Seichtgebiete: Warum wir hemmungslos verblöden (German Edition)
verzeichnet ist, zum Beispiel Fischpapst oder Ex-Banker oder RTL-Serienstar oder Starfriseur.
Den Beruf Charity-Lady gibt es in Deutschland ebenso wie den eines Eventmanagers oder Promi-Agenten, die in selbstherrlicher Unverschämtheit im Namen ihrer Brötchengeber agieren, noch nicht so lange. Es ist ein junger Berufszweig für nicht mehr ganz so junge Damen, aber einer
mit Zukunft. Denn gefeiert wird auch in schlechten Zeiten, und da erst recht, weil es denen, für die gefeiert wird, in schlechten Zeiten noch schlechter geht. Dass Intensivkurse bei einem körperlichen Wellness-Programm unter dem Titel »Was muss eine Charity-Lady können?« angeboten werden, ist ein übles Gerücht, denn die Absolventinnen schweigen grundsätzlich alle über ihre Ausbildung. Königin der Charity-Society, Urahnin aller Ladies, die Gutes tun und darüber reden wollen – was in besseren Kreisen als unfein gilt, da tut man Gutes und schweigt -, ist Ute Ohoven. Sie wird bewundert als die erfolgreichste deutsche Spendensammlerin ihrer Klasse, ist Sonderbotschafterin der UNESCO und hat in zwanzig Jahren mehr als dreißig Millionen Dollar erbettelt. Als gemein recherchierte Berichte über angebliche Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung und Weitergabe der Spenden erschienen, nannte Ute Ohoven die Kritiker schmierige Schmarotzer, die »jeder erfolgreiche Mensch um sich herum hat – und die sich von der Made bis zur Motte entwickeln«.
Bekannt geworden ist sie nicht nur durch gute Tätigkeiten, sondern auch durch ihre gleichfalls blonde Tochter, deren Lippen so voll sind wie bei anderen ihrer Klasse nicht mal der Busen, und deren Vorname an das verstorbene Schoßhündchen von Mickey Rourke erinnert, irgendwas mit Chiu oder Chia oder Chichiua. Frau Ohovens Gatte Mario, ein erfolgreicher Anlageberater, vertritt zudem als Präsident des betreffenden Bundesverbandes die mittelständische Wirtschaft. Er fehlt bei keiner Veranstaltung. Seiner beruflichen, nicht auf Charity ausgerichteten Tätigkeit werden schöne Fotos kaum schaden. Der Berliner Wissenschaftler und Autor Thomas Wieczorek fragt zynisch in seinem Buch »Die verblödete Republik«, ob die von ihm kurz Prominenz-Junkies Genannten wirklich immer sagen würden,
um »welchen guten Zweck es gerade geht. Um Robbenarmut in Afrika oder Kindersterben im Dschungelcamp?« Er betrachtet Charity, das Geschäft mit dem Guten, kritisch, weil es menschlich verständlich sei, sich ein »Dankeschön oder gar den Ruf eines Wohltäters zu ergaunern«, andererseits es eher das Idealmodell einer »mildtätigen Oberschicht« sei, »verarmten Bevölkerungsteilen uneigennützig und diskret über das Gröbste« hinwegzuhelfen.
Ach, ja, die Oberschicht. Ist auch nicht mehr das, was sie mal war. Ferfried Maximilian Pius Meinrad Maria Hubert Michael Justinus Prinz von Hohenzollern-Sigmaringen, der sich Foffi nennen lässt, gehört qua Geburt nun wirklich nicht in die Unterschicht. In die trieben ihn nur seine Triebe. Durch öffentliches Reiben an einer Blondine, die als Busen-Witwe bekannt war, wurde er vor allem bei jenen bekannt, deren Vorfahren von seinen Vorfahren als Leibeigene behandelt worden wären. Wurde zu Fleisch von ihrem Fleisch. In seiner Person, an seinem Benehmen, an seinem Auftreten ist beweisbar, dass selbst ein jahrhundertelang in der Oberschicht verwurzelter Stammbaum keinen Halt mehr bietet, sobald er in Seichtgebieten steht. Dass dessen edle Früchte so schmecken wie die tätowierten Früchtchen aus den Gärten diesseits von Eden. Dass einfältige Oberschichtler und tumbe Unterschichtler bei der Geburt getrennte Zwillinge sind. Foffi dürfte nicht mal mehr zu Festen der Sonnenstudios Berlin-Ost eingeladen sein.
Gern genommen bei gesellschaftlichen Events wird die Kategorie B. In der Klasse tummeln sich die meisten Promis. Es ist selbst für erfahrene Gesellschaftsreporter schwer auszumachen, wer noch nicht oder nicht mehr ganz oben ist, wer nicht mehr oder noch nicht weiter unten. Manche sind aufgestiegen, manche sind gerade abgestiegen, aber alle sehen auf den ersten Blick gleich aus. Abgestiegen zum Beispiel ist
die ehemalige Tagesschau -Sprecherin Eva Herman, die nach dem Erscheinen ihres spracharmen Bestsellers kurzfristig unter Kategorie A angeboten wurde, aber inzwischen bei ihrer Ex-Kollegin Susan Stahnke unter D gelandet ist. Aufgestiegen mit allerbesten Aussichten darauf, künftig auch aus eigener Prominenz A-fähig zu werden, was ihm jetzt nur zuteil wurde, weil
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