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Seidenmagd

Seidenmagd

Titel: Seidenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U Renk
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einem Tuch ab. »Möchtet Ihr einen Tee?«
    »Nein, mon dieu, meine Schwester ist erkrankt. Ich fürchte das Schlimmste.«
    Anna war zum Herd gegangen und hatte den Wasserkessel über das Feuer gehängt. Sie drehte sich überrascht um und kniff die Augen zusammen. »Was hat sie denn?«
    »Ihr ist wohl schwindelig und schlecht, sie fiebert. Bitte, könnt Ihr nicht mitkommen?«
    Anna legte die Hand schützend auf ihren flachen Bauch. »Im Armenviertel hat es Fälle von Bräune gegeben«, flüsterte sie.
    »Ja, das sagte Maman auch, und deshalb bittet sie Euch, zu kommen und nach Lisbeth zu schauen.«
    Anna holte tief Luft, schaute zu ihrer kleinen Tochter und senkte dann den Kopf. »Gegen die Bräune könnte Propolis helfen. Ich habe noch ein wenig davon da. Außerdem ein Aufguss von Fichtennadeln. Sie fiebert?« Anna sah kurz zu ihrer jungen Freundin, Catharina nickte. »Wasserdost und Lindenrinde helfen. Auch davon habe ich noch Vorräte.« Anna wandte sich um und ging in den Vorratsraum neben der Küche. Kurze Zeit später kehrte sie mit einem kleinen Korb zurück.
    »Propolis, ist das Bienenharz. Die Bienen verwenden es, um ihre Stöcke abzudichten. Man kann aus dem Harz auch Tinkturen und Pulver herstellen und es für Umschläge verwenden. Bei Bräune kann es eine gute Wirkung erzielen.« Sie zeigte auf ein kleines Fläschchen. »Ich habe ein wenig Tinktur. Davon müsst Ihr ein paar Tropfen in den Aufguss aus Lindenrinde geben und es ihr einflößen. Man kann den Aufguss mit Honig süßen, damit er nicht gar zu bitter ist.« Sie reichte Catharina den Korb.
    »Ihr ... Ihr kommt nicht mit?«, fragte Catharina verzagt.
    Anna schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht, ich trage ein Kind unter dem Herzen ...« Sie schluckte. »Und ich mag auch Marijke nicht gefährden. Wenn es die Bräune ist ... Eure Mutter weiß schon, was sie machen muss.«
    Catharina spürte einen Kloß im Hals. Ihre Mutter hatte zwar auch Kräuter und Tinkturen für die üblichen Krankheiten und Wehwehchen, doch wenn eines der Kinder ernsthaft erkrankte, hatte sie bisher immer die Hebamme und Kräuterfrau aus der Nachbarschaft gerufen. Nun war diese aber in dem strengen Winter verstorben. Unschlüssig nahm Catharina den Korb, den Anna ihr reichte.
    »Könnt Ihr nicht doch einen Blick auf meine Schwester werfen?«, fragte sie leise.
    »Versucht es erst einmal mit den Dingen, die ich Euch gegeben habe. Madame Laer ist auch eine kundige Heilfrau und Hebamme, sie könnte Euch weiterhelfen, falls die Mittel nichts nutzen.« Anna drehte den Kopf zur Seite und vermied es, Catharina anzuschauen.
    Verwirrt und enttäuscht nahm Catharina den Korb. »Merci«, wisperte sie und verließ das Haus.
    Was mache ich jetzt? dachte sie.

Kapitel 6
    »Wo ist Madame ter Meer?« Esther klang vorwurfsvoll. Sie saß in der Stube und nähte.
    »Maman?« Catharina sah ihre Mutter verblüfft an. »Was ist mit Lisbeth?«
    »Ich habe ihr einen Wickel gemacht, und dann ist sie eingeschlafen.« Esther runzelte die Stirn und konzentrierte sich wieder auf ihre Näharbeit. »Ich muss die Hemden bis Morgen fertigbekommen«, murmelte sie.
    »Aber ... aber ...« Catharina schnappte nach Luft, am Liebsten hätte sie ihre Mutter geschüttelt.
    »Wo ist denn nun Madame ter Meer?«
    »Zu Hause. Sie hat mir ein Körbchen mit Tinkturen und Kräutern mitgegeben. Sie wollte nicht kommen.«
    »So?« Esther hob den Kopf. »Nun ja.«
    »Nun ja?« Catharina biss sich auf die Lippen. »Was meinst du mit ›nun ja‹?«
    »Ich kann sie verstehen. Sie ist schwanger. Sie hat ein Kind aus ihrer ersten Ehe. Ein Mädchen. Ein weiteres Kind hat sie verloren. Wer weiß, ob sie noch einmal ohne Probleme ein Kind austragen und gebären kann. Aber das ist ihr größter Wunsch, um die Ehe mit ihrem zweiten Mann zu festigen.«
    »Ha!« Catharina stieß den Laut erbost aus. »Ich glaube nicht, dass Monsieur sie nur als Mutter seiner zukünftigen Kinder sieht, Maman. Er liebt sie, egal, ob sie Kinder kriegen kann oder nicht.«
    »Vertue dich nicht«, sagte Esther kaum hörbar. »Was weißt du schon von Männern und wie sie denken? Und außerdem erwartet sie jetzt ein Kind.«
    »Ja«, murmelte Catharina. »Sie erwartet ein Kind. Aber Lisbeth lebt schon längst, und es wäre schön, wenn das so bleiben würde.«
    Für einen Moment wartete sie noch, doch Esther machte keine Anstalten aufzustehen. Catharina nahm den Korb, legte den Mantel ab und ging in die Küche. Sie holte Wasseraus dem Brunnen, hängte den Topf

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