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Seidene Küsse

Seidene Küsse

Titel: Seidene Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Leheta
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Atem streifte ihre Haare, sie fühlte die leichte Bewegung ihrer Locken. Kein Laut war zu hören, alles war still, wie in einer Bergkirche.
    Automatisch streichelte sie über seine Narbe, die ihr so vertraut schien. In Zeittupe näherte er sich ihrem Mund. Jetzt würde sie es erfahren. Dann lag sein Mund auf ihrem, und es war das Selbstverständlichste auf der Welt. Wie zwei Dinge, die zueinander gehörten, wie Feuer und Wasser oder Erde und Luft. Er griff in ihr Haar und knetete es, während er ihren Mund neu formte.
    Aus irgendeiner Kehle drang ein Laut. War es ihrer?
    Automatisch öffnete sie die Lippen, um seiner Zunge den Eintritt zu gewähren. Von ihr zu naschen und sie zu kosten. Er roch nach Moschus, angenehm umnebelten er und sein Duft ihre Sinne. Er ließ ab von ihrem Haar, suchte und fand ihre Hand und bog sanft ihren Arm nach hinten, als er mehr von ihr probierte. Spielte mit ihren Fingern. Seine Zunge streichelte ihre, das uralte Ritual, das sie begingen, sich dann umschlungen, sich lösten und neu erforschten.
    Ohne von ihrem Mund zu lassen, dirigierte er sie aus der Küche, nahm sie auf die Arme und trug sie ins Wohnzimmer. Immer wieder blieb er stehen, um sie erneut zu küssen. Im Wohnzimmer stellte er sie sanft vor der großen Couch ab. Hier war das Ticken lauter zu hören, dann sah sie die Uhr, sie hing neben dem Esstisch. Ein braun lasierter Tisch mit Stühlen aus dem gleichen Holz, mit hohen Lehnen. Buche, wie sie wusste. Weiße Kerzen steckten in einem alten Kandelaber.
    Ihr Küssen dauerte an, die Zeit schienstillzu stehen, begleitet vom Ticken der Uhr. Seine Finger modellierten ihren Körper, fassten hier hin, griffen dort zu, zeichneten ihre fraulichen Konturen nach. Sie hielt sich an ihm fest. Noch niemals war es ihr geschehen, dass ein Kuss diese Empfindungen bei ihr ausgelöst hatte, nicht so wie bei Oliver. Eine unsichtbare Hand griff nach ihrem Herzen, Wärme umschloss sie. Er hielt ihren Kopf mit beiden Händen, umfasste dann ihren Hals. Ihre Nackenhaare stellten sich auf vor Wonne. In einer fließenden Bewegung landeten sie auf der Couch, eine Einheit. Er erforschte ihren Körper und sie seinen, ohne einen Blick auf die tickende Uhr zu werfen, die vorwärts drängte und Zeit und Raum hinter sich ließ. Viel später waren sie aller Hüllen entledigt, und sie forschten weiter, immer weiter, hinein in ihre Tiefen und seine Höhen. So lange, bis das Ticken der Uhr in den Hintergrund gedrängt wurde und ihrer beider Atem die Luft ausstieß, hinaus in den Raum, der sie so weich umschloss. Warm und wohlig landete sie in der Jetztzeit, wurde wieder eins mit ihrem Körper und gab ihn frei. Eine Nacht war zu kurz, um alles zu erforschen, um Körper und Seele ganz zu fassen.
    Irgendwann, der Morgen war angebrochen, saßen Oliver und Francesca spärlich bekleidet in der Küche, sie aßen Rühreier mit Speck.
    »Von deiner Küche kann man direkt in meine sehen.« Zwischen zwei Bissen sah er sie an, seine Gabel hielt inne auf dem Weg zu seinem Mund. »Tatsächlich?«
    Sie lächelte geheimnisvoll. »Ja.«
    Oliver schluckte schnell. »Wieso höre ich da so einen seltsamen Unter ton her aus?« »Ach, nichts weiter.«
    Spielerisch drohend zeigte er mit der Gabel auf Francesca. »Nein, das gilt nicht. Sag schon.«
    »Ach, nur so … Vor ein paar Wochen konnte ich nicht schla fen, ich stand in der Küche … und habe zu deinem Fenster herübergesehen. Damals kannte ich dich noch nicht.« »Und was?«
    Sie ließ sich Zeit, sie genoss dieses kleine Spiel, deshalb aß sie von dem Rührei, bevor sie weitersprach. »Und plötzlich war da ein nackter Mann im Zimmer.«
    »Was hast du getan?«
    »Was meinst du?«
    Francesca sah, dass er Mühe hatte, sich ein Lachen zu verkneifen. Kurz blitzte seine schöne Zahnlücke hervor, bevor er die Lippen wieder schloss. Die Lippen, die sie die ganze Nacht so verwöhnt hatten.
    »Ich war wie gebannt, selbst wenn ich gewollt hätte, ich hätte nicht weggehen kön nen.«
    »Was du sicher gern getan hättest.«
    »Weg gehen?«
    Beide lachten herzhaft.
    »Ich habe dem Fremden sogar einen Namen gegeben.«
    »Wel chen?«
    »Phantom.«

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    Der Anlass zu einer vierzeiligen Telegrammstil-Notiz im Lokalteil der Tageszeitung? Aber nur, wenn der Platz nicht für den missglückten Drogeriemarkt-Überfall einer allein erziehenden Mutter mit lachhafter Beute oder

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