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Sei lieb und büße - Thriller

Sei lieb und büße - Thriller

Titel: Sei lieb und büße - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loewe
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dichte Nebelschwaden. Sie löst die Hand vom Boden, hebt sie aus dem Wasser, tastet vor sich, neben sich, hinter sich.
    Eine Wand. Kühl. Feucht. Steine, unverputzt.
    Dann steht sie auf. Ihre Beine geben nach, sie stützt sich an der Wand ab, atmet tief ein und aus, in den Bauch, in die Brust. Atmet Moder und fauliges Wasser, atmet Enge und Angst.
    Sie macht einen Schritt, hält inne. Abrupt. Warum? Sie hebt das Bein. Angekettet. Sie ist angekettet! Die Hand fährt das Bein entlang, ertastet die Kette am Fußgelenk. Wie Handschellen. Sie folgt der Kette. Ungewöhnlich lang für Handschellen, vielleicht ein halber Meter. Stößt auf Eisen. Ein Beschlag in der Wand. Darüber noch einer. Und noch einer. Eine feste Trittleiter. Sie dreht sich um. Folgt der Wand, so weit es geht. Streckt sich, tastet. Ein Brunnen. Eine Zisterne. Abgedeckt. Ihr Atem verwandelt sich in ein Hecheln. Raus! Sie muss raus!
    »Hilfe!«, schreit sie. »Hilfe! Hilfe!«
    Ein Echo. Gespenstisches Hallen, als wollten die Wände ihre Angst verhöhnen. Endlich verstummt es.
    Sie lauscht. Plätschern.
    Sonst nichts.
    Nicht einmal das Summen einer Fliege.
    Plätschern.
    Tropf-tropf-tropf-tropf.
    Es hämmert in ihrem Kopf. Hart und schnell. Sie rutscht an der Wand Richtung Boden, setzt sich. Etwas ist anders. Etwas hat sich verändert.
    Sie springt auf.
    Das Wasser. Es ist gestiegen!
    Sie wird ertrinken. Sie muss raus!
    70
    Die Lichtung liegt vor mir. Ich sehe die kaputte Bank neben der von Unkraut überwucherten Feuerstelle. Ich weiß noch, wie Laureen und Bessy mich das erste Mal mit hierhergenommen haben. Am Tag, als Bessy mir von Mias Foto in Riks Geldbeutel erzählt hat und ich Mia für ihren Verrat bestrafen wollte.
    Ich bin so blind gewesen.
    Alles war inszeniert. Ein reales Drama zur Unterhaltung der ewig gelangweilten Laureen? Wollte sie etwas Pep in das unerträglich öde Leben in Kranbach bringen? Ein ganz persönliches Stück Belustigung?
    Laureen, die Dramaturgin.
    Bessy, die Regisseurin.
    Mia, Rik, Clemens und ich die Marionetten in ihren unfreiwilligen Hauptrollen.
    Tödlichen Hauptrollen.
    Marionetten. Treffender kann man es nicht beschreiben. Bessy hat die Fäden gezogen und wir haben reagiert.
    Ich hasse mich dafür.
    Ich hasse mich für das, was ich getan habe. Wie abgebrüht und kaltblütig ich agiert habe. Als hätte ich keine Gefühle mehr gehabt. Wann bin ich so geworden?
    Ich hasse Laureen und Bessy für das, was sie getan haben.
    Mit einem Satz springe ich aus dem Gebüsch, bereit für einen Kampf gegen Bessy. Zuerst Bessy. Laureen wird zusehen und nur einschreiten, wenn sie glaubt, Bessy sei mir nicht gewachsen.
    »Da bist du ja.« Falsch gedacht. Es ist Laureens spöttisches Lachen, das mich trifft wie Hieb. »Was soll das hier werden? Revival of the Ninja Turtles?«
    Sie tritt aus dem Gebüsch hinter der kaputten Bank, in der Hand den Baseballschläger von Bessys Bruder. Sie muss mich kommen gehört haben.
    »Wo ist Sina?« Entsetzt suche ich den Baseballschläger nach Blutspuren ab. Die Seite, die ich sehen kann, ist sauber.
    »Sie erfrischt sich ein wenig.« Laureen kichert. »Das war gut, nicht, Bessy?«
    »Sie dürfte inzwischen ziemlich erfrischt sein.« Bessys Stimme ist dicht hinter mir. Verstört drehe ich mich auf dem Absatz um und spüre etwas Hartes gegen meine Schläfe knallen. Mein Kopf wird nach links geschleudert. Ich schreie auf. Schmerz rast durch meinen Schädel und macht mich für einen Moment blind. Ich presse meine Hand auf die Schläfe, spüre etwas Warmes. Ich muss es nicht sehen, um zu wissen, dass es Blut ist.
    Meine Beine sacken unter mir weg. Ich konzentriere mich darauf, aufrecht stehen zu bleiben, doch mein Kopf will die Befehle nicht mehr an meine Muskeln weitergeben.
    »Ich hätte gesagt: Das Wasser steht ihr bis zum Hals«, sagt Bessy zu Laureen. »Finde ich als Wortspiel auch ganz gut.«
    Laureen kommt auf mich zu, schwingt den Baseballschläger vor und zurück. »Ja, nicht schlecht. Eignet sich auch als Rätsel. Unsere gute alte Freundin möchte nämlich gerne wissen, wo ihre neue beste Freundin ist.«
    Laureen bleibt vor mir stehen. »Na? Erraten? Weißt du, wo sie ist?«
    »Ihr seid krank.« Der Schmerz in der Schläfengegend ist kaum auszuhalten.
    »Ach ja?« Sie schaut mich verächtlich an.
    Ich will aufstehen. Ich muss aufstehen, auf Augenhöhe bleiben. Ich darf nicht vor ihr im Dreck knien. Sie darf sich nicht noch mächtiger fühlen.
    »Ja! Krank. Ihr habt von Anfang an alles inszeniert.

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