Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sehnsucht nach Leben

Sehnsucht nach Leben

Titel: Sehnsucht nach Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot Kaeßmann
Vom Netzwerk:
„Mose sprach zu Gott: Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehe und führe die Israeliten aus Ägypten? Er sprach: Ich will mit dir sein. Und das soll dir das Zeichen sein, dass ich dich gesandt habe: Wenn du mein Volk aus Ägypten geführt hast, werdet ihr Gott opfern auf diesem Berge. Mose sprach zu Gott: Siehe, wenn ich zu den Israeliten komme und spreche zu ihnen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt!, und sie mir sagen werden: Wie ist sein Name?, was soll ich ihnen sagen? Gott sprach zu Mose: Ich werde sein, der ich sein werde. Und sprach: So sollst du zu den Israeliten sagen: ,Ich werde sein‘, der hat mich zu euch gesandt. Und Gott sprach weiter zu Mose: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der Herr, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name auf ewig, mit dem man mich anrufen soll von Geschlecht zu Geschlecht. Darum geh hin und versammle die Ältesten von Israel und sprich zu ihnen: Der Herr, der Gott eurer Väter, ist mir erschienen, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs, und hat gesagt: Ich habe mich euer angenommen und gesehen, was euch in Ägypten widerfahren ist ...“ (11–16). Gottvertrauen entsteht so durch Tradieren des Glaubens: Weil die Väter und Mütter auf diesen Gott vertraut haben, sollen auch die Israeliten in der aktuellen Generation vertrauen.
    Andere finden durch eigenes Fragen und Forschen zum Glauben. Ich denke, das ist der schwerere Weg, aber mich ermutigt, wie viele Menschen ihn doch gehen. So erinnere ich mich an eine Frau, die, als sie Mutter wurde, sagte, sie habe den Eindruck, sie müsse ihrer Tochter irgendeine Orientierung, einen Halt mitgeben. Auf diesem Weg hatte sie zum Glauben gefunden. Ein Mann erzählte, es sei die Kirchenmusik gewesen, die ihn bewegt habe. Beim Mitsingen in einem Chor hätten ihn die Melodien und die Texte von Johann Sebastian Bach derart bewegt, dass er angefangen habe, sich für den Glauben zu interessieren – nicht umsonst wird Bach auch als der fünfte Evangelist bezeichnet. Ich denke auch an einen Journalisten, der mir Jahre nach einem Interview schrieb, unser Gespräch habe ihn veranlasst, sich den theologischen Fragen anzunähern. Und das habe ihn dann doch gepackt. Nun habe er sich kirchlich trauen lassen, die kleine Tochter werde demnächst getauft. Es gibt auch heute eine ganz eigene Suche nach Gott, die zu einer wundersamen Annäherung an den christlichen Glauben führen kann. Und bei allem Wissen um manche Defizite des „Bodenpersonals“ und auch der „Institution Kirche“ dann doch auch eine bewusste Entscheidung für die Zugehörigkeit zu ihr. Ich freue mich über all diese Lebensreisen zum Glauben. Wie großartig, wenn ein Mensch heute in Deutschland diesen Weg findet und geht, denn vielen ist es offenbar eher peinlich, nach Gott zu fragen. Du wirst belächelt, wenn du in der so aufgeklärten Wissenschaftsgesellschaft des 21. Jahrhunderts an Gott glaubst. Ein amerikanischer Bischof sagte mir einmal, die Amerikaner seien auf sehr religiöse Weise säkular und die Deutschen auf sehr säkulare Weise religiös. Ja, in der Tat, sie ist vorhanden, die religiöse Frage. Aber viele haben die Sprache dafür verloren. Doch wie meine Erfahrung in der Talkshow zeigt, können wir eine neue Sprache finden, wenn wir die Sehnsüchte anderer ansprechen. Am Ende kann ein solcher Mensch wie der Vater in der biblischen Erzählung schlicht sagen: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“ (Markus 9,24).
    Christinnen und Christen finden Gott in den Erzählungen Jesu. Er ist für uns der Weg zu Gott, der allen Völkern einen Zugang zum Gott Israels ermöglicht, den Jesus liebevoll „Abba“ nannte. Wer als Christ nach Gott fragt, wird auf Jesus schauen. Und das, was von ihm überliefert ist, öffnet Lebenswelten, finde ich: sein Mut, alle an einen Tisch zu laden. Die Liebe zu den Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen. Das Einfühlen in andere. Die Nachsicht mit Fehlern. All das klingt aus den Evangelien bis in unsere Tage, und wir verstehen, was gemeint ist. Mich fasziniert das immer wieder.
    Als ich eine Schule besuchte, in der ich mit der Oberstufe eine Diskussion über Religion führen sollte, stellten muslimische Schülerinnen und Schüler die interessantesten Fragen. Darunter war diese: „Wie können Sie an

Weitere Kostenlose Bücher