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Seidene Küsse

Seidene Küsse

Titel: Seidene Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Leheta
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wurde, dass er hinter ihr herlaufen musste. Das lauschige Plätzchen mit eigenem Wasserzugang für ihre Ruhepause war bald gefunden. Die Gesellschaft anderer Sonnenhungriger war hier unvermeidbar, aber im Gegensatz zu einem Freibad, wo man an heißen Tagen dicht an dicht wie in der Sardinenbüchse lag und neugierig beäugt wurde, herrschte in den Isarauen diskretes
Laissez-faire.
    Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander auf der Decke. Er lässig auf die Ellenbogen gestützt, sie die angezogenen Beine umklammernd, den Kopf versonnen auf die Knie gelegt, betrachteten sie das Spiel der zierlichen Wellen, die im unebenen Kiesbett unermüdlich alle Hindernisse umschifften.
    »Ich bin auf einer Reise, und ich möchte, dass du mitreist«, meinte Antonio gelassen.
    »Wohin?«
    Hätte es nicht
das geht nicht
heißen müssen?
    Antonio kramte in seiner Jackentasche und förderte einen Miniatur-Briefumschlag zutage, so etwas, in dem Apotheker ihre sensibel dosierten Pülverchen verabreichten. Er öffnete das Briefchen, schüttete zwei weiße Tabletten in seine Handfläche und präsentierte sie ihr wie ein kostbares Schmuckstück.
    »In das Land unserer Fantasien.«
    Sie starrte auf die Pillen.
    »Was ist das?«
    »Hast du noch nie
Ecstasy
genommen?« Seine selbstverständliche Art ließ Patrizia verschämt den Kopf schütteln.
    »Vertraust du mir, Patrizia?«
    Tatsächlich bekam sie eine Heidenangst, aber gleichzeitig das übermächtige Gefühl, dass dies ihre allerletzte Chance auf ein Abenteuer war. Eins war ihr klar: Die wollte sie auf keinen Fall ungenutzt verstreichen lassen. Also bejahte sie seine Frage und nahm eine der angebotenen Pillen aus Antonios Handfläche, darauf bedacht, Hautkontakt zu vermeiden.
    »Und jetzt?«
    Er hielt ihr eine Wasserflasche hin.
    »Runterschlu cken.«
    »Das ist alles? Einfach so? Und dann? Wie geht das Reisen? Was passiert dann mit mir? Wie lange bin ich dann
high?«
    Er sagte mit festem Blick: »Frag nicht, Patrizia. Vertraue mir, warte ab und genieße. Okay?«
    Dabei legte er kurz seine feingliedrige Hand auf ihre Wange, und Patrizia war Mowgli, der von der Schlange Kah hypnotisiert wurde.
    Sie nickte.
    Und schluckte.
    Fünf bange, endlos lange Minuten wartete sie auf irgendeine Wirkung, dann zwang sie der unbändige Drang, sich von den kühlen Fluten liebkosen zu lassen, aufzuspringen und sich das Kleid vom Leib zu reißen.
    »Kommst du mit?«
    »Nein. Ich schaue dir zu«, meinte er lächelnd, und Patrizia hatte den Eindruck, sein Mund sei plötzlich um einiges breiter.
    Damit ich dich besser fressen kann,
schoss ihr in den Sinn. Ehrlich gesagt hatte sie erwartet, Antonio werde ihr Vertrauen ausnützen, sobald sie die Pille geschluckt hatte, und war angenehm überrascht von seiner respektvollen Zurückhaltung.
    Huuuuh! Was war denn das? Eine Wehe, nein Wehe kommt von Weh, von Leid, aber das hier war die pure Lust. Eine Welle, eine Wille, eine Walle … Während sich die sanfte Wellenbewegung aufs Merkwürdigste in ihrem Leib fortsetzte, lieferte Antonio mit
Sapore di sale, sapore di mare,
einem wehmütigen, höchst stimmungsvollen Lied über das Meer, das er leise vor sich hin sang, die passende Untermalung. Zum Schwimmen war die Isar hier nicht tief genug, also planschte Patrizia im eiskalten Wasser herum, bis ihre Kör pertemperatur wieder annähernd siebenunddreißig Komma fünf erreicht hatte. Dass sie dabei Freudenjauchzer wie ein kleines Mädchen ausstieß, merkte sie gar nicht. Antonios aufmerksame, aber unergründliche Blicke begleiteten – nein, beschützten sie, bis sie in ihrer triefenden Unterwäsche auf dem Kneippschen Kiesbett zurück balancierte. Sie konnte nicht anders, sie musste Antonio küssen. Als hätte er ihre Gedanken gelesen, breitete er die muskulösen Arme weit aus, und wie eine schwere nasse Robbe ließ sie sich auf ihn, in ihn hinein fallen.
    Dio mio!
    Legionen von haarigen Raupen schienen träge unter Patri-zias seidenfeiner Hautoberfläche herumzukriechen.
    Zart und federleicht landeten Antonios feste, trockene Lippen auf den ihren, und Patrizia war, als wolle er sie vollends verschlingen, als verflüssige sich ihr ganzer Leib zu einem süßen klebrigen Sirup, den er genussvoll in seinen geheimnisvollen Schlund einsaugte.
Damit ich dich besser fressen kann.
Auch ihr Gefühl für Raum und Zeit schmolz dahin wie eine Uhr von Dali. Wäre da nicht dieser Scotchterrier unbeeindruckt schnüffelnd über ihre Decke gewandert, Patrizia hätte nicht bemerkt,

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