Sehnsüchtig (German Edition)
Sie lässt ihre Gabel sinken. „Ich habe dämlich reagiert!“ Es scheint ihr schwer zu fallen, ihn anzusehen, aber dann lässt sie etwas sehen, das ein kleines Nicken sein könnte. „Ich kann es nicht zurück sagen“, sagt er leise. Ihre Augen glitzern verdächtig, aber ihr Gesicht bleibt ruhig. „Ich weiss, das habe ich auch nicht erwartet. Ich hatte nie vor, es dir zu sagen.“
„Ich weiss nicht, was ich für dich empfinde, Alys ...“ Es fällt ihm schwer, diesen Satz über die Lippen zu bringen, aber es hat keinen Sinn, jetzt zu schweigen. Es ist an der Zeit, ehrlich zu sein, alle Karten auf den Tisch zu legen. Oder auf das Bett. Sie dreht sich eine feuchte Haarsträhne um den Finger. „Du sagst, ‚was’ und nicht ‚ob’ ...“ Sie scheint sich zu fragen, ob das gut oder schlecht ist. Für sie. Er greift nach ihrer Hand. „Ja ...“, macht er gedehnt. „Weil sich das ‚ob’ nicht stellt. Ich empfinde etwas für dich und es fühlt sich nicht nach Freundschaft an. Und das sage ich nicht nur, weil ich dir nicht wehtun will. Ich weiss nur noch nicht, was es ist. Oder ich habe nicht darüber nachgedacht. Ich wollte auch nicht einfach nur mit dir ins Bett. Weil diese Möglichkeit hätte ich in den letzten Jahren verschiedene Male gehabt. Mit verschiedenen Frauen, aber ich hab es nie getan.“
„Ich weiss“, sagt sie und blickt auf ihre Hand in seiner. „Kommt Irina am Freitag an den ‚Rock’n’Roll Star’-Gig?“ Er runzelt die Stirn weil ihn der plötzliche Themenwechsel erstaunt. Dann nickt er. „Dann hat sie sich entschieden“, sagt sie und blickt an ihm vorbei ins Leere. „Wofür?“, fragt er noch erstaunter. „Für dich und Eure Beziehung. Sie hat darüber nachgedacht und ist zum Schluss gekommen, dass sie bei dir bleibt und Euch eine Chance gibt.“
„Sie hat nichts in die Richtung gesagt am Telefon.“ Das hat sie wirklich nicht. „Aber es ist klar“, hält Alys fest. Ihre Augen glänzen immer noch. „Wie kommst du darauf?“
„Weil ich eine Frau bin. Weil ich mich auch so verhalten würde. Wenn sie sich gegen dich entschieden hätte, würde sie nicht früher aus ihren Ferien zurück kommen, sie würde nicht mit zu „StarCore“ gehen oder ins „Secret“, wenn ihr euch doch deswegen gestritten hattet und sie erst nicht wollte. Sie hat darüber nachgedacht, sie ist zum Schluss gekommen, dass sie dich immer noch liebt und sie dich unterstützen will.“ Er schaut auf ihre ineinander verschlungenen Hände weil es ihm schwerfällt, sie anzusehen. So hat er darüber noch nicht nachgedacht. Aber vielleicht hat sie Recht. „Und du liebst sie“, sagt Alys. „Trotz mir ... Es ändert sich also nichts.“ Er weiss nicht, was er darauf entgegnen soll, also bleibt er stumm. Er liebt Irina, auch damit hat sie Recht. „Ich habe dich vorher gefragt, was du willst. Auf sehr dumme und unsensible Art. Und du sagtest, du weisst es nicht.“ Sie malt mit ihrem Daumen Kreise in seine Handinnenfläche. Der Ärger von vorher scheint verflogen zu sein. Ihre Augen schimmern immer noch. Tränen? Heruntergeschluckt, verdrängt? „Ich sagte, ich habe nicht darüber nachgedacht. Ich habe es nicht gewagt, darüber nachzudenken. Das heisst nicht, dass ich es nicht weiss. Insgeheim.“ Er sagt nichts, aber sein Blick stellt die Frage noch einmal: Was willst du, Alys?
„Ich weiss, dass ich nie jemanden so sehr wollte wie dich. Was aber nichts an der Situation ändert. Du hast Irina und du hast eine Tochter. Du bist nicht für mich bestimmt und ich kann dich nicht haben. Und ich werde nicht betteln oder Ansprüche an dich stellen. Das bin ich nicht. Das mache ich nicht.“
„Und angenommen, ich würde das für dich entscheiden? Würdest du mich abweisen?“
„Sprich nicht von dieser Möglichkeit, wenn sie nicht besteht.“
„Bitte antworte mir einfach, Alys!“ Sie beisst sich auf die Unterlippe: „Du weisst, dass ich nicht ‚Nein’ sagen könnte. Aber ich bin nicht für die Rolle der Geliebten gemacht. Ich würde das nicht ertragen und es entspricht nicht meiner Art, auch wenn ich mich in den letzten Tagen quasi verraten habe.“
„Das heisst?“
„Das heisst, dass es endet sobald wir zurück sind.“
„Du willst, dass das mit uns endet? Einfach so?“
„Nein, ich will nicht, dass es endet. Aber so kann es nicht weitergehen.“
Er atmet langsam aus. „Nein, so kann es nicht weiter gehen. Ich muss mir über ein paar Dinge klar werden, wenn wir zurück sind. Ich werde darüber
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