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Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Titel: Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
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Trugbilder«, widersprach der Prinz. »Merlin ist nicht vergangen, aber Gorlois nur eine Erinnerung wie Uther und Igraine auch. Erinnerungen der traurigen Burg, die sich selbst verflucht hat und nun nicht mehr herausfindet. Nicht das erste Mal, dass so etwas geschieht, wo Merlin seinen Fuß hinsetzt.«
    »Ihr sagt … er sei nicht vergangen?«
    »Nein. Und jetzt, Cunomorus, lasst uns etwas zu essen besorgen. Sonst geraten wir in schlimmere Schwierigkeiten als Tintagel, das kann ich Euch versichern.«
    Im Dorf Tintagel war nicht viel Bewegung, als Nadja, David und Cunomorus dort eintrafen. Ein einsames Auto kam mit qualmendem Auspuff die Atlantic Road herunter und kroch im Schritttempo durch die scharfe Rechtskurve, in die der Wanderweg einmündete. Hinter dieser Kurve mit ihren glänzenden Eispfützen änderte sich der Straßenname in Fore Street, wie ein aufgestelltes Schild verriet. Cunomorus zeigte flüchtig darauf.
    »Meistens gehe ich da lang«, erklärte er. »Auf der Fore Street verdiene ich mir die Münzen für Speise und Trank. Nicht weit von hier steht ein Haus; ein Postamt aus dem vierzehnten Jahrhundert, wie man mir sagte. Es ist krumm und schief, das Dach hängt durch, und die unebenen Wände sind grau verwittert. Ich habe keine Ahnung, warum die Besucher von außerhalb sich so an dem alten Gebäude erfreuen, aber sie tun es. Stehen in Scharen davor und zielen mit ihren klickenden Kästchen darauf …«
    »Kameras«, verbesserte Nadja. »Die klickenden Kästchen nennt man Kameras.«
    »Ja, stimmt, ich vergesse diese Bezeichnung immer wieder. Ich kann damit nichts anfangen, das alles wird mir ein ewiges Rätsel bleiben. Dies ist nicht meine Zeit.«
    »Ihr werdet in die Eure zurückkehren. Wo ist denn nun die Bäckerei?«
    »Gleich da vorn. Hinter der Kurve auf der Atlantic Road.«
    Die Rollläden waren schon hochgezogen und das Gitter vor dem Eingang entfernt, als die Gefährten eiligen Schrittes auf das Geschäft zugingen. Es war das einzige seiner Art in ganz Tintagel. An der Glastür hing ein Schild mit der Aufschrift
Tasty Pastries!
, und wenn sie dem köstlichen Geruch Glauben schenken wollten, der nach außen drang, war das Fleischgebäck in der Tat schmackhaft. Blieb nur zu hoffen, dass die Herrin der Pasteten wirklich die gute Seele war, als die Cunomorus sie beschrieben hatte.
    Ein Glöckchen bimmelte beim Öffnen der Ladentür; Ofenwärme und der Duft frischer Backwaren umfing die hungrige, frierende Kundschaft wie tröstende Arme. Nadja gab Cunomorus den Mantel zurück, und während die Tür sich mit erneutem Bimmeln hinter ihr schloss, sah sie sich um. Ein kleiner Raum, nicht sonderlich hell. Links neben der Tür, unter den Fenstern, standen drei Tische. Geradeaus war die Kuchentheke, schon ein Stück weit gefüllt mit allerlei Köstlichkeiten hinter Glas. Jenseits der Theke führte eine Schwingtür in den hinteren Gebäudeteil, wahrscheinlich in die Backstube. Darüber hing das offizielle Bild der Königin in einem Rahmen. Elizabeth II. lächelte ihr ebenfalls offizielles Lächeln – unverbindlich, unnahbar und doch nicht ohne Freundlichkeit.
    Plötzlich öffneten sich die Flügel der Tür. Mit ihnen kam ein beachtlicher Po ins Geschäft. Er hing an einer kleinen Frau von etwa sechzig Jahren, grau gelockt und mit Grübchen auf den geröteten Wangen. Sie schleppte eine Plastikkiste herein, und es hätte nicht viel gefehlt, und all die frischen Toastbrote wären auf den Boden gefallen.
    »Grundgütiger, hab ich mich erschrocken!«, rief sie. »Ich hab gar nich gehört, dass das Glöckchen geklingelt hat.«
    Mary Gosling, so hieß die Bäckersfrau, sprach den örtlichen Dialekt; ein gemütliches, breites Englisch, das zur unbekümmerten Art der Cornish People passte. In Oxford hätte man darüber die Brauen hochgezogen und mit spitzem Mund ein geschocktes
Gute Güte!
intoniert. Aber die ehrwürdige alte Universitätsstadt war weit weg. In Cornwall sah man das Leben entspannter.
    »Morgen, Majestät! Wie geht’s heute?«, fragte Mistress Gosling, während sie die Brotkiste auf den Tresen hievte. Ehe Cunomorus antworten konnte, wandte sie sich nach hinten und rief über die Schwingtür: »Ernie! Der König is’ da!«
    »Ich bin ja so erfreut«, scholl es in einem Ton zurück, der wenig Zweifel daran ließ, dass Ernie alles andere war.
    Mistress Gosling beugte sich über die Theke und raunte Cunomorus mit einem Augenzwinkern zu: »Machen Se sich nix draus, Majestät! Mein Mann is ’n alter

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