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Sehnsuchtsland

Sehnsuchtsland

Titel: Sehnsuchtsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
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klar wurde, dass sie diesmal ohne Geld nach Marielund zurückkehrte.

    *

    Der Duft von frischem Heu stieg Magnus in die Nase, als er in Richtung Stallungen kam. Emma stand auf dem Hof und striegelte das Pferd. Als Magnus sich ihr näherte, hörte er ihre leise, beruhigende Stimme.
    »Ist das schön? Mhm , ja, das tut dir gut... Du bist so schön, Svala .«
    Magnus war glücklich, dass sie sich wohl fühlte. Nichts von dem, worüber er sich in den vergangenen Tagen so sehr gesorgt hatte, schien sie hier zu belasten. Weder, dass ihre Mutter im Begriff war, in einer anderen Stadt eine neue Stelle anzunehmen, noch der Umstand, dass er mit ihr allein hierher gekommen war.
    Er trat neben seine Tochter und berührte mit spontaner Zärtlichkeit ihre Wange. »Na, wie lange bist du geritten?«
    »Eine Stunde vielleicht. Nachher helfe ich noch beim Ausmisten. Und morgen fahre ich mit Björn zum Schmied.«
    »Da hast du ja allerhand vor.« Magnus griff sich eine Bürste von einem Holzschemel und half ihr, das Pferd zu striegeln. Es war eine ungewohnte Tätigkeit für ihn, doch zu seiner Überraschung empfand er es als durchaus angenehm, dabei zuzuschauen, wie das glatte braune Fell unter den Bürstenstrichen zu schimmern begann.
    Doch bei den nächsten Worten seiner Tochter merkte er, wie trügerisch sein selbst erzeugtes friedliches Stimmungsbild in Wirklichkeit war.
    »Hat Mama eigentlich mal angerufen?« Ein Hauch von Aggression klang aus Emmas Stimme. »Du musst ihr unbedingt sagen, dass sie kommen soll. Schließlich ist es ein Familienurlaub, oder nicht?«
    Als hätte sich eine unbekannte Macht mit ihr verbündet, klingelte in diesem Augenblick Magnus’ Handy. Auf dem Display sah er Brittas Nummer und war plötzlich von merkwürdig zwiespältigen Gefühlen erfüllt. Aber er verbot es sich sofort, diese komischen Empfindungen auch nur im Ansatz gedanklich zu erforschen.
    » Hej «, meldete er sich. »Gerade haben wir von dir geredet.« Seine Stimme klang um einiges aufgeräumter, als er sich fühlte.
    »Mama, es ist toll hier!«, rief Emma laut dazwischen. »Wann kommst du endlich?«
    »Du hast sie gehört«, sagte Magnus ins Telefon.
    »Gib ihr einen Kuss von mir«, kam es zurück. »Ich muss leider noch ein paar Tage hier bleiben. Ein paar wichtige Gespräche stehen noch aus.«
    Magnus spürte sofort Erleichterung in sich aufsteigen. Er hasste sich dafür, aber das vermochte auch nichts daran zu ändern, wie wenig Wert er auf die Anwesenheit seiner Frau legte. Er unterdrückte die Bestürzung über seine merkwürdig ambivalenten Gefühle und sagte rasch: »Na ja, wenn es wichtig ist... Ich wünsche dir jedenfalls viel Glück.« Er warf einen Blick zu Emma hinüber, die stumm und reglos dastand und ihn mit aufgerissenen Augen anstarrte. Dieser Anblick versetzte ihm einen Stich, schnell, schmerzhaft und mit tödlicher Präzision. Sie war im Begriff, etwas zu verlieren, und sie begriff es trotz ihrer Jugend mit unfehlbarem Instinkt. Magnus glaubte, es nicht ertragen zu können, und schaute schnell zur Seite.
    »Deine Tochter schickt dir einen Kuss«, sagte er tonlos.
    Dann trennte er die Verbindung und steckte das Handy wieder ein. Er hätte Emma gern in die Arme genommen, um sie zu trösten. Doch eine innere Stimme sagte ihm, dass er es damit zum jetzigen Zeitpunkt vielleicht nur noch schlimmer machen würde.

    *

    Der betäubend aromatische Duft von köchelndem Obst erfüllte die große Wohnküche der Lagerbergs. Björn fühlte sich an alte Zeiten erinnert, als er Lena am Herd stehen und in dem großen Topf rühren sah. Sie sah ihrer Mutter so ähnlich, dass er sich manchmal fragte, warum ihm das nicht schon viel früher aufgefallen war.
    Vielleicht lag es daran, dass er sie so lange nicht gesehen hatte. Gesehen im Sinne von richtig wahrgenommen. Die kurzen Besuche in Stockholm zählten nicht mit. Dort hatte sie sich regelmäßig wie eine Fremde benommen, distanziert, höflich, kaum daran interessiert, ihn richtig anzuschauen. Sie war nicht dieselbe gewesen wie hier zu Hause auf Lagerberg. Nicht so wie in diesem Moment, als sie am Herd stand und Obst kochte. Sie war kaum achtzehn gewesen, als sie weggegangen war, fast noch ein Kind. Seit damals hatte sie sich verändert, und das wurde ihm erst jetzt wirklich klar.
    Zehn Jahre waren eine Ewigkeit, und er hatte sie so sehr vermisst, dass er manchmal geglaubt hatte, verrückt zu werden.
    Björn verharrte einen Augenblick in der offenen Küchentür. Lena sah hübsch aus in

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