Sehnsucht

endgültig, das war der Unterschied. Die Beerdigung brachte viel Anteilnahme und Aufregung und als alles vorbei war, kehrte der Alltag wieder ein, der für alle so nicht mehr stimmte. Der Mann lebte über ein Jahr mit seinen drei Kindern allein in dem Haus, ging arbeiten und bemerkte den Wechsel der Jahreszeiten nicht.
    Eines Tages beschloss er, sich nicht mehr schwarz zu kleiden und zog seinen hoffnungsvollen grünen Pullover an. Außerdem passte er zum Frühling, den er diesmal deutlich spürte. Die Menschen im Dorf sahen die Wandlungen und freuten sich, sie waren ein gutes Zeichen. Und einige von ihnen redeten über ihn und seine Kinder, wenn siezusammensaßen, besprachen sich und heckten Pläne aus. Dann zeigte sich die Freundschaft in den fürsorglichen Gedanken. Und so beschlossen sie, ihn in den verschiedenen Familien alle paar Wochen zum Essen einzuladen, damit er wieder unter Menschen komme und neuen Mut für das weitere Leben fasse. Und sie beschlossen auch, zu diesen Essen jeweils eine alleinstehende Frau einzuladen, ganz zufällig. Wozu brauchte man das Internet, den Umweg über irgendwelche Onlinebörsen oder teure Partnerschaftsagenturen, wenn es auch einfach und menschlich ging. Bei den ersten beiden Treffen hatte er gar nicht gemerkt, dass außer den Paaren immer noch eine alleinstehende Frau eingeladen war. Er hatte sich über die Treffen im privaten Freundeskreis gefreut und war danach beschwingt nach Hause gegangen. Aber beim dritten Treffen saß eine Frau neben ihm am Tisch, die er noch nie in der Gegend gesehen hatte und die er immerzu ansehen musste. Obwohl noch drei weitere Paare am Tisch waren, hatte er das Gefühl, mit ihr allein zu sein und alle anderen hatten es gemerkt und sich lächelnd gefreut.
    Er war so ein guter Mann und Vater, erst Mitte 40, bescheiden und freundlich. Er konnte doch nicht mit den drei Kindern allein bleiben, da mussten die Freunde aus dem Dorf etwas tun. Nach diesem Abend traf er sich wieder mit der Frau, die aus einem15 km entfernten Dorf kam, in das er manchmal zum Einkaufen fuhr. Er traf sich nach der Arbeit mit ihr und eines Tages rief er seine große Tochter an und sagte ihr, er käme heute sehr spät nach Hause und sie solle sich um die Geschwister kümmern. Er blieb sonst nie über Nacht weg, sondern war immer vor Mitternacht zu Hause. Alle merkten an seiner Ausstrahlung, dass er mehr als glücklich war. Seine große Tochter reagierte böse, weil sie ahnte, was der Grund für sein Glück war. Er redete mit ihr, besprach sich mit seiner Freundin und fuhr eines Tages mit der Tochter zu ihr und stellte beide vor. Sympathie stellt sich in nur wenigen Sekundenbruchteilen ein und in diesem Fall war klar, dass beide sich mochten. Sie waren gut miteinander auf eine ganz ruhige Weise. Danach brachte er sie zu sich nach Hause, stellte sie seinen kleinen Kindern vor und nach einem Jahr zogen sie zusammen. Sie hatten lange darüber gesprochen, wo und wie sie wohnen wollten und ob es gut sei, wenn die neue Frau in sein Haus einziehen würde,aber dann hatte seine große Tochter gesagt, Mama hätte bestimmt nichts dagegen gehabt. Sie haben das Haus umgeräumt, die Zimmer renoviert und sind innerhalb des Hauses umgezogen.
    Und dann haben die beiden beschlossen zu heiraten und alle Freunde zu dem Fest einzuladen. Später hat er sie einmal gefragt, wie sie damals zu dem Essen gekommen war, bei dem sie sich kennenlernten. Ihre Freundin habe sie eingeladen, sagte sie, weil sie immer so allein gewesen war. Ihr Mann habe sie wegen einer anderen schon vor drei Jahren verlassen und seitdem habe sie allein gelebt, sie hatte einfach keine Lust mehr auf Männer und Beziehungen gehabt, ihre Enttäuschung sei zu tief gewesen. Aber dann habe sie ihn beim Essen mit den Freunden kennengelernt und sich wieder getraut. Sie hatte immer eine große Sehnsucht nach Kindern gehabt und deshalb habe es in ihrer ehemaligen Beziehung immer Streit gegeben, denn ihr Mann habe keine Kinder gewollt. Jetzt habe sie nicht nur einen wunderbaren Mann, sondern auch noch drei tolle Kinder, das mache sie sehr glücklich.

6.  
Jenseits von Raum und Zeit –
Das beschleunigte Leben und der vergessliche Tod
    Wenn man mit einem netten Mädchen
    zwei Stunden zusammen ist,
    hat man das Gefühl, es seien zwei Minuten;
    wenn man zwei Minuten auf einem heißen Ofen sitzt,
    hat man das Gefühl, es seien zwei