Seidenmagd
Thea hatte sofort Feuer im Ofen gemacht und trug nun etwas Glut in den Salon.
»Kalt ist es hier«, murmelte Catharina. »Das ganze Haus wird ausgekühlt sein.«
Frieder nickte zufrieden. »Kommt«, sagte er und nahm Catharinas Hand. »Ich zeige Euch die Schlafzimmer.«
Er führte sie nach oben. Eine Tür führte nach links, die andere nach rechts, auch vor Kopf gab es eine Tür und eine schmale Stiege, die unter das Dach zu führen schien.
Der rechte Raum war sehr groß, zwei Fenster wiesen zur Straße. An den Möbeln erkannte Catharina, dass dies sein Schlafgemach sein musste. Dann öffnete Frieder die linke Tür. Das Zimmer war kleiner und schmaler, aber behaglich eingerichtet mit zwei Sesseln, einem Tisch, einem Bett mit schweren Vorhängen, einer Truhe und einem Waschtisch.
»Und dort hinten sind die Gesindezimmer?«, fragte sie, nachdem sie einen Blick in den Raum geworfen hatte.
»Dort hinten ist ein Raum, den bisher die Magd bewohnt hat, dort kann Thea nächtigen. Gerald schläft im Speicher.«
»Werde ich mir mit Thea das Zimmer teilen?«
»Nein, Ihr schlaft hier, oder sagt Euch der Raum nicht zu?«
»Aber, Monsieur, ich bin Eurer Kammermädchen. Dieser Raum ist für die Herrschaft und nicht für jemanden wie mich.«
»Warum macht Ihr immer so ein Gehabe um Eure Stellung?« Plötzlich klang Frieder ärgerlich. »Die ist Euer Schlafgemach, Gerald wird Eure Truhe gleich bringen.« Er holte tief Luft, sprach dann leiser weiter. »Wir haben einige Vorräte mitgebracht. Meint Ihr, Thea kann daraus eine Mahlzeit bereiten?«
»Ich werde ihr helfen«, murmelte Catharina, raffte die Röcke und eilte hinunter in die Küche.
Gerald wuchtete die Körbe, Truhen, Kisten und Säcke in den Hausflur. Thea hatte Wasser aus dem Brunnen geholt und wusch die Töpfe und Pfannen aus. In der Küche war es inzwischen warm.
»Was soll ich tun?«, fragte Catharina und krempelte die Ärmel hoch.
»Geh in die Vorratskammer und wirf alles weg, was verdorben ist. Das Meiste scheinen die Mäuse gefressen zu haben. Dann müssen wir dort durchfegen und feucht aufwischen.« Thea stöhnte auf und drückte die Hände ins Kreuz.
Catharina folgte ihrer Anweisung. Im Vorratsraum und auch im Keller stank es entsetzlich. Das Haus wirkte, als sei es fluchtartig verlassen worden. Eine Stunde später wischte sie sich die Spinnenweben vom Kleid und rieb ihre staubigen Hände.
Gerald hatte die Kutsche und die Pferde weggebracht, betrachtete die beiden Frauen in der Küche nachdenklich.
»Das ergibt keinen Sinn«, murmelte er und ging in den inzwischen gemütlich warmen Salon, wo Frieder von der Leyen ein Glas Wein und eine Pfeife genoss.
»Monsieur, das Haus ist in einem erbärmlichen Zustand.«
»Ja.« Frieder seufzte. »Ich hatte nicht erwartet, dass Wilma tatsächlich ihre Sachen packt und weggeht. Ich hatte sie doch im Voraus bezahlt, damit sie das Haus hütet. Sie scheint auch einiges mitgenommen zu haben.«
»Mitgenommen?« Gerald klang erstaunt.
Die beiden Frauen in der Küche hatten ihre Tätigkeiten eingestellt und lauschten den Worten.
»Ja, zumindest fehlt aus meinem Schlafgemach Bettwäsche, und aus dem Keller sind einige Weinflaschen verschwunden.Ob in der Küche oder in den anderen Räumen etwas fehlt, kann ich nicht sagen.«
»Monsieur, das Haus muss schon seit Wochen leer gestanden haben, die Mäuse haben die Vorratskammer geplündert, und alles ist verdorben. Wir haben zwar Lebensmittel mitgebracht, doch bevor die Frauen die Küche sauber haben, werden noch einige Stunden vergehen.«
»Oh.«
Gerald wartete eine Weile, aber Frieder sagte nichts weiter. Deshalb räusperte er sich. »Monsieur«, sagte er dann. »Vielleicht sollten wir in ein Gasthaus gehen, um eine warme Mahlzeit zu bekommen? Die Fahrt war lang, und die Frauen sind erschöpft.«
»Ins Gasthaus? Das ist eine gute Idee! Auf, auf!«
»Monsieur, trinkt Euren Wein noch in Ruhe aus, nehmt ein zweites Glas, die Frauen müssen sich erst noch ein wenig richten, fürchte ich.«
»Naturellement! Sie sollen sich so viel Zeit nehmen, wie sie brauchen!«
Thea sah Catharina an, ihre Augen blitzten. »Gasthaus. Ich war noch nie in meinem Leben in einem Gasthaus!«
»Die Garküchen, die wir auf dem Weg aufgesucht haben, hatten alle nur mittelmäßige Qualität. Aber es gab warmes und gehaltvolles Essen.« Erleichtert wischte sich Catharina über die Stirn. »Wer weiß, wann wir zum Kochen gekommen wären.«
Rasch setzte Thea Wasser auf. Mit zwei Krügen gingen
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