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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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sagen.«
    »Deshalb bist du mir gefolgt?«
    Bô nickte. Nakeshi fühlte sich wie ein junger Vogel, der zum ersten Mal vom Wind in die Lüfte gehoben wird. Sie lachte laut auf, und dann fiel sie Bô um den Hals und küsste ihn, bis ihr ganz schwindlig wurde.

Sarahs Geheimnis
    Sarahs eigentlicher Name lautete Vengape. Doch daran wollte sie sich nicht erinnern. Vor vielen Regenzeiten, als sie ihre Heimat am Hoarusib Riviere verlassen hatte, hatte sie ihren Namen aufgegeben. Nichts sollte sie mehr an ihre Vergangenheit erinnern. Doch die nahm jetzt plötzlich gegen ihren Willen in Form von Albträumen wieder Gestalt an. Es war immer derselbe Traum, der sie wieder und wieder heimsuchte. Wie aus dem Nichts waren Etomakwa und die beiden Kinder da. Sie streckten ihre Arme nach ihr aus und lächelten glücklich. Sarah vergaß für einen Augenblick die Wirklichkeit und freute sich ebenfalls. Endlich! Sie waren da, und alles war gut. Ihr Herz sehnte sich danach, ihre Lieben in die Arme zu nehmen, aber es gelang ihr nicht, sie zu erreichen. Eine unsichtbare Barriere hinderte sie daran. Sie versuchte zu laufen, aber ihre Füße blieben bleischwer auf dem Boden haften. Eine verborgene Kraft hielt sie fest. Jeder Schritt kostete sie unendliche Überwindung. Je mehr sie sich mühte, desto weiter entfernten sich Etomakwa und die Kinder in einem plötzlich aufgezogenen Nebel. »Bleibt bei mir«, schrie sie verzweifelt, aber Etomakwa hörte sie nicht. Er nahm die beiden Kinder und verschwand mit ihnen im Nichts. Die Leere, die die drei hinterließen, zerriss Sarahs Herz und katapultierte sie aus dem Traum. Zurück blieb die grausame Erinnerung an diesen schrecklichen Tag, der ihr Leben für immer verändert hatte. Sarah war verzweifelt. Warum ließen die Geister der Vergangenheit sie nicht endlich in Ruhe?

    Lag ein Fluch darin, dass sie mit einem weißen Mann ein Kind gezeugt hatte? Lag ein Fluch auf ihr? Sie hatte Johannes nie von ihrer Vergangenheit erzählt. Er wusste nicht viel mehr, als dass sie eine Himba war. Es gehörte zu ihrem Leben mit ihm, dass sie nie über die Vergangenheit sprachen. Sarah wusste, dass sie nicht Johannes’ große Liebe war. Sein Herz gehörte immer noch Jellas Mutter. Sie hatte es immer akzeptiert und ihn nie danach gefragt, auch wenn der Gedanke sie manchmal verletzte. Ohne jemals darüber gesprochen zu haben, herrschte zwischen ihnen beiden eine stillschweigende Übereinkunft, dass nur die Gegenwart und die Zukunft für ihr Leben eine Bedeutung haben sollten. Doch seit Raffael größer und eigenständiger wurde, begann sich einiges zwischen ihnen zu ändern. Sie hatten etwas, was sie beide verband und auch wieder trennte. Johannes liebte seinen Sohn genauso sehr wie sie ihn liebte. Aber er machte den Fehler, ihn als Weißen zu sehen. Er wollte ihn zu einem Farmer, einem Weißen, erziehen, wie er es war. Doch Raffael trug auch noch die andere Seite in sich, sein Himbaerbe. Zudem war er kein einfaches Kind. Er widersetzte sich gern und ging lieber seine eigenen Wege. Er war nicht ausgeglichen, sondern äußerst empfindlich und emotional. So jung er noch war, spürte er doch, dass er anders war als die anderen Jungen auf der Farm. Er war kein Weißer wie sein Vater, und den Hererojungen auf der Farm fühlte er sich auch nicht zugehörig. Das machte ihn hilflos, und aus dieser Hilflosigkeit erwuchs sein Jähzorn. Sarah beobachtete es mit großer Sorge. Lange hatte sie sich eingeredet, dass es mit zunehmendem Alter besser werden würde, aber das war offenbar nicht der Fall. Sarah glaubte, dass der Junge erst seinen Frieden finden würde, wenn er auch seine zweite Seite, nämlich die ihres Volkes kennenlernte. Die Himba würden den Jungen vorbehaltlos in ihren Kreis aufnehmen, und das konnte ihm helfen, zu sich selbst zu finden und glücklich zu werden.
Doch zwischen dieser Erkenntnis und ihrer Ausführung stand Sarahs Vergangenheit. Sie hatte lange mit sich gekämpft, bevor sie Johannes den Vorschlag zu dieser Reise gemacht hatte. Er war sofort darauf eingegangen, wohl auch aus dem Gefühl heraus, dass er seiner Frau damit einen Herzenswunsch erfüllte. Wenn er nur gewusst hätte, wie gern sie darauf verzichtet hätte! Sarah hatte Angst vor dem Wiedersehen mit ihrer Familie. War sie nicht eine Verräterin an ihrem eigenen Volk? Die Albträume und Selbstzweifel wurden immer schlimmer, und mit ihnen kamen die Erinnerungen. Dann lag sie stundenlang wach und bereute es, dass sie ihren Mann zu dieser Reise

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