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Sehnsuchtsland

Sehnsuchtsland

Titel: Sehnsuchtsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
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er eilig. »Sie konnten es ja nicht wissen!« Er stockte und bewegte unruhig die Hände. »Aber eigentlich ist sie der Grund, warum ich von hier weg möchte. Hier erinnert mich zu viel an sie.«
    Hanna hatte ihm schweigend zugehört. Er wollte vor seinen Erinnerungen davonlaufen. Genau wie sie.
    Langsam wandte sie sich ihm zu und schaute ihn grüblerisch an. Dann stand sie rasch auf und ging ein paar Schritte, bevor sie sich wieder zu ihm umdrehte. »Und Sie glauben...« Sie hielt inne, weil sie nach passenden Worten suchen musste. »Sie glauben, wenn man alles hinter sich lässt, wird es besser?«
    Niclas hob erschöpft die Schultern. Er stand ebenfalls auf und trat neben sie. »Ich weiß es nicht. Vielleicht.« Ein zögerndes Lächeln huschte über sein Gesicht. »Vielleicht lernt man ja in einer neuen Umgebung neue Leute kennen... Vielleicht Menschen wie Sie... «
    Mit klopfendem Herzen erwiderte sie sein Lächeln. »Aber wir kennen uns kaum.«
    Das schien ihm für einen Moment die Laune zu verderben. Doch dann grinste er sie unvermittelt auf eine so unwiderstehliche Art an, dass ihr der Atem in der Kehle stockte.
    »Wollen wir noch einen Kaffee trinken?«
    Hanna lachte. »Kaffee?« Sie schaute sich um, kilometerweit nur Felsen, Wasser und Bäume. »Hier?«, fügte sie kichernd hinzu.
    »Ich weiß, wo es den besten Kaffee weit und breit gibt«, erklärte Niclas im Brustton der Überzeugung.
    »Dann gern.«
    Er fasste sie beim Arm, und gemeinsam gingen sie über den felsigen Hang hinab zur Straße.

    *

    Wie ein Café sah das Haus, vor dem sie hielten, wirklich nicht aus. Hanna wusste sofort, dass er dort wohnte. Langsam stieg sie aus, und während sie es hingerissen betrachtete, fühlte sie sich an zahlreiche Märchen aus ihrer Kindheit erinnert.
    Alte Bäume, wild wuchernde Grasflächen und dicke Felsbrocken bildeten den Rahmen für ein nicht sonderlich großes Holzhaus, das mit seinem roten Anstrich, den weiß lackierten Fensterrahmen und dem tief gezogenen Dach ein malerischer Blickfang inmitten der urtümlichen Umgebung war. Weiter hinten in Richtung Wasser stand ein weiteres Haus, kleiner als das erste, aber ebenso gepflegt. Wahrscheinlich wurde es, wie auf dem Land üblich, als Sommerhaus genutzt.
    Befangen folgte sie Niclas ins Haus, wo er in der Wohnküche Kaffee zubereitete, während sie am Tisch saß und aus dem Fenster schaute. Von hier aus hatte man eine fast ungehinderte Aussicht über den Sund. Die Küche war mit ihren hellen, teilweise verschrammten Holzmöbeln und dem blank geschrubbten Schiffsparkett ein Raum, dem man ansehen konnte, dass sich ständig Menschen darin aufhielten. Es war gemütlich hier, aber auf eine unprätentiöse, praktische Art. Hanna fühlte sich auf Anhieb wohl.
    Hin und wieder wanderten ihre Blicke zu den Gegenständen, die der Küche einen persönlichen Anstrich gaben. Es waren Erinnerungsstücke, wie sie in nahezu jedem Haushalt zu finden sind. Eine kleine Sammlung ungefüger , aber farbenfroher Steine auf dem Bord über der Anrichte, ein paar Keramikteller aus Italien, ein liebevoll mit Blumenmotiven bemaltes Holzkästchen, in dem vermutlich Zwiebeln aufbewahrt wurden. Auf der Fensterbank stand neben einer üppig wuchernden Topfpflanze ein selbst gebasteltes Schiff, und an der Kühlschranktür waren Fotos festgepinnt . Hanna hatte vorhin im Vorbeigehen einen Blick darauf geworfen. Die meisten Bilder zeigten Pelle, vom Kleinkindalter bis heute, aber auf manchen war auch Niclas Frau zu sehen. Eine attraktive Blondine, die strahlend ihren Sohn auf dem Arm hielt und in die Kamera lachte. Ein anderes Bild zeigte sie zusammen mit Niclas, der sie umarmte und ihr einen verliebten Kuss auf die Wange gab.
    Niclas brachte den Kaffee, der sich in einer ungewöhnlichen Kanne befand, ein orientalisch aussehendes Gefäß mit einem langen Griff. Hanna war fasziniert, vor allem vom Geruch des Kaffees. Niclas schenkte zwei Tassen voll und schob ihr eine hin.
    Hanna griff nach der Zuckerdose, doch Niclas gebot ihr mit einer Geste Einhalt. »Zucker ist schon drin.«
    Hanna kostete und verzog das Gesicht, befremdet von dem ungewöhnlichen Geschmack. Im nächsten Moment lächelte sie, überrascht von dem köstlichen Aroma.
    »Schmeckt es Ihnen?«, wollte Niclas wissen.
    »Ein bisschen fremd. Aber sehr gut. Was ist das?«
    Niclas grinste. »Pottasche, Fischmehl... « Als sie lachte, fuhr er fort: »Eine Prise Kardamom. Ein ganz klein wenig Muskat... Und ein Stäubchen Zimt.«
    Sie nahm noch

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