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Sei dennoch unverzagt: Gespräche mit meinen Großeltern Christa und Gerhard Wolf (German Edition)

Sei dennoch unverzagt: Gespräche mit meinen Großeltern Christa und Gerhard Wolf (German Edition)

Titel: Sei dennoch unverzagt: Gespräche mit meinen Großeltern Christa und Gerhard Wolf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Simon
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sozialistischen Moral.
    GW     Ich wurde von der Parteileitung dazu verdonnert, das zu machen. Christa bekam einmal eine schwere Parteistrafe, weil sie ein Parteidokument verloren hat, das war ihr im Kaufhaus gestohlen worden.
    JS     Dafür kriegte man eine Parteistrafe?
    GW     Eine schwere Rüge. Das hat sie gerettet, deshalb musste sie nicht auf die Parteischule. Beim Rundfunk gab es eine Genossin, die sagte: »Wisst ihr, wo ich meine Parteidokumente trage, damit niemand darankommt? Im Höschen!«
    JS     Ihr hattet ja seltsame Leute da!
    GW     Das waren komische Typen. Einmal hatten wir einen sehr guten Essay von Hans Mayer. Darin schrieb er, dass die deutsche Literatur im Vergleich zur Opulenz der Literatur der zwanziger Jahre kein Gewicht habe. Die DDR -Literatur – das seien rot angestrichene Gartenlau ben … solche Formulierungen verwendete er. Ich war Kulturchef des Deutschlandsenders und zeichnete die Sendung ab, Sendungen wurden ja abgenommen. Dann las noch jemand aus der Chefredaktion den Essay, setzte kurzfristig die Sendung ab und sprach stattdessen selbst. Davon wusste ich aber nichts.
    Abends ging ich mit Kollegen in den Presseclub in der Friedrichstraße. Überallhin hatten wir Telegramme geschickt, auch an Böll. Sie sollten sich die Sendung mit Mayer anhören. Wir saßen zusammen und wollten feiern, und da kam plötzlich einer und sagte: »Da habt ihr euch was geleistet, den Mayer abzusetzen und so ein Arschloch sprechen zu lassen.«
    Mit dem Ungarn-Aufstand brachen auch unsere wichtigen Arbeitsverbindungen in den Westen ab. Das war eine Zeit, in der ein Mitarbeiter, der sich für Jazzmusik einsetzte, direkt aus einer Versammlung heraus verhaftet wurde. Da war ich aber schon nicht mehr beim Rundfunk. Das erzählten mir die alten Kollegen im Nachhinein. Ich hörte 1957 beim Rundfunk auf. In dieser Zeit fanden die Prozesse gegen Wolfgang Harich und Walter Janka 50 statt. Ich hätte mich beim Rundfunk ziemlich verbiegen müssen, um weiter Karriere zu machen. Um Gottes willen! Mir gefiel nicht, was Leute wie Karl-Eduard von Schnitzler 51 von sich gaben und wie die sich gebärdeten. Das kannst du dir verkneifen, sagte ich mir. Also setzte ich mich ab und erklärte, dass ich mich mehr der wissenschaftlichen Arbeit widmen wolle.
    JS     Meinst du Karl-Eduard von Schnitzler, der später im DDR -Fernsehen den Schwarzen Kanal moderierte? Der war damals schon so extrem?
    GW     Der war ein ganz wichtiger furchtbarer Kerl.
    Ein Wagen nähert sich der Einfahrt. Mein Freund Frank kehrt vom Einkauf zurück. Er setzt sich zu uns. Es ist früher Abend und noch immer sehr warm. Meine Großeltern und ich haben drei Stunden lang geredet, wir sind ermattet und überlegen, noch an den See zu gehen. Frank zündet sich eine Zigarette an, mein Großvater blickt ihn besorgt an.
    GW      (zu Frank) Hast du Zigaretten gekauft?
    FR     Martin 52 hat mir eine gedreht.
    GW      (zu CW ) Willst du noch baden gehen?
    CW     Ich habe Hunger. Wenn ich viel erzähle, kriege ich immer Hunger.
    34 Arno Breker ( 1900 – 1991 ), Bildhauer, galt als einer der populärsten Bildhauer im Nationalsozialismus.
    35 Anna Seghers ( 1900 – 1983 ), Schriftstellerin, trat 1928 in die KPD ein, in der NS -Zeit wurden ihre Bücher in Deutschland verboten und verbrannt, sie emigrierte erst in die Schweiz, dann nach Frankreich und 1941 schließlich nach Mexiko, 1947 kehrte sie nach Deutschland zurück, lebte ab 1950 in Ostberlin, von 1952 bis 1978 war sie Präsidentin des Schriftstellerverbandes der DDR , stand mit Christa Wolf im regen Austausch. Der Briefwechsel Anna Seghers / Christa Wolf Das dicht besetzte Leben erschien 2003 im Aufbau Verlag, Berlin.
    36 Bertolt Brecht ( 1889 – 1956 ), Dramatiker und Lyriker, emigrierte 1933 über Österreich, die Schweiz und Frankreich nach Dänemark, 1941 ging er schließlich in die USA , 1947 wurde er dort von dem »Ausschuss für unamerikanische Umtriebe« befragt, kehrte 1948 nach Berlin zurück und gründete mit Helene Weigel das Berliner Ensemble.
    37 Der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands wurde 1945 von Johannes R. Becher und anderen gegründet, war zunächst eine unabhängige Massenorganisation. Die Auseinandersetzung mit der Nazivergangenheit und die kulturelle Erziehung der Bevölkerung waren erklärte Ziele des Bundes. Später orientierte sich der Kulturbund an der DDR -Kulturpolitik.
    38 Georg Lukács ( 1885 – 1971 ), ungarischer

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