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Seidenmagd

Seidenmagd

Titel: Seidenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U Renk
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bedächtig.
    »In den letzten Tagen haben sie drei Dirnen Spießruten laufen lassen. Kein schöner Anblick.« Engelbert schüttelte den Kopf. »Und die Karnevalsfeierlichkeiten stehen wieder vor der Tür. Die von der Leyen planen ein rauschendes Fest.«
    »Die von der Leyen.« Abraham rümpfte missmutig die Nase. »Sie tun so, als ob sie gottgefällig handeln würden, und verdecken ihren Protz und Pomp hinter wohltätigen Dingen wie der Armenküche und dem Waisenhaus.«
    »Habt Ihr die Kleine te Kamp beim Gottesdienst gesehen? Sie trug einen Pelzmantel, der ein Vermögen gekostet haben muss.«
    »Sie hat sich sehr verändert, berichtete meine Frau, die mit ihr freundschaftlich verbunden ist. Ich selbst habe noch nicht mit Käthe sprechen können, obwohl sie früher regelmäßig Bücher bei mir ausgeliehen hat. Es ist wohl auch nicht ganz klar, welche Stellung sie nun im Haus der von der Leyen innehat.« Abraham zog an seiner Pfeife. »Immerhin ist ihre Mutter überglücklich, dass sie den totgeglaubten Sohn wieder in die Arme schließen konnte.«
    »Er ist nun Stallmeister bei den von der Leyen, habe ich gehört.«
    Abraham nickte.
    »Glaubst du den Gerüchten?«, fragte Anna ihren Mann einige Tage später. »Wird es Frieden zwischen Preußen und Russland geben?«
    »In den Zeitungen steht, dass verhandelt wird. Aber ob man den Zeitungen glauben kann?« Abraham zuckte mit den Schultern. »Doch sollte sich der König mit dem Zaren versöhnen, wäre ein Ende dieses unleidigen Krieges in Sicht.«
    »Ich wünsche es mir so sehr«, sagte Anna seufzend. »Auchwenn unser Quartiergast diesmal ein angenehmer Mensch ist, hätte ich doch gerne unser Haus wieder für uns alleine.«
    »Ja, ich auch«, brummte Abraham. »Wie geht es unserer Anneken?«
    »Besser. Die Milch der Magd bekommt ihr gut, sie scheint weniger Koliken zu haben.« Anna strahlte, wie immer, wenn sie über ihre Kinder sprach. Langsam strich sie sich über den Bauch. »Und auch dieses Kind kann ich schon spüren. Zwar nur sehr zart, aber dennoch weiß ich, dass es lebt und wächst.«
    Abraham küsste sie zärtlich.
    Von draußen war lautes Getöse zu hören. Der feste Schritt von vielen Soldatenstiefeln auf dem Pflaster der Straße.
    »Sie werden wohl die drei Soldaten zu Grabe tragen, die bei den Ausschreitungen ums Leben gekommen sind.« Abraham stand auf und ging zum Fenster.
    »Jedes Jahr feiern sie Karneval wilder und ausschweifender. Es ist kaum zu verstehen.«
    »Hat Madame te Kamp wieder Kostüme genäht?«, fragte Abraham.
    Anna schüttelte den Kopf. »Nein, sie denkt darüber nach, ihre Tätigkeit ganz aufzugeben.«
    »Und wovon wird sie dann leben?«, wollte Abraham überrascht wissen.
    »Michel sowie Käthe geben ihr einen Teil ihres Lohns, auch Henrike unterstützt ihre Mutter, seit sie wieder bei den Flohs arbeitet. Es war eine gute Entscheidung von Esther, das Mädchen endlich ziehen zu lassen, seitdem ist die Kleine förmlich aufgeblüht.«
    »Das ist gut zu hören.« Er zögerte einen Moment, setzte sich dann wieder zu seiner Frau. »Und wie geht es Käthe?«
    Anna schüttelte den Kopf. »Ich glaube, sie leidet.«
    »Sie leidet? In der Kirche wirkte sie aber nicht so.«
    »Nun, nach außen hin trägt man nicht immer jeden Kummer, wie du sehr wohl weißt.« Anna senkte den Kopf. In dieser Schwangerschaft ging es ihr noch schlechter als in der vorherigen. Oft hatte sie das Gefühl, kaum Luft zu bekommen. Ängste quälten sie bei Nacht und hielten sie vom Schlafen ab.
    Abraham nahm ihre Hand und drückte sie. »Es wird dir wieder besser gehen, wenn du das Kind erst geboren hast.«
    »Bis dahin ist es noch lang, mein Lieber.« Anna zwang sich zu lächeln.
    »Und was quält Käthe?«
    »In Potsdam hat sie Frieder von der Leyen den Haushalt geführt, hat sie mir anvertraut. Es war nur ein kleines Haus und somit keine schwere Arbeit. Auch hat sie komfortabel gelebt. Nun muss sie sich als Kammermädchen in dem großen Haushalt der von der Leyen einfügen, und dies fällt ihr wohl schwer.«
    »Sie kleidet sich anders als früher, das ist nicht nur mir aufgefallen.«
    »Auf Wunsch ihres Herren.« Anna hob die Hände. »Auch mögen die Verhältnisse in den großen Städten anders sein, sich die Dienstboten dort anders geben.«
    Abraham schüttelte den Kopf. »Die von der Leyen geben vor, unserem Glauben anzugehören, doch sie entfernen sich mehr und mehr vom gottesfürchtigen Lebenswandel, das hat auch unser Prediger festgestellt. Die Gemeindeältesten

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