Sehnsüchtig (German Edition)
auf die Tanzfläche ziehen. Sie lässt die Musik ihren Körper erobern, tanz, tanz und vergiss. sie blickt nicht länger zur Bar, wo sich Eliot und Irina jetzt mit Frederic unterhalten.
Ein paar Lieder lang geht das gut. Dann spielt der DJ den Clubkracher „I love Rock’n’Roll“ von Britney Spears zu dem Alys und Mascha schon tanzten, als sie noch Teenager waren. Alys sieht Irina an Eliots Hand zerren. Er ziert sich. Sie scheint „Komm schon, Liebling“ zu sagen, dann lässt er sich doch auf die Tanzfläche locken. Bald tanzen sie ziemlich ausgelassen und nur wenige Meter von Alys und Mascha entfernt. Mascha rollt mit den Augen, Alys tut als hätte sie es nicht gesehen. Einige Lieder später füllt Paolo Nutinis unverkennbare Stimme den Saal: My darling, just give me some candy ... Selbst das Licht wird weich davon. Irina liebt doch die Musik von Paolo Nutini. Alys will nicht hinschauen und tut es trotzdem. Sie sieht die beiden, eng umschlungen, Irina stellt sich auf die Zehenspitzen, ihr Mund findet den seinen, er macht die Augen zu und erwidert den Kuss. So bleiben sie stehen, mitten auf der Tanzfläche, verlieren sich in ihrer eigenen Welt. Alys stockt mitten in der Bewegung, schaut zu, tut sich den Anblick an, eine halbe Strophe lang, vielleicht eine ganze, sie weiss es nicht. Dann findet sie Maschas Blick und das Mitgefühl in den braunen Augen gibt ihr fast den Rest. Sie löst endlich ihre Füsse vom Boden. „Ich geh nach Hause“, murmelt sie in Maschas Richtung, hört ihre eigene Stimme kaum über die Musik hinweg. „Ich bring dich heim!“ Alys schüttelt den Kopf. „Bleib nur, ich will alleine sein. Bitte sei nett zu Frederic und sag ihm, ich hatte Kopfschmerzen ... oder sowas ...“ Sie zieht Mascha hastig an sich, flieht dann, an die Garderobe, aus dem Club, einfach weg.
*
Zuviel Alkohol. Zu viele Zigaretten. Zu viel Kummer. Und dazu kein Abendessen. Kaum zuhause angelangt, krümmt sie sich über dem Waschbecken im Bad zusammen und übergibt sich. Sie putzt sich die Zähne und weint dazu, putzt und putzt, aber das saure Gefühl im Mund scheint zu bleiben. Für einmal ist ihr die gute Meinung ihrer Nachbarn egal und sie steigt in die Dusche, obwohl es fast zwei Uhr morgens ist. Sie legt sich ins Bett, es dreht sich mit ihr im Kreis. Scheiss Gin Tonic. Ich hätte es wissen müssen. Ich hätte nicht hingehen sollen. Verfluchte masochistische Ader. Ihr Handy piepst auf dem Nachttisch und sie angelt danach. Sag jetzt nicht, dass du das bist.
Eliot Wagner, sagt das Handy höhnisch.
Wo bist du??
Das zweite Fragezeichen ärgert sie. Es sieht ungeduldig aus.
Zuhause, tippt sie.
Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten. Ohne Abschied? Nachdem wir uns kaum gesehen haben?
Du warst beschäftigt mit Irina. Auf der Tanzfläche.
Diesmal dauert es etwas länger. Ich weiss, dass der Abend nicht einfach für dich war!
Nicht einfach? Haha! Sie will eine zickige Antwort schreiben, aber dann legt sie das Handy weg. Einige Minuten später piepst es wieder.
Ich bin zurzeit wirklich unter Druck. Von allen Seiten.
Ich weiss. Aber ich kann so nicht ... , schreibt sie zurück. Ich habe es dir gesagt, schon in Frankreich, ich habe dir gesagt, dass ich nicht dafür gemacht bin. Das Handy vibriert jetzt in ihrer Hand. Anhaltend. Er ruft an. Ihr Daumen zögert, dann drückt sie ihn weg. Lass mich sein, Eliot. Ein paar Minuten später versucht er es noch einmal . Diesmal schaltet sie das Handy aus.
ETWAS ZERBIRST
Das Wochenende vergeht, ohne dass er sich wieder meldet. Der Montag auch. Zuerst ist sie froh darum. Sie flüchtet sich in die Arbeit, sitzt den ganzen Tag und die halbe Nacht an seinem Auftrag, ändert letzte Details an den Illustrationen, beginnt endlich mit der Schriftsetzung. Fügt die Songtexte ein. Noch fehlen ihr ein paar Angaben von ihm, die Danksagungen und Widmungen zum Beispiel. Am Dienstag wird sie unruhig. Was wenn sie ihn so wütend gemacht hat, dass er den Kontakt auf ein Minimum beschränkt und abbricht, sobald er das fertige Booklet in den Händen hält? War sie zu fordernd? Aber sie hat doch gar nichts gemacht, nur gesagt, dass sie so nicht weitermachen kann ... aber dann wieder weiss sie auch nicht, wie sie ohne ihn sein soll.
Sie isst wenig in diesen Tagen, wie immer, wenn sie Kummer hat. Trinkt zu viel Kaffee, um nicht am Schreibtisch einzuschlafen, weil sie nachts wachliegt und grübelt, und sie raucht Unmengen an Zigaretten. Ein Teufelskreis.
Am
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