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Sehnsuchtsland

Sehnsuchtsland

Titel: Sehnsuchtsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
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Gefühlen preiszugeben. »Ich glaube, mir geht das doch ein bisschen zu schnell.« Sie lachte kurz und verlegen. »Für meine Verhältnisse habe ich mich schon viel zu weit vorgewagt.«
    »Kein Problem«, sagte Magnus eilig. »Wir können es auch ein bisschen langsamer angehen lassen.« Es klang wie der blöde Spruch eines aufdringlichen Aufreißers, und er hätte sich ohrfeigen können, weil er es überhaupt gesagt hatte. Ihre Reaktion fiel dementsprechend auch nicht so aus, wie er es sich gewünscht hätte, denn sie nickte bloß knapp und war an der Haustür, bevor er sie zurückhalten konnte.
    »Sag mal, es ist doch alles in Ordnung, oder?« Er merkte, dass sich echte Verzweiflung in seine Stimme geschlichen hatte. Mit einem Mal war sie meilenweit von ihm entfernt.
    »Ja, sicher«, sagte Lena mit abgewandtem Gesicht, die Hand schon am Türknauf. »Gute Nacht, Magnus.«
    »Gute Nacht, Lena.« Er holte Luft und setzte entschieden hinzu: »Es war schön mit dir heute.«
    Sie nickte abermals, wie eine mechanische Puppe. Im nächsten Moment war sie im Haus verschwunden.

    *

    Lena konnte nicht mehr klar denken, als sie in ihr Zimmer kam. Sie wusste nur noch eins: Sie musste weg, und zwar so schnell wie möglich. Hastig zerrte sie ihren Koffer aus dem Schrank und begann, wahllos ihre Sachen hineinzuwerfen.
    Es klopfte kurz an der Tür, und Ingrid stand mitten im Raum, bevor Lena auch nur auf die Idee kommen konnte, Einwände zu erheben.
    Ingrid erfasste mit einem Blick Lenas Vorhaben. »Was ist passiert?«
    »Gar nichts.«
    »Ach ja, und deswegen packst du?«
    »Ich hatte doch gesagt, dass ich nur drei Tage Urlaub habe«, versetzte Lena patzig.
    »Und du kannst ihn nicht verlängern?« Ungläubigkeit und Wut sprachen aus Ingrids Stimme.
    Lena reagierte nicht. Wortlos warf sie weitere Sachen in den Koffer.
    Ingrid ging um sie herum und stellte sich so hin, dass Lena sie ansehen musste. »Wovor läufst du weg? Vor Marielund? Oder vor Magnus?«
    »Ich laufe vor nichts weg«, fuhr Lena auf.
    »Du hast dich verliebt, stimmt’s ? Du hast dich in Magnus verliebt, und jetzt kriegst du Panik.«
    Lena starrte sie an. »Und wenn es so wäre?« Ihre Stimme war bitter. »So bin ich nun mal. Nicht geschaffen für die Liebe.«
    Sie wandte sich ab und ging in das benachbarte Zimmer, wo sie den Rest ihrer Kleidungsstücke aus einer Kommode holte.
    »Was für ein Blödsinn!«, ereiferte sich Ingrid. Sie hätte am liebsten mit dem Fuß aufgestampft oder Lena an den Haaren gezogen, so wie sie es früher getan hatte, als sie beide noch Kinder gewesen waren. Lena hatte sie schon damals zur Weißglut getrieben mit ihrem dummen Dickkopf! Und wie es aussah, hatte sie sich kein bisschen geändert. Ingrid spürte das Kratzen in ihrer Kehle und wusste, dass sie gleich anfangen würde zu weinen. Zu wissen, dass ihre kleine Schwester allein und unglücklich gewesen war, all die Jahre — es war so niederschmetternd!
    »Du magst vielleicht Angst haben, dich zu binden oder dich einem anderen Menschen zu öffnen«, sagte sie beschwörend. »Aber andererseits wünschst du dir doch, geliebt zu werden! Geborgen zu sein! Hast du denn nicht das Bedürfnis, dich endlich einmal sicher zu fühlen?«
    Lena wandte sich heftig von ihrer Schwester ab, weil sie nicht wollte, dass Ingrid ihre Tränen sah. »Ich kann das einfach nicht«, sagte sie mit erstickter Stimme.
    Ingrid trat von hinten dicht an Lena heran und legte beide Arme um sie. Sie zitterten beide. Lena presste für einen Moment ihr Kinn gegen Ingrids Arm, Haut gegen Haut, eine stumme Geste der Liebe und der Einsamkeit.
    »Du kannst es«, flüsterte Ingrid. »Wenn du wirklich willst, schaffst du es.«

    *

    Magnus saß auf der Terrasse, den Rücken an die Wand des kleinen Holzhauses gelehnt, auf den Knien den Laptop. Er klickte sich durch die Bilddateien, die er von den bisher geschossenen Fotos angelegt hatte.
    Als sein Handy klingelte und Claes’ Nummer auf dem Display zu sehen war, seufzte er entnervt, ging aber trotzdem dran. Wie erwartet, war sein Partner mehr als ungeduldig.
    »Wieso höre ich nichts von dir? Wolltest du mir nicht schon längst die ersten Entwürfe schicken?«
    »Hör zu, ich habe mir etwas überlegt. Vielleicht ist es besser, das alte Haus zu erhalten. Es ist wirklich ein Schmuckstück, es wäre eine Schande, das einfach abzureißen und eine Menge Apartments an seine Stelle zu setzen. Man könnte es beispielsweise renovieren.«
    »Bist du verrückt geworden?« Claes war hörbar

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