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Seidel, Willy: Alarm im Jenseits. Nn. 1927

Seidel, Willy: Alarm im Jenseits. Nn. 1927

Titel: Seidel, Willy: Alarm im Jenseits. Nn. 1927 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willy Seidel
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der andere sanftmütig und schadenfroh. (Er brachte das O mit talerrundem Munde hervor.) »Dann brauchst du mich ja wohl nicht mehr. Dann kannst du dir zuerst wohl das Vergnügen machen, dir allein die Hörner etwas abzulaufen. Entweder du parierst (seine klaren Augen blitzten) oder du – verduftest, wie ich dir schon sagte.« Er warf sich ins Gras und wedelte mit der flachen Hand. »Adieu!« sagte er noch; dann drehte er sich auf die andere Seite und steckte das Gesicht in die Blumen.
    Boggi stand unschlüssig da und überlegte, was zu machen wäre. Da ihm kein anderer Ausweg blieb, entschloß er sich, klein beizugeben.
    »Steh auf!« rief er. »Ich gebe dir recht; du bist ein herrlicher Knabe.«
    Gabriel wälzte sich herum und blinzelte ihn an. »Das hast du dir schnell überlegt«, meinte er nach einer Pause. »Willst du jetzt parieren?«
    »Ich will, es ist mir ein Vergnügen«, schwor Boggi, und Gabriel sprang auf (er federte wieder ein wenig) und hängte sich an seinen Arm.
    »Nun gut«, sagte er beifällig. »Trotzköpfe, Literaten und sonstige Witzbolde, die sich einschmuggeln wollen, werden flugs erraten, durchschaut und abgetan. Du bist so einer, nicht ein Quentchen Ehrfurcht steckt dir noch im Blut; wir wollen hoffen, daß sich dir noch das Nötige beibringen läßt.«
    »Und wie war's mit der Toleranz von vorhin?«
    »Du mußt mit dem Herzen denken, nur mit dem Herzen«, sagte Gabriel ernst und machte dicke Brauen. »Ein klein bißchen körperliches Behagen gönnt man dir ja.« – Sie wanderten eine kleine Strecke weiter, und Boggi erkannte jetzt, daß der Streuzucker, den er zuerst erblickt, ein freundliches, von einem hohen, grasgrünen Zaun umfriedetes Dörfchen war. Gabriel nahm einen Anlauf und sprang wie ein Gummiball über die wohl drei Meter hohe geschlossene Tür. Hinter dem Gitter lachte er fröhlich und steckte die Nase durch die Stäbe.
    »Nun, und . . .?« fragte Boggi erstaunt. »Soll ich nicht hinein?«
    »Du mußt erst einen Eid ablegen«, kam die Erwiderung, und Gabriels Stimme war geheimnisvoll und schön geworden, etwas wie ein reiner Akkord war in ihrem Klang. Auch leuchteten jetzt seine Glieder, zuvor braun, nunmehr wie frisch gefallener Schnee. »Du mußt beschwören, dich nicht mokieren zu wollen.«
    »Gut,« sagte Boggi nach einer Pause verblüfft, »wenn das hier zum guten Ton gehört, so will ich ihn wahren und mich zusammennehmen. Also schwör' ich's.«
    »Denke dir's nicht zu leicht«, kam der einschmeichelnde Klang zurück. »Du wirst Mühe haben, doch der Lohn ist köstlich. Mit der Zeit wirst du dich daran gewöhnen, und später geschieht es vielleicht, daß man dir als würdigem Kandidaten das Bürgerrecht in diesem Asyl gibt und dich hier logieren läßt.«
    Er drehte den Schlüssel in dem goldenen Schloß von innen um, und das Tor sprang auf.
    Das Dörfchen bestand aus Biedermeierhäuschen; sie standen hübsch bemalt und brav nach der Schnur gerichtet. Jedes hatte ein Gärtchen für sich, aus welchem farbige Glaskugeln, Sonnenblumen, Dahlien und die ganze bunte Fülle derber Hausblumen hervorlauschten. Einige prächtige Schmetterlinge saßen flügelspreizend auf der stillen, sonnigen Straße; der einzige Laut kam von einem Hahn, einem Prachthahn offenbar, der in der Ferne wie ein Glöckchen läutete.
    Gabriel stellte sich salutierend am Tor auf: »Tritt ein«, sagte er. »Hier wohnen also die Herrschaften, denen du nachzueifern hast. Und wenn du dein Versprechen hältst, wirst du ja weiter keine Schwierigkeiten haben.«
    »Aha, – das Raritätenasyl!« fuhr es Boggi heraus.
    Gabriel wich einen kleinen Schritt zurück. »Wo hast du denn den Ausdruck her?« fragte er erstaunt.
    Boggi blieb ernst, seiner Instruktion gemäß. »Den gebrauchte einmal der Marquis du Sang-Froid«, sagte er.
    Gabriel schlug entsetzt die Hände zusammen. »Was?!« schrie er, »den kennst du also auch?«
    »Ich habe bei ihm stationiert«, erwiderte Boggi. »Doch das hat nichts weiter auf sich, besonders da ich ihn abgetan habe. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß er nichts weiter war als mein eigenes Hirngespinst.«
    »Das sagst du so«, sprach Gabriel und sah ihn halb interessiert und halb angeekelt an. »Ich höre den Namen nicht zum erstenmal, auch andere Leute hatten mit ihm zu tun. Er scheint so eine Art fixe Idee von deinesgleichen zu sein. Aber derartiges ist hier verpönt, der betreffende Herr ist ein Produkt angestrengten Denkens; (ich meinerseits kann ihn mir nicht vorstellen),

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