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Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Titel: Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
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Schleifen im Haar. Männer jeden Alters hatten Hemd, Weste und verbeulte, fade Stoffhosen an. Niemand trug Jeans oder wenigstens eine Sonnenbrille, was keine schlechte Idee gewesen wäre, starrten die Dörfler doch allesamt direkt ins Abendrot. Es spiegelte sich in ihren Gesichtern, und so mancher kniff die Augen zu beim unentwegten Blick auf die zerfließende Sonne.
    Was treiben die da bloß?
Alebin ging auf den Steg zu, ein Konstrukt aus roh belassenen Steinplatten. Ihre Unterseite berührte den Sumpf.
Dass sie Spinner sind, ist ja klar, aber hoffentlich haben sie keinen geistigen Totalschaden! Es fehlte noch, dass sie gleich anfangen, der Sonne hinterherzubeten! Ach, ich bin so müde! Und so ein armes Schwein! Warum können mir nicht zur Abwechslung mal normale Gestalten über den Weg laufen?
    Er erreichte den Steg. Gähnend setzte er den Fuß darauf.
    »Halt!«
    Ein Mann löste sich aus der Menge. Grobschlächtig, mit dunklem Bart, das Haupthaar zum Zopf gebunden. Er war um die vierzig und trug eine Lederschürze über Hose und Wollhemd. Die Ärmel waren hochgekrempelt bis zum Ellbogen, und zwei haarige, muskulöse Arme ragten aus dem Stoff. Einen – den rechten – schwang der Mann scheuchend in Richtung Alebin.
    »Ihr da!«, rief er barsch. »Nehmt den Fuß von der Brücke, und dann zieht Eurer Wege! Fremde sind hier nicht erwünscht!«
    »Aber … ich bin doch verletzt!«, protestierte Alebin, überrascht von der so altmodisch anmutenden Redeweise.
    »Das wird schon wieder.« Mit diesen Worten wandte der Mann sich um und ging zu seinen Leuten zurück.
    »Außerdem bin ich erschöpft!«, schrie Alebin hinter ihm her.
    »Kann so schlimm nicht sein, wenn Ihr noch dermaßen Luft zum Brüllen habt!«
    Die hatte der Elf tatsächlich und eine Mordswut dazu. Am liebsten wäre er dem Kerl gefolgt und hätte ihn ordentlich vermöbelt. Das wäre in Alebins momentaner Verfassung aber eventuell ein Eigentor geworden: Der Heilungsprozess hatte zwar eingesetzt, jedoch noch keine nennenswerte Besserung herbeigeführt, von ein wenig Schorf einmal abgesehen.
    Auch Alebins zweitliebste Alternative bot sich eher nicht an: Wäre es nur dieser eine Mann gewesen, er hätte ihm schlicht den Willen geraubt. Aber ein ganzes Dorf beeinflussen, das konnte er nicht.
    So begnügte er sich damit, giftige Blicke auf den Zopfträger abzuschießen, während er über die Frage nachdachte, ob – oder ob nicht – er einfach ins Dorf gehen sollte. Inzwischen sahen die Leute vereinzelt zu ihm her. Sie wirkten nicht bedrohlich, strahlten nur eine gewisse Ablehnung aus. Man zog es vor, unter sich zu bleiben, das war die Botschaft in ihren Gesichtern.
    Alebin beschloss, einen Moment zu warten. Immerhin wollte er etwas von den Leuten. Etwas Essbares zum Beispiel und ein Bett. Da wäre es unklug, sie zu vergrätzen, denn solche Dinge mussten – falls man sie überhaupt bekam – auch bezahlt werden. Was schwierig war für einen Mann mit leeren Taschen.
    Aber vielleicht änderte der Zopfträger ja seine schroffe Haltung, wenn Alebin ihm Zeit zum Nachdenken gab. Dann würde der Mann aus der Anderswelt das Dorf als Gast betreten und der Rest sich finden. So dachte er, und genau so schien es auch zu kommen. Alebin sah, wie der Mann nach einem jungen Mädchen griff, es zu sich zog und etwas sagte. Anschließend zeigte er auf den Besucher und ließ es los. Unverzüglich setzte es sich in Bewegung.
    Na bitte. Es geht doch!
Der Elf begann zu grinsen.
Ich sag’s ja immer: Menschen sind berechenbar! Klar hat der Kerl seine Meinung geändert, er kann mich Verletzten doch nicht bei Nacht und Nebel ins Moor jagen. Wie sieht das aus? Und klar kommt er nicht selber her, um mir das mitzuteilen – dann müsste er sich ja entschuldigen! Nein, da schicken wir doch lieber ein Empfangskomitee. Aber mir soll’s recht sein. Ist ein hübscher Anblick, die Kleine! Gebt mir ein paar Stunden Schlaf, dann denke ich mal darüber nach, was ich mit ihr anstellen könnte
.
    Sein Grinsen wurde breiter, als das Mädchen nahte. Es war wirklich hübsch, ein richtig süßes Geschöpf, schlank und hochgewachsen. Ihr langes blondes Haar lockte mit Weichheit, Glanz und Dichte; an den Seiten hatte sie es zurückgesteckt und die Spangen mit Gänseblümchen verziert. Sie war vermutlich noch sehr jung. Sechzehn vielleicht, höchstens siebzehn. Das Kleid schmiegte sich hauteng um ihren Oberkörper und die Arme, und es endete weit geschnitten – fast bodenlang – über einem Reifrock. Der

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