Sehnsuchtsland
Marielund vorfuhr, war er dem offiziellen Anlass entsprechend gekleidet. Er hatte zwar auf die Krawatte verzichtet — anders als Claes fühlte er sich einfach nicht wohl mit den Dingern — , aber immerhin hatte er sich zu einem Jackett durchgerungen.
Es war höchste Zeit, dass er wegen Marielund endlich zur Sache kam, bevor es jemand anders tat.
Er hatte sich bereits überlegt, mit welchen Worten er Elinor Frödin überzeugen konnte, ihm nicht sofort die Tür vor der Nase zuzuwerfen, doch an diesem Morgen hatte er Glück, weil er sie draußen vorfand und sie ihm daher nicht so ohne weiteres davonlaufen konnte.
Letzteres schon deshalb nicht, weil sie ein ziemlich marodes Fahrrad schob, das allem Anschein nach einen Platten hatte. Magnus stieg aus dem Wagen und ging zu ihr.
»Guten Morgen, Frau Frödin. Ich muss mit Ihnen sprechen.«
»Sie sind ganz schön hartnäckig«, sagte Elinor. Ihr war deutlich anzusehen, wie wenig sie von diesem unverhofften Besuch hielt.
»Ich will einfach nur mit Ihnen reden.«
»Ich wüsste nicht, worüber«, beschied Elinor ihn knapp, während sie Anstalten machte, das Rad an ihm vorbeizuschieben.
»Hören Sie, ich glaube, hier läuft etwas grundlegend schief. Wollen Sie wirklich, dass die Bank Marielund versteigert? An den Meistbietenden, der dann damit macht, was er will?«
»Und was wollen Sie?«, fragte Elinor barsch. Sie starrte ihn an, als hätte er vor, ihr im nächsten Moment etwas anzutun.
»Ich will nach einer Lösung suchen! Mit Ihnen zusammen!« Jetzt war es draußen. Das war es, was Magnus die ganze Zeit umgetrieben hatte, wie er zu seiner Verblüffung jetzt erst selbst richtig begriff. Er wollte ganz einfach, dass hier alles so blieb, wie es war. Kein Abriss, keine Apartments. Das Gut sollte wieder so werden, wie es früher gewesen war, in seiner alten Pracht.
»Sie wollen doch Marielund nicht verlieren, oder?«, versuchte Magnus es erneut. »Es muss also in Ihrem Interesse liegen, das Anwesen zu erhalten!«
Elinor deutete mürrisch auf den Platten an ihrem Rad. »Mein erstes Interesse gilt im Moment meinem Fahrrad. Ich muss in den Ort, die Rosen abliefern, bevor sie die Köpfe hängen lassen.« Mit schwacher Hoffnung blickte sie auf. »Können Sie einen Platten reparieren?«
Magnus zuckte verdutzt die Achseln. »Ja, kann ich. Ich kann Sie aber auch mit dem Auto hinfahren.«
Elinor atmete durch, und Magnus erwartete eine scharfe Abfuhr. Doch zu seiner Überraschung nickte sie. »Aber nur, wenn Sie nicht dauernd über diese Bankgeschichten reden!«
Sie ließ das Rad einfach stehen und ging zu seinem Wagen, wo sie sich umdrehte und ihm einen hochmütigen Blick zuwarf. Magnus, der bereits Anstalten machte, ihr zum Auto zu folgen, begriff, dass sie von ihm erwartete, die Rosen einzuladen. Mit einem schiefen Lächeln klappte er den Fahrradständer aus und nahm den großen Korb vom Lenker, um ihn zum Wagen zu bringen.
Während der Fahrt redeten sie nicht viel. Magnus machte ein paarmal den Versuch, mit ihr über seine Pläne zu sprechen, doch sie drehte jedes Mal stumm den Kopf zur Seite, sodass er es schließlich aufgab. Er überlegte, sie vielleicht irgendwo zum Kaffee einzuladen, sobald sie ihre Rosen abgeliefert hatte. Möglicherweise zeigte sie sich zugänglicher, wenn sie ihm in aller Ruhe von Angesicht zu Angesicht gegenübersaß.
Nachdem er vor dem Blumenladen angehalten hatte, stieg sie eilig aus und verschwand in dem Geschäft, bevor er noch dazu kam, etwas zu sagen. Frustriert stieg er ebenfalls aus und öffnete den Kofferraum, um den Korb mit den Rosen herauszunehmen. Anscheinend gefiel es ihr, ihn den Laufburschen spielen zu lassen.
» Hej «, sagte eine bekannte Stimme hinter ihm. Es war Björn. Er betrachtete Magnus ein wenig spöttisch und schaute dann auf den von Rosen überquellenden Korb. »Sind Sie jetzt auch noch Blumenbote?«
»Wieso nicht?« Magnus hob verdrossen die Schultern. »Wenn ich Frau Frödin damit helfen kann.« Fragend deutete er auf den bandagierten Arm. »Wie geht es Ihnen, waren Sie beim Arzt?«
Björn nickte. »Sieht ganz gut aus. Der Bruch verheilt prima. Nächste Woche kann ich wohl auf die Schlinge verzichten.«
Er blickte auf, wobei seine Augen sich unmerklich geweitet hatten. Elinor war aus dem Laden gekommen.
»Stina ist gerade nicht da, aber...« Sie stockte, als sie Björn sah. » Hej , Björn«, sagte sie kühl.
» Hej , Elinor. Wie geht es dir?«
»Wie soll es mir gehen?«, gab sie ironisch zurück. »Sehr gut
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