Seidenmagd
hervor.
»Du darfst dich nicht verspannen.«
»Hast du schon einmal ein Kind bekommen? Und dich dabei entspannt. Herrgottzeiten, das geht nicht. Aaaaaaaaaaah«, schrie sie.
»Ausatmen, tief Luft holen und in den Bauch atmen und die Luft anhalten.« Thea fasste in den Geburtskanal, griff zu und zog. Sie wusste, es fehlte nicht mehr viel. Und tatsächlich schob sich das Kind Stück für Stück nach draußen.
»Das machst du gut«, lobte Thea die schwangere Frau.
Catharina kam mit dem Messer wieder, blieb unsicher an der Tür stehen.
»Komm her und hilf mir.« Thea keuchte. »Gibt mir ein sauberes Tuch und leg es unter sie.«
»Und das Messer?«, fragte Catharina unsicher.
»Leg es weg, das brauchen wir nicht mehr.«
Während der nächsten Wehe zog Thea den Po und die Beine des Kindes hervor. Kurz danach kamen Leib und Kopf. Catharina wickelte den Säugling in ein Tuch und reichte ihn der Magd, die verängstigt in der Ecke stand. Dann wechselten sie rasch die Laken.
Miriam schnaufte. »Ich danke euch beiden«, sagte sie erleichtert.
»Hol Luft und schöpfe Kraft. Gibt es hier gute Brühe? Ein Becher mit warmem Wein, in dem ein Ei verquirlt ist?«
Die Magd drückte Catharina das quäkende Neugeborene in den Arm. »Ich kümmere mich darum.« Sie schien erleichtert zu sein, den Raum verlassen zu können.
Thea wusch das Kind, wickelte es in saubere Tücher. »Euer Sohn ist gesund.«
»Dem Herrn sei Dank«, stöhnte Miriam. »Es geht wieder los.«
Das zweite Kind lag richtig. und es dauerte nur eine halbe Stunde, bis es geboren wurde.
»Eine Tochter«, verkündete Thea stolz. Sie versorgten Kinder und Mutter und bezogen das Bett.
Simon kam und konnte sein Glück kaum fassen. »Ich dachte, wir müssten eine Beerdigung ausrichten, doch nun wird es ein Freudenfest.«
»Eure Tochter hat sehr gelitten und ist noch nicht über den Berg«, sagte Thea nachdenklich. »Ich würde gerne die Nacht hier verbringen und über sie und die Kinder wachen.«
»Ich lasse dir ein Lager richten, Essen und Wein bringen. Ich danke Gott, dass er dich geschickt hat.«
»Gott hat damit wenig zu tun«, grummelte Thea müde. »Ich denke, der Kutscher war schuld.«
Catharina lachte laut auf, schlug dann verlegen die Hand vor den Mund.
»Euch soll ich zu Eurer Kammer führen, hat Monsieur gesagt.« Simon verbeugte sich vor ihr. »Danke, Mademoiselle, dass Ihr meiner Tochter geholfen habt.«
Was, dachte Catharina verärgert, hatte Frieder gesagt? Lieber wäre sie bei Thea geblieben, doch nun folgte sie dem Bauern den dunklen Gang entlang.
»Ich habe warmes Wasser bringen lassen und einen Zuber.« Er sah sie nachdenklich an. »Ihr werdet Eure Kleidung wechseln müssen – Ihr seid voller Blut.«
Catharina schaute an sich herunter, Simon hatte recht, ihrKleid war verschmutzt. »Meine Kleider sind in der Truhe auf dem Wagen.«
»Oh, natürlich.« Simon krauste die Stirn. »Ich könnte Euch Kleidung von meiner Tochter geben, wenn es Euch recht wäre«, sagte er unsicher. »Es ist nur einfache Kleidung, aber sauber.«
»Das ist wunderbar und völlig ausreichend.«
Kapitel 35
Es war die erste Geburt, der Catharina beigewohnt hatte. Natürlich hatte sie schon Frauen in den Wehen Schreien hören, sie hatte die blutigen Laken gesehen und war bei so mancher Beerdigung gewesen, wenn Mutter oder Kind im Kindbett gestorben war. Doch dabei war sie noch nie gewesen. Erst hatte es ihr Angst gemacht, Theas ruhige und sichere Stimme jedoch, die Art und Weise, wie sie handelte, hatten ihr die Furcht genommen. Sie hatte Theas Weisungen befolgt und gesehen, dass sie der werdenden Mutter helfen konnten.
Als sie schließlich die Säuglinge im Arm hielt, ihr leises Quäken hörte und den ureigenen Geruch der Neugeborenen roch, war Catharina voller Glück.
Berauscht wusch sie sich, zog die schlichte Kleidung über und suchte dann die Halle. Inzwischen war es Nachmittag geworden. In der Halle, vor einem großen, knisternden Feuer, saßen Michel, Frieder und Simon. Catharina roch Bratengeruch und den Duft von frischem Brot. Erst jetzt merkte sie, wie sehr ihr Magen knurrte.
»Das Essen wird gleich aufgetragen, Mademoiselle«, sagteSimon und stellte ihr einen Stuhl vor den Kamin. Dann reichte er ihr einen Pokal mit Rotwein. »Habt Ihr Eure Kleidung der Magd gegeben?«
Catharina schüttelte den Kopf. »Ich habe sie erstmal in kaltes Wasser gelegt, damit das Blut sich lösen kann.«
»Dann werden wir das nasse Kleid mitnehmen müssen«, sagte
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