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Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition)

Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Capp
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durchdringenden blauen Augen des Geologen beunruhigen Jemma. Sie muss dabei ans Meer denken. Noch immer hat sie sich nicht daran gewöhnt, »mein Mann« zu sagen, denn das Possessivpronomen legt einen Anspruch auf ihn nahe, den sie nicht empfindet. Lieben heißt nicht besitzen. Welche Nachlässigkeit hatte sie vergessen lassen, ihm von den Stimmen zu erzählen? Es beunruhigt sie, weil sie normalerweise nichts verschweigt, sondern ganz im Gegenteil klare Worte bevorzugt, doch in letzter Zeit muss sie sich öfter fragen, was mit ihr los ist. Seit einigen Wochen ist sie nicht mehr sie selbst.
    Gotardo legt seinen Arm um die Schultern seiner Frau. »Wie hätte sie auch wissen können, was diese Stimmen zu bedeuten haben?«
    Der Geologe schielt auf das Ehepaar – ein schönes Paar, wie er findet –, ehe er sich dem Schauplatz zuwendet. »Sehr richtig. Wer rechnet schon damit, dass die Bergmänner so töricht sind? Den meisten ist bewusst, dass sie mit ihrem Leben spielen, wenn sie ihre Gräben zu flach anlegen. Aber es wird immer welche geben, die dumm genug sind zu glauben, dass sie ungeschoren davonkommen. Und solche, die einfach nicht wissen, was sie tun.«
    Gotardo erwähnt nicht, dass seine Brüder Anteilseigner an der Mine sind, die unter dem Grundstück liegt, und die Arbeit vorangetrieben haben. Er fragt sich jedoch, wo ihre Gräben sonst noch verlaufen mögen, und wie tief. Aus irgendeinem Grund muss er an die eng gerollten Zehn-Franc-Scheine und die chinesischen Münzen denken, die er zwischen den Mörtel des Hausfundaments geschoben hat. Sie waren als Glücksbringer gedacht.
    »Was meinen Sie, ist das Haus in Gefahr?«
    »Ich werde mit den Leuten sprechen, die diese Mine betreiben. Herausfinden, wohin sie verläuft. Zum Glück war keiner dort unten, als es passiert ist. Nach allem, was ich auf Ihrer Weide gesehen habe, kann ich Ihnen nicht viel dazu sagen. Sie können nur auffüllen. Doch an Ihrer Stelle würde ich mir für mein Gemüsebeet eine andere Stelle suchen.
    Meiner Meinung nach«, ergänzt er, »ist dieser Einbruch nur ein Symptom eines weitaus größeren Problems im ganzen Bezirk hier.«
    »Und was ist das für ein Problem?«, will Jemma wissen.
    »Mangelnde Vorausschau und Regulierung. Sie erinnern sich sicherlich noch, wie der Turm von St. Peter zu einem bebenden Haufen in sich zusammengestürzt ist, weil die Haphazard Co. bei ihren Grabungen nach dem Schwemmgold unter der Stadt die Fundamente der Kirche unterminiert hat?«
    Gotardo schüttelt den Kopf. »Damals haben wir noch nicht hier gelebt.«
    »Dass der Name der Gesellschaft nicht treffender gewählt sein könnte«, teilt Nathaniel Byrne ihnen mit, »versteht sich von selbst.«

15
    Jemma gibt sich ganz der Bewegung der Eisenbahn hin. Es erinnert sie an die Aufregung, die sie als Mädchen empfand, als ihr Vater mit ihr eine Kirmes besuchte und sie einen Mann Feuer schlucken sah. Die Aussicht, einen ganzen Tag auf der Great Exhibition zubringen zu dürfen, hat sie sogar von ihrem Unwohlsein abzulenken vermocht.
    Ihr gegenüber sitzt Celestina und erzählt ihr von der letzten Sitzung im Hotel Locarno, wo eine Petition unterzeichnet wurde, die man dem Kabinett vorlegen will, damit dieses endlich Schritte zum Schutz der Mineralquellen vor der Zerstörung durch Minen unternimmt. Das Treffen sei gut besucht gewesen, aber man brauche jemanden mit Expertenwissen, um ihrem Fall mehr Gewicht zu verleihen.
    »Es gibt da einen Mr. Byrne von der Geological Survey, der euch helfen könnte«, sagt Jemma und sieht den Geologen vor sich, wie er über ihren Gartenweg schlendert.
    Sie biegen langsam um eine Kurve, und die glänzende schwarze Lokomotive wird sichtbar, aus deren Schornstein Rauchkringel aufsteigen. Sanft schaukelt der Zug von Seite zu Seite. Jemma schließt die Augen, weil eine Woge der Übelkeit in ihr aufsteigt und sie hart schlucken muss. Sie hebt ihre Hand an die Stirn und versucht ihre Fassung wiederzugewinnen, doch es ist zu spät. Celestina starrt sie neugierig an.
    »Jemma?«
    »Es ist nichts. Mir ist ein wenig übel.« Zur Übelkeit gesellt sich ständige Erschöpfung. An manchen Tagen hat sie keinen anderen Gedanken als den, schlafen zu wollen. Morgens schafft sie es kaum aufzustehen. Gestern schlief sie so lange, dass Gotardo beim Melken allein war.
    »Warst du beim Arzt?«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Es hätte nicht passieren dürfen!«
    »Weißt du, wie viele Frauen das schon gesagt haben?«
    Jemma erzählt Celestina, dass sie, als sie

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