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Sei mein Moerder

Sei mein Moerder

Titel: Sei mein Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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Spaziergänge an der Spree zu machen, woran sich Mark gerne erinnerte.
    Hier wohnte Gabi mit ihrer gemeinsamen Tochter Marlies.
    Mark fühlte sich verpflichtet, seine Noch-Frau vom Tod ihres ehemaligen Schwiegervaters zu informieren. Sie hatte mit Peter und Magda Rieger ein herzliches Verhältnis gehabt, und vor allen Dingen Marks Mutter litt noch heute unter der Trennung.
    Als sie die Tür öffnete, begriff Mark, dass sein Besuchsgrund ein anderer war.
    Gabi war nicht größer als eins sechzig, hatte rotblonde, lockige Haare, die ihr stets ein wildes Aussehen verliehen, helle Haut mit einigen wenigen Sommersprossen, eine niedliche Nase, große Augen und einen etwas zu großen Mund, hinter dem sich Zähne verbargen, die jahrelang mit Draht zur Perfektion gebogen worden waren. Für gewöhnlich trug sie Jeans und übergroße Pullover, was bei Männern einen Beschützerinstinkt auslöste, der Mark manchmal eifersüchtig gemacht hatte, wenn sie hin und wieder lasziv mit ihrer Kindfraulichkeit gespielt hatte.
    Er liebte sie.
    Er liebte sie noch immer und wollte nicht alleine sein.
    Er brauchte Gabi, so sehr er sich dagegen sträubte.
    Und das wollte er ihr sagen.
    Er wollte morgen gemeinsam mit ihr zur Beerdigung fahren. Er wollte, dass sie neben ihm und seiner Mutter war, wenn man Peter Rieger sechs Fuß tief vergrub.
    (Wie einen erhängten Zwergpinscher)
    »Du? Hier?«, fragte sie. Ihre Stimme klang ernst, aber nicht unfreundlich.
    »Ich muss mit dir sprechen«, sagte Mark.
    Sie runzelte die Brauen und bat ihn nicht ins Haus, das sie von ihren steinreichen Eltern geschenkt bekommen hatte.
    »Ich nicht, Mark.« Dann stutzte sie. Sie musterte ihn, als sei er ein wertvolles Tier. »Was ist los?«
    Er beschloss, sich nicht über den Tod seines Vaters Eintritt zu verschaffen. »Bitte lass mich rein.«
    Sie trat zur Seite. Wohin Mark blickte, sah man die Hand einer Frau. Alles wirkte verspielt und sehr weiblich. »Ist Marlies da?«
    »Beim Klavierunterricht.«
    »Darf ich mich setzen?«
    Sie machte eine entsprechende Geste. »Was willst du von mir?« Ihre Worte klangen hart und erbarmungslos.
    Er sah bedächtig aus dem Sessel auf. »Ich habe nachgedacht. Über vieles, über alles habe ich nachgedacht. Wir hatten vierzehn glückliche Jahre ...«
    »He, he, was soll das?«, fuhr sie ihn an. »Ich dachte, das hätten wir hinter uns?«
    »Ich habe dich betrogen. Zweimal. Und das tut mir leid. Seitdem wir auseinander sind, hatte ich keine Frau in meinem Bett. Ich lebe alleine und ich bin einsam. Liebe Güte, so eine Scheiße kommt in den besten Familien vor, aber es muss kein Grund für eine dauerhafte Trennung sein. Ich liebe dich noch immer, mehr denn je. Das weißt du. Was geschah, war dumm und ich trage die volle Verantwortung, aber ich habe nie aufgehört, dich zu lieben.«
    Was schwang in seinen Worten mit, dass sie nicht auffuhr und ihn rausschmiss? Spürte sie seine stille Verzweiflung? Er traute seinen Augen nicht, als sie sich zu ihm auf die Sessellehne setzte. In einem lang antrainierten Impuls wollte er seine Arme um ihre Hüfte legen, seinen Kopf an ihren Bauch drücken, doch so mutig war er nicht. Sie sah auf ihn hinab, und er hoffte, sie würde seinen Nacken, seine Haare streicheln, doch schon sprang sie wieder auf, als frage sie sich, wie ihr das hatte geschehen können.
    »Wir waren uns einig, dass Schluss ist. Ich habe die Scheidung eingereicht. Du hast die Papiere bekommen. Unterzeichne sie oder lass es. Tust du es nicht, dauert es länger und wird teurer für dich.«
    »Warum versuchen wir es nicht mit einer Paartherapie. Zeigt sich die wahre Stärke einer Beziehung nicht dann, wenn es eine Krise gibt?«
    »Eine Krise, da hast du recht. Die kann man überstehen und es ist uns gelungen. Aber nach der zweiten Krise ist mein Vertrauen zu dir gestorben.«
    Gestorben! Weiß sie überhaupt, was Sterben bedeutet?
    Wie Trenkler gestorben war? Schreiend. Zuckend?
    Wie der Hund gestorben war? Sich windend, röchelnd, mit heraus hängenden Därmen?
    Ist ihre Seele auch so gestorben?
    »Ist das nicht tragisch?«, fragte Mark und blickte Gabi an. »Da sitzt ein Therapeut, ein Seelenklempner vor dir und ist nicht in der Lage, seine eigenen Probleme zu lösen.«
    »Ich habe dir mehr als einmal gesagt, dass bei dir und deinen Kollegen das Symptom der Beruf ist.«
    Mark grinste schräg. »Womit du vermutlich nicht Unrecht hast. Schließlich müssen wir regelmäßig zur Supervision, um nicht den Verstand zu verlieren.« Das

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