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Seidenfessel - Maeda, K: Seidenfessel

Seidenfessel - Maeda, K: Seidenfessel

Titel: Seidenfessel - Maeda, K: Seidenfessel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Maeda
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ehemalige Gutshaus geführt wurde. Sie hatte sich überreden lassen, und Toshi lächelte, während er ihre Schritte durch die Monitore, die vor ihm flimmerten, betrachtete. Er hatte sich nicht getäuscht. Sie war eine starke Frau. Auch wenn die Umstände, so wie jetzt, gegen sie schienen, gab sie nicht auf. Der Yakuza tastete nach einem Zigarillo und zündete ihn an, ohne seinen Blick von Isabelle zu wenden. Die Flamme seines metallenen Feuerzeugs erhellte das Halbdunkel des Raumes für einen Moment und erlosch sofort wieder. Zurück blieben das Glimmen der Zigarillospitze und der Duft nach Vanille, vermischt mit den würzigen Aromen des Tabaks.
    Er hatte ihr keine Wahl gelassen – aber sie war weder vor ihm auf die Knie gefallen, noch hatte sie gefleht oder gebettelt. Toshi hatte es mit einer Kämpferin zu tun, deren sinnliche Seite er bereits angestoßen hatte. Alles, was er jetzt tun musste, war, sie ganz zu erwecken und unter seine Kontrolle zu bringen. Dann erst konnte er den letzten Schritt vollziehen.
    Es klopfte, und die Buchenholztür des Büros wurde geöffnet. Toshi schaltete ohne Hektik die Monitore aus und stand aus seinem Sessel auf. „Was gibt es, Tanosuke?“, fragte er. Die Art seines Assistenten, die Tür zu öffnen, hätte nicht unterwürfiger sein können. Er verneigte sich bereits im Türrahmen und sah, wenn er sprach, immer wenige Zentimeter am Gesicht seines Gegenübers vorbei. Toshi war das zuwider. Er mochte Menschen ohne Rückgrat nicht sonderlich, aber Tanosuke erledigte seine sonstigen Aufgaben schnell und sorgfältig. Ohne triftigen Grund konnte Toshi ihn nicht rauswerfen; und es hätte nur seinen Chef, das Oberhaupt der Yamanote-Gruppe, verärgert.
    Tanosuke verneigte sich tief vor Toshi. Das hellbraun gefärbte Haar wirkte an ihm, anders als an Kyo, wie eine Perücke. Tanosuke hatte einmal damit geprahlt, dass er auch als Host hätte arbeiten können, wenn die Yamanote-Gruppe nicht auf ihn aufmerksam geworden wäre. Kyo, der bei diesem Gespräch anwesend war, hatte ihn nur verächtlich angesehen, bis Tanosuke verstummt war. Toshi musste sich ein Schmunzeln bei dieser Erinnerung verkneifen. Tanosuke war sicherlich vieles zu nennen, aber bestimmt nicht attraktiv oder gar ein Frauenmagnet.
    „Kamo Sensei hat eine Nachricht hinterlassen. In drei Tagen ist alles vorbereitet, Isami-san.“
    „Gut. Bereite die Fahrt nach Tokio vor. Ich will bei den letzten Vorbereitungen dabei sein.“ Sein Blick löste sich von Tanosuke und wanderte zurück zu den Monitoren. Jetzt waren sie schwarz, aber vor seinem inneren Auge sah er wieder Isabelle vor sich, ihre Art sich zu bewegen, die Weise, wie ihr rotes Haar lang und weich über ihre Schulter fiel. Das Bild überlagerte sich mit dem der vor Lust aufgelösten Frau, die ihn dazu verführt hatte, in diesem Waggon seine Beherrschung zu verlieren. Er hatte sie sehen wollen, um zu wissen, wie sich diese Frau aus Deutschland anfühlte, wie sie sich bewegte, wie sie roch – nicht mehr. Stattdessen hatte er sie berühren müssen, hatte sie befingern müssen, um sie ganz aufzunehmen. Sie hatte ihn berauscht. Toshi schüttelte das Bild ab. Er nahm den Zigarillo und drückte ihn aus, ohne noch einen Zug davon zu nehmen.
    Kyo führte Isabelle zum Flur des Hauses. Anders als die Zimmer war er mit Holzbohlen ausgelegt und nicht mit Tatami-Matten. Kyo bewegte sich sehr leise vor ihr; Isabelle kam sich dagegen wie ein Nilpferd vor. Die Dielen knarrten und quietschten unter ihren Schritten, als wäre sie ein paar Hundert Kilo schwer.
    Der Flur selbst war geräumig und führte an mehreren Papierwänden – aufgespannt auf Holzrahmen – entlang. Einige waren offen und zeigten Isabelle Räume verschiedener Größe, die alle ähnlich eingerichtet waren wie der, in dem sie aufgewacht war. Viele waren mit Blumengestecken oder Tuschzeichnungen geschmückt.
    „Ich zeige dir den Garten“, sagte Kyo und blieb stehen, als der Flur sich mit einem anderen kreuzte. Eine Holztür führte aus dem Haus. Mittlerweile war die Sonne ganz untergegangen, und ein kühler Wind begrüßte Isabelle, als sie neben Kyo trat und hinaussah. Die Nacht hatte den Garten nicht ganz beherrschen können. Einzelne Leuchtspots erhellten den Rasen und die Mauer, die ihn umgab. Der Geruch von Zedern und Jasmin durchdrang die abgekühlte Luft und machte sie schwer, begleitet vom Zirpen und Singen der Zikaden.
    „Hier sind Getas“, sagte der Host und trat aus der Tür. Drei Steinstufen glichen die

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