Sehnsüchtig (German Edition)
Blick bleibt an Mascha kleben, er sieht zu, wie sie bestellt. Wie sie im Gegensatz zu Alys jeweils gleich an die Reihe kommt. Der Mann neben ihr spricht sie an. Sie quittiert es mit einem Lachen und einer Bemerkung, was wiederum den Mann zum Lachen bringt.
Frederics Gesicht verfinstert sich ein wenig. „Wie läuft es bei der Arbeit?“, fragt Alys hastig. Smalltalk mit Frederic ist anstrengend, weil er so zurückhaltend ist. „Ganz gut.“ Jetzt ist er zudem abgelenkt. „Hast du mittlerweile die Abteilung gewechselt? Das hattest du letztes Mal vor, als wir uns gesehen haben.“ Endlich reisst Frederic seinen Blick von der Bar los, wo der Mann neben Mascha immer noch versucht, sie zu beeindrucken. Er trägt einen teuren Anzug, hat zu viel Gel im Haar und ist etwa fünfzehn Jahre zu alt, um das ‘Unter Wasser’ zu frequentieren. Sieht aus wie jemand, der geschäftlich in der Stadt ist. Wahrscheinlich hat ihm jemand gesagt, hier hätte es jede Menge junger Frauen. Er tätschelt eben etwas zu vertraulich Maschas Schulter. Möchtest du mit in mein Hotel kommen? Ich habe eine Suite mit Blick auf den Fluss, wir könnten es uns gemütlich machen, vielleicht ein Glas Champagner trinken, legt Alys ihm in den Mund.
„Ja, ich habe die Abteilung gewechselt“, sagt Frederic jetzt. „Zum Glück. Mein letzter Teamleiter war ein richtiger Idiot.“ Idiot, aus dem Mund von Frederic Altwegg, das ist ziemlich ungewöhnlich. Eben. Ein netter Mann. Er blickt wieder zur Bar. Alys sieht seinem Gesicht an, dass er den Mann im Anzug in Gedanken mit ähnlichen und schlimmeren Worten bedenkt. „Das neue Team aber ist klasse. Wir haben ein paar wirklich spannende Projekte erhalten. Und wie läuft es bei dir?“ Eine Gegenfrage, er macht Fortschritte, vielleicht könnte man aus dir doch noch ein sozial einigermassen kompetentes Wesen machen.
Er schaut jetzt wieder Alys an, als würde es ihn ehrlich interessieren, seine Augen hinter den Brillengläsern sind eigentlich eine ganz aparte Mischung aus blau und grün, das ähnliche Farbkonzept der Bar verstärkt diesen Eindruck. „Es läuft gut, ich habe einen super Auftrag erhalten, der mich zurzeit stark in Anspruch nimmt.“ Alys versucht, ein Gähnen in der Mitte des Satzes zu unterdrücken. Wahrscheinlich wäre sie wirklich besser ins Bett gegangen statt aus dem Haus. Immerhin kann sie morgen ausschlafen, vor dem Termin mit Irina. Der Gedanke daran sorgt für ein nervöses Kribbeln in ihrem Bauch. Wie das wohl wird?
„Bist du immer noch mit Janosch zusammen?“, fragt Frederic und sie versucht, sich wieder auf ihn zu konzentrieren. Er hatte Janosch und sie einmal zusammen gesehen als sie zu viert ins Kino gingen, Mascha, Frederic, Janosch und sie. Es war ein komischer Abend gewesen, einer für Pärchen, nicht für vier Singles, von denen zwei mehr möchten und die anderen zwei ihre Freiheit lieben.
„Wir waren nie zusammen“, hält sie fest.
Jetzt sieht er ehrlich überrascht aus, vielleicht sogar etwas geschockt. Sollte Frederic einer dieser raren Exemplare in seinem Alter sein, die von der grossen Liebe träumen und Affären nichts abgewinnen können?
„Ah, es sah damals so aus als wärt ihr zusammen ...“, meint er. Mascha kommt von der Bar zurück. Alys nimmt den Gin Tonic aus ihrer Hand fast erleichtert entgegen. Der Mann an der Bar versucht sein Glück bereits bei der Nächsten. Jetzt, wo Mascha da ist, konzentriert sich Frederic ausschliesslich auf sie. Bald sind die beiden in ein vertrauliches Gespräch vertieft. Etwas zu reden scheinen sie auf jeden Fall zu haben. Erstaunlich, in Maschas Gegenwart blüht er auf, die Worte sprudeln nur so aus ihm heraus. Mascha hatte schon immer die Fähigkeit, Menschen aufzutauen, auch besonders verschlossene Exemplare.
Alys betrachtet unterdessen den Eigentümer eines weiteren Herzens, das Mascha brechen wird, wenn auch vielleicht nicht böswillig. Frederic sieht nicht schlecht aus, wäre da nur nicht diese verklemmte Ausstrahlung. Er ist gross und schmal, aber das war Janosch auch, sie mag das eigentlich, und zu Mascha würde es auch passen, klein wie sie ist. Selbst Eliot ist auf der schlaksigen Seite und trotzdem ist er ... Mis-Teeq liefern im Song Scandalous, der eben läuft, die Beschreibung in ihrem Kopf gleich mit: Looks to kill, straight talk, sex appeal, one touch gives me chills, you’re dangerous ...
Gefährlich? Ja, er kann einer Frau durchaus gefährlich werden ... Sie nimmt noch einen Schluck Gin Tonic, der Drink
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