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Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition)

Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Capp
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einem verschlagenen Lächeln fragt Aquilino: »Und wo ist Felice?«
    Gotardo kann ihm nicht in die Augen schauen.
    »Sie ist noch immer unwohl. Aber die Ärzte sagen, sie habe eine kräftige Konstitution. Ich hoffe, sie kommt, sobald es geht, nach.«
    Seine Brüder ziehen die Brauen hoch und sagen nichts. Sie klopfen ihm noch mal auf die Schulter. »Wir treffen dich dann unterwegs, kleiner Bruder. Nimm dich in Acht vor den Strauchdieben. Hier wimmelt es von ihnen.«
    Gotardo kann ihr Gelächter noch hören, als sie schon in der Menge untergetaucht sind. Er lässt seinen Blick über das Hafenbecken zur grau schillernden Mündung der Port Phillip Bay schweifen. Diesen Tag hatte er mit so viel freudiger Erregung und Hoffnung begonnen. War so stolz, mit seiner Herde so weit gekommen zu sein und nur ein Tier verloren zu haben. Doch der Vergangenheit entkommt man nicht so leicht.

3
    Im Garten hinter Pliny Serafinis großem Steinhaus hängt ein an den Füßen festgebundenes Schwein kopfüber von einem Birnbaum und wartet auf das Messer. Man hätte das Schwein schon vor einem Monat getötet, hätte Pliny nicht die Schlachtung hinausgezögert, um ein Fest zur Ankunft seines Kindheitsfreundes und Vetters Gotardo Voletta in Wombat Hill feiern zu können.
    Die beiden Männer könnten von ihrer Erscheinung her nicht unterschiedlicher sein. Pliny erinnert an eine Bohnenstange, seine Ärmel und Hosen sind immer zu kurz, wogegen Gotardo klein und muskulös ist, sein schwarzer Lockenkopf ihm aber trotz seiner Kompaktheit weiche Züge verleiht. Die brüllende Mittagshitze ist vorüber, aber die Luft ist zundertrocken, und kein Windhauch regt sich. In den Lavendelbüschen, die als Hecke den Garten umgrenzen, summen Bienen, im Obstgarten schweben ganze Mückenschwärme über dem matschigen Fallobst.
    Pliny reicht Gotardo das Messer. Mit einer kleinen Verbeugung vor seinem Gastgeber rollt Gotardo seine Ärmel hoch und bezieht Stellung hinter dem Schwein, packt es dann bei den Ohren und zieht den Kopf zurück, sodass sein Hals freiliegt. Das Schwein, das sein Schicksal erahnt, stößt einen ohrenbetäubenden Schrei aus, nicht unähnlich dem eines kreischenden Kindes.
    Im Schatten eines Mandelbaums verfolgt Jemma Musk mit eingefrorenem Lächeln das Geschehen, Kohle und Papier griffbereit. Um sich von dem bevorstehenden Ereignis abzulenken zählt sie die Gäste – neun Erwachsene und elf Kinder. Sie studiert die knotigen, geäderten Wurzeln des Mandelbaums, die sie an die Stiche von Gustav Doré in ihrer Ausgabe von Die göttliche Komödie erinnern. Aber dann taucht am Rande ihres Blickfelds das blitzende Silber auf, die Schneide stürzt nach unten, und sie vermag nicht länger zu widerstehen. Eine leuchtende Blutfontäne schießt aus der Halsschlagader und ergießt sich sprudelnd in den Eimer darunter. Alle sehen zufrieden zu, selbst die Kinder grölen vor Begeisterung, bevor sie einem Ferkel hinterherjagen und ihr eigenes Spiel einer vorgetäuschten Schlachtung spielen.
    Alle, bis auf Celestina Manotti, die Schwester von Pliny und Jemmas einzige Freundin in der Stadt. Während die Kinder durch den Garten toben, muss sie daran denken, wie sie ihr Gesicht in den Röcken ihrer Mutter verbarg und an die darauf folgenden Alpträume; die Scham, die sie verspürte, weil sie nicht lachen konnte wie die anderen Kinder. Obwohl sie inzwischen ein etwas dickeres Fell hat, wundert es sie, dass Jemma sich freiwillig dieses Spektakel angetan hat, ja es sogar zeichnen möchte. Zwischen Bewunderung und Bestürzung hin- und hergerissen sieht Celestina zu. Bewundernd wegen der Konzentration und des Geschicks, mit dem der Tod dieses Geschöpfs in ein Kunstwerk verwandelt wird. Und bestürzt, weil Jemma sich derart loslösen kann, dass sie äußerlich einen völlig ungerührten Eindruck macht. Ihr kommen die Gerüchte in den Sinn, die über ihre Freundin in Umlauf sind, Gerüchte, auf die sie mit Empörung reagiert, obwohl sie ein Körnchen Wahrheit zu beinhalten scheinen.
    Jemma senkt ihren Blick auf ihr Werk. Vor ihr auf dem Papier hat ein Schwein mit einer grinsenden Kehle Gestalt angenommen. Den reinen, fast menschlichen Schrecken des Todesschreis dieses Geschöpfs wird sie wohl nicht so schnell vergessen können. Auch nicht die Blutfontäne. Seit dem Tod ihres Vaters fühlte sie sich von Szenen wie diesen angezogen – unschicklichen, schockierenden Szenen, doch sie kann nicht anders. In ihnen liegt eine Wahrheit, die sie in den einst so begeistert

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