich. Aber einem Menschen, der auf Reisen geht, einen Engel zu schenken, ist ein schöner Brauch, der wie gesagt auf biblische Zeiten zurückgeht. Das sagt: Ich wünsche dir Gottes Begleitung, wünsche dir, dass Gott mit dir geht. Ein solcher Engel wird zur Dreiecksverbindung zwischen zwei Menschen und Gott. Ich selbst habe schon so manchen Engel geschenkt bekommen und trage sie in der Handtasche, im Portemonnaie, in der Anoraktasche und im Koffer bei mir. Nein, das ist für mich kein Aberglaube, sondern eine Erinnerung an die Segenswünsche von Menschen und an die Gegenwart Gottes in meinem Leben, an Schutz, Begleitung und Lebensermutigung.
    Mit einem Kind zu beten, dass vierzehn Engel um es stehen, kann eine große Beruhigung, ein Trost sein: Gott ist bei dir, auch wenn du in der Nacht Angst hast. Jemandem einen Schutzengel zu wünschen bedeutet, Gottes Kraft zuzusagen. Ja, solche Begleitung und solchen Schutz wünschen wir jedem Menschen. Das bedeutet nicht, dass Engel auf magische Weise Unglück verhindern können, aber wie oft haben wir schon die Erfahrung gemacht, dass wir bewahrt wurden und einen falschen Schritt eben nicht getan haben. Manche sagen dann: „Glück gehabt.“ Andere betonen: „Da hatte ich einen Schutzengel.“ Das ist ein Ausdruck der Dankbarkeit gegenüber Gott.
    Und Gottes Begleitung spüren wir auch da, wo es zu einem Unglück kam. Dass ich dann genügend Hoffnung im Gepäck habe, um einen neuen Weg einzuschlagen – so wie Hagar in der Wüste. Dass ich den Mut finde, darauf zu vertrauen, dass es eine größere Wirklichkeit gibt als mein jetziges Leid – so wie die Frauen am leeren Grab. Darin können wir auch Engelerfahrungen sehen, die uns gerade auch im Leid Gottvertrauen und Trost schenken.
    In manchen Kirchen hängen Engelskulpturen, die in der Hand eine Taufschale halten und anlässlich der Taufe heruntergelassen werden. Auf diese Weise wird dem Kind bei der Taufe ein Engel mit auf den Lebensweg gegeben. Eine schöne Tradition, wie ich finde. Im 17. und 18. Jahrhundert waren diese Taufengel sehr beliebt. Dann aber galten sie – offenbar vor allem bei den Pastoren! – als geschmacklos und theologisch inkorrekt. So wurden sie entfernt. Ähnlich kritisch die wissenschaftliche Analyse: „Der Taufengel scheint eher die Versinnbildlichung des elementaren Schutzbedürfnisses der Gläubigen zu sein als die lutherische Tauflehre.“ [17] In den vergangenen Jahren wurden jedoch viele Taufengel wieder hervorgeholt oder neu entdeckt. Und das wohl weniger wegen ihres künstlerischen Wertes als aufgrund der Sehnsucht der Menschen. Da drängt sozusagen die Volksfrömmigkeit die Theologie dazu, Engelglauben ernst zu nehmen.
    Der biblischen Botschaft zufolge vermitteln Engel Kraft und Mut auch in schweren Zeiten. Ich denke da an Elia, der in die Wüste flieht und nur noch sterben will: „Er aber ging hin in die Wüste eine Tagereise weit und kam und setzte sich unter einen Wacholder und wünschte sich zu sterben und sprach: Es ist genug, so nimm nun, Herr, meine Seele; ich bin nicht besser als meine Väter. Und er legte sich hin und schlief unter dem Wacholder. Und siehe, ein Engel rührte ihn an und sprach zu ihm: Steh auf und iss! Und er sah sich um, und siehe, zu seinen Häupten lag ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser. Und als er gegessen und getrunken hatte, legte er sich wieder schlafen. Und der Engel des Herrn kam zum zweiten Mal wieder und rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss! Denn du hast einen weiten Weg vor dir. Und er stand auf und aß und trank und ging durch die Kraft der Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Berg Gottes, dem Horeb“ (1. Könige 19,4–8).
    Der Engel gibt Kraft und stärkt. Wie bei Jesus nach den vierzig Tagen in der Wüste, als er Kraft schöpfen muss: „Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel zu ihm und dienten ihm“ (Matthäus 4,11). Wer waren diese Engel? Menschen, die ihn

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