Sehnsucht nach Leben
Freund des Lebens, das zeigt uns die Geschichte Jesu, das zeigen seine Gleichnisse. Ein Freund des Lebens, der aber auch um die Ohnmacht weià und um das Sterben.
Es gibt Menschen, die diese Sehnsucht nach Gott nicht kennen. Sie leben ihr Leben tagein, tagaus; es fehlt ihnen nichts. Aber andere sind auf der Suche nach diesem Freund des Lebens. Sie hoffen auf Sinn, auf Beziehung und werden von der Frage getrieben: âGibt es Gott? Und wo könnte ich suchen?â
Akut wird die Frage: âWo ist Gott?â, diese unbändige Sehnsucht nach Gott vor allem dann, wenn sich Katastrophen ereignen. In den Nöten unseres Lebens. Der Schrei des Psalmbeters klingt durch die Jahrhunderte bis zu uns in die Gegenwart: âMein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?â (Psalm 22,2). Jesus selbst hat nach Aussage der Evangelien von Markus (15,34) und Matthäus (27,46) diese Worte sterbend herausgeschrien. Gerade diese Klage zu Gott ist besonders erschütternd. Jesus war doch derjenige, der stets vertraute. Der in die Wüste ging und allen Versuchungen widerstand. Der im Garten Gethsemane hoffte, dass der âKelch an mir vorübergehtâ, und dann doch bereit war, den Weg in den Tod zu gehen.
âWie kann Gott das zulassen? Wo war Gott, als das passierte?â Diese Frage treibt selbst Menschen um, die im Alltag gar nicht an Gott glauben. Im Sommer 2010 findet ein groÃes Musikfestival statt â die âLoveparadeâ. Friedlich wollen Tausende junger Menschen zusammen sein, Musik hören und tanzen. Und dann kommt es zu einer Massenpanik in einem Tunnel. Einundzwanzig junge Menschen werden totgetrampelt oder ersticken qualvoll unter den anderen. Viele werden schwer verletzt. Manche sind von Bisswunden gezeichnet, die um ihr Leben ringende Menschen ihnen zugefügt haben. Entsetzen. Grauen. Schrecken. In einer solchen Situation wird eine brennende Sehnsucht nach Gott laut: âWo bist du, hilf!â âO mein Gott!â, ruft da selbst, wer nicht an Gott glaubt.
Sehnsucht nach Gott gibt es aber auch abseits von Katastrophen. Sie zeigt sich zum Beispiel in der Hoffnung, dass unser Leben mehr ist als das Ergebnis biologischer Zusammenhänge. Dass es einen tieferen Sinn gibt für mich und für dich. Dass wir geborgen sein können in der Liebe Gottes. Es ist die Sehnsucht nach der Existenz Gottes. Nicht nach einem strafenden alten Mann suchen wir, sondern nach einem Weltenlenker, der uns nicht wie verlorene Zufallsprodukte verängstigt zurücklässt.
Sehr schön drückt dies das Lied âDa wohnt ein Sehnen tief in unsâ von Anne Quigley aus, in dem es darum geht, dass wir alle ein Sehnen nach Gott und seiner Nähe in uns tragen sowie einen Durst nach Glück und Liebe, wie wir sie nur bei ihm finden. Es geht in dem Lied um Gottvertrauen, das erbeten wird: âGib mir die Kraft, nicht an dir zu zweifeln, nicht zu verzweifeln, auch wenn vieles so anders aussieht.â Wenn wir solches Gottvertrauen finden, wenn es uns geschenkt wird, dann können wir wie der Psalmbeter sagen: âDer Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln ... Und ob ich schon wandelte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglückâ (Psalm 23). Der Psalmist hat erfahren, dass seine Sehnsucht nach Gott beantwortet wurde. Gott hat beigestanden. Oft wird das erst im Rückblick erkannt: Ich habe Gott gerufen und Gott stand mir bei. Ich hatte auf einmal den Mut, die richtige Entscheidung zu treffen, einen besonderen Weg einzuschlagen.
Und natürlich kennt vor allem der bewusste Glaube den Ruf nach Gottes Beistand, nach Gottes Eingreifen und Zuwendung. So heiÃt es in Psalm 31, Vers 3: âNeige deine Ohren zu mir, hilf mir eilends!â Und in Psalm 71, Vers 3: âSei mir ein starker Hort, zu dem ich immer fliehen kann, der du zugesagt hast, mir zu helfen, denn du bist mein Fels und meine Burg.â
In allem Wirbel der Geschichte, in allen ZerreiÃproben bleibt es für Christinnen und Christen Jesus selbst, der uns zeigt, wie Gott ist: Wie ein Weingärtner, der dafür Sorge trägt, dass alle genug fürs Leben haben, egal, was sie leisten können. Wie ein Vater, der den Sohn wieder aufnimmt, glücklich, liebevoll, ohne jeden Vorwurf, ohne jede Frage. Wie Jesus, der alle an einen Tisch einlädt â auch Zachäus, den Zöllner â, der die Ehebrecherin vor der Steinigung bewahrt und zu Liebe aufruft, wo andere hassen und
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