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Sehnsucht nach Leben

Sehnsucht nach Leben

Titel: Sehnsucht nach Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot Kaeßmann
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ihr Leben auch dann nicht gescheitert ist, wenn sie scheitern oder krank werden oder liebe Menschen verlieren. Gotteserfahrungen kann es mitten im Alltag geben. Wir können erleben, wie Gottes Geist wirkt, wenn sich etwas zwischen Menschen verändert. Wenn wir selbst den Mut haben, einen ersten Schritt auf einen anderen zuzugehen. Sich auf die Suche machen, das ist der Anfang eines Weges. Offen sein für neue Erfahrungen. Sich nicht abfinden mit vorgefertigten Meinungen. Der Weg zu Gott ist spannend und überraschend, wenn wir den Mut haben, uns aufzumachen.
    Mich hat dabei oft ein Liedvers von Klaus-Peter Hertzsch bewegt: „Vertraut den neuen Wegen, auf die uns Gott gesandt. Er selbst kommt uns entgegen, die Zukunft ist sein Land.“ Gott kommt uns auf unserer Suche, auf dem Weg unserer Sehnsucht nach erfülltem Leben entgegen. Das ist ein wunderbares Bild! Du bist dann auf einem Weg, auf dem du dich bereits geliebt wissen darfst. Ökonomisch gesprochen: Dein Konto ist schon bei deiner Geburt in den schwarzen Zahlen, und nichts, was du tust, kann es in die roten Zahlen bringen. Diese Liebe wird nicht enttäuscht, darauf kannst du vertrauen. Wer eine solche Grundüberzeugung besitzt, geht mit einer ganz eigenen Haltung durchs Leben! Er hat den Mut, sich den eigenen Zweifeln zu stellen, und wird sich dennoch geliebt wissen. Eine Spannung, die der Glaube immer in sich trägt. Wer sagt, er habe nie gezweifelt, kennt das Ringen des Glaubens nicht. Und wer sagt, sie habe Gott nie gespürt, kennt die Suche des Glaubens nicht. Es gibt dem Leben Fülle und Tiefe, wenn jemand nach Gott fragt, Gott sucht und am Ende Geborgenheit in Gottes zugesagter Liebe findet. Menschen bleiben wohl ein Leben lang Gottsuchende. Aber auf dieser Suche werden sie immer wieder Gotteserfahrungen machen. Lassen wir uns also immer wieder neu ein auf die Suche und den Weg.
    Der Mystiker Meister Eckhart hat dazu im 14. Jahrhundert auf ganz eigene Weise Mut gemacht: „In dem Augenblick, in dem du bereit bist, geht Gott in dich ein, ohne Verzögerung und ohne zu zögern ... Du musst ihn nicht eigens suchen, weder dort noch hier. Er ist ja nicht weiter weg als vor der Tür deines Herzens. Da steht er und wartet, wen er bereit findet, wer ihm auftut und ihn hineinlässt. Du brauchst ihn auch nicht erst von fern her zu rufen. Er kann es ja kaum erwarten, bis du ihm auftust.“ [18]
Sehnsucht nach
TROST

    â€žSie ist einfach untröstlich“, sagt mir der Mann mit Blick auf seine Frau. Vor einigen Monaten habe ich ihre Tochter beerdigt. Sie findet angesichts dieses Todes, angesichts dieses Verlusts keinen Trost. Alleine fühlt sie sich, verlassen. Und niemand ist da, der sie aufrichten kann. Eine entsetzliche Leere hat sich aufgetan. Sie findet aus der Spirale von Unglück, Angst, Verlassensein einfach nicht heraus. Trostlos ist ihr Leben geworden. Traurig, grau, ohne Ziel, ohne Farben, ohne Glück. Alles hat ihr diese Tochter bedeutet. Was soll nach diesem Verlust noch Freude bringen, dem Leben Sinn geben? Sie ist das Leben leid. Sie mag nicht mehr.
    Wer trostlos ist, befindet sich abseits des pulsierenden Lebens. Er gehört nicht dazu. Sie ist kein Zentrum der Kommunikation mehr. Ohne Trost sein, das ist fast wie „nicht ganz bei Trost sein“. Es macht zum Außenseiter. Es macht zur „schwierigen“ Person.
    Trost ist bei alledem ein sehr schönes Wort, finde ich. Meine besten Momente als Mutter hatte ich, wenn ich trösten konnte: „Es ist nicht so schlimm, wie du glaubst, wir schaffen das schon.“ Oder: „Lass mich auf dein aufgeschlagenes Knie pusten. Ich summe eine kleine Melodie dazu und es tut nicht mehr so weh.“ „Du armes Kind hast so ein schlimmes Erlebnis gehabt, ich nehme dich in den Arm und halte dich fest.“ Es ist eine wunderbare Erfahrung, trösten zu können. Eine Erfahrung, die auch über die eigenen Kinder hinausgeht. Wenn ich als Pfarrerin bei einer Beerdigung das Gefühl hatte, Worte finden zu dürfen, die Menschen, die trauern und verzweifelt sind, Trost bringen, war ich froh und zufrieden mit mir, mit meinem Beruf und dankbar für den Glauben, den ich weitergeben durfte. Ja, es ist ein gutes Gefühl, trösten zu dürfen.
    Und wie wunderbar ist es, getröstet zu werden. „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet“, heißt es beim Propheten Jesaja (66,13). Was für ein bewegendes

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