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Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Titel: Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sorge ab. Majestätisch schritt sie die Treppe vor dem Thron herunter. Aufrecht, sicher, jeder Zoll eine Königin. Vor David blieb sie stehen.
    »Talamh«, sagte sie nachdenklich, zog einen Spitzenfächer aus dem Nichts und ließ ihn aufschwingen. Kurz wedelte sie damit und schlug ihn wieder zu. Voller geheuchelter Unschuld sah sie David an. »Hatte ich jemals behauptet, er wäre hier?«
    »Was?«, schrie Nadja erbleichend. Sie knickte ein, kämpfte sich trotzig hoch. »
Was?
«
    Bandorchu lächelte ihr zu, kalt und grausam.
    »Menschenfrau«, sagte sie in boshaftem Mitleid. »Ich würde dir dein Kind ja gern in die Arme legen. Aber Talamh … Nun ja.« Bedauernd hob sie die Schultern, und ihre Augen funkelten wie in Eis getauchte Smaragde. »Talamh ist hier nie angekommen!«

6 Warten auf Harry
    Alebin erreichte Whispering Willows, als die Sonne am Horizont aufsetzte und in ein goldrotes Band zu zerfließen begann. Auch er hatte das Maunzen gehört, das den Steinling Rocky Zwölf mitsamt seinem Moorhuhn Aurelia so in Schrecken versetzte, und es hatte die Schritte des Elfen enorm beflügelt. Weniger der vermuteten Größe des unbekannten Tieres wegen als vielmehr deshalb, weil mit den kehligen Drohlauten eine Botschaft durchs Moor scholl.
    Sie lag auf einer Frequenz unterhalb von zwanzig Hertz, also versteckt im Infraschallbereich.
Garantiert
nicht wahrnehmbar für das menschliche Ohr – und das machte sie unheimlich, denn das eine Wort, aus dem die Botschaft bestand, war ein Menschenwort, auf Englisch gesprochen. Alebins Elfensinne hatten es aufgefangen herausgefischt aus den überlagernden Maunzlauten und entschlüsselt.
    »Töö-tenn! Töö-tenn!«
    Der Steinling hatte recht!
, dachte er, während er auf den Ortsrand zuschritt.
Hier treibt sich nach Sonnenuntergang was Übles herum. Also, husch ins Dorf mit mir! Obwohl …
Er stutzte, ließ seinen Blick ungläubig über die Ortschaft wandern.
Das ist doch wohl hoffentlich nur ein Trugbild!
    Rocky Zwölf hatte nicht übertrieben: Whispering Willows war der grässlichste Platz im Moor. Alebin war auf seinen Ausflügen in die Menschenwelt schon einiges an Kitsch und Krempel begegnet, aber das rangierte auf der Liste bemitleidenswerter Geschmacksverirrungen weit oben!
    Entweder ist das eine bewohnte Filmkulisse oder eine Touristenattraktion
. Beim Näherkommen bemerkte er, dass ein toter Bacharm vor dem Dorfrand lag.
Vielleicht beides, was die Sache nicht besser macht. Wie komme ich da rüber?
    Suchend sah er sich nach einem Steg um. Mehr als eine Planke brauchte er nicht zum Überqueren des Grabens, denn der Bach war ein mickriges Ding, kaum zwei Meter breit. Allerdings stand er nicht nur still, er war auch vollständig versumpft: mit Dotterblumen, Schilf und allem, was ein tiefer Graben brauchte, um sich als harmlose Grünfläche zu tarnen. Frösche hüpften von den Sonnenplätzen an seinen Rändern auf das feucht schimmernde Pflanzengewirr, wenn Alebin an ihnen vorbeiging. Sie versanken bis zum Kopf.
    Dass der Elf gleich erkannt hatte, was vor ihm lag, war jedoch nicht den Fröschen zu verdanken. Schon von Weitem hatte Alebin das Bächlein gesehen, das hinten aus den Wiesen schimmerte. Es kreuzte den toten Arm, nur durch einen Erdhügel von ihm getrennt, und floss außen am Dorf entlang. Ein frisches, klares Gewässer, das munter über Stock und Stein sprang und unter knorrigen Weiden verlief, die seine Ufer flankierten. Der Abendwind verfing sich im Gewirr der hängenden Zweige, wiegte sie hin und her. Sie wisperten geheimnisvoll.
    Whispering Willows. Also daher stammt der Name!
Alebin folgte dem toten Arm ein Stück nach Norden, weg von dem unheimlichen Maunzen, das längst verhallt, aber nicht vergessen war. Eine Scheune versperrte ihm kurzfristig die Sicht auf den Ort. Kaum hatte er das Hindernis passiert, blieb er überrascht stehen.
    Da war der Steg, den er suchte.
    Und da waren die Dorfbewohner.
    Alebin sah sie und glaubte sich im falschen Film.
    Heiliger Wichtelhintern! Was sind denn das für antiquierte Klamotten?
Amüsiert schüttelte er den Kopf.
Mann, die nehmen es ja genau mit ihrer Komparsenrolle! Sehe ich hier irgendwo eine Kamera? Einen Regisseur? Touristen?
    Nichts dergleichen war zu entdecken, nur diese Leute. Groß und Klein hatte sich in altmodische Outfits gehüllt: bodenlange Kleider – bei den erwachsenen Frauen unterhalb der Taille noch stark nach hinten erweitert, um den Po zu betonen –, die kleinen Mädchen mit Rüschenschürze und

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