Seidenmagd
gottgefällig, und ich bereue es sehr.«
»Elisabeth muss noch das Bett hüten, aber es geht ihr vonTag zu Tag besser. Grämt Euch nicht, Eure Mittel haben geholfen.« Catharina knetete ihre Hände. »Ich ... ich würde so gerne mehr über die Heilkunst und Kräuterkunde erfahren«, fügte sie leise hinzu.
»Oh, das ist eine gute Idee. Eines Tages werdet Ihr eine eigene Familie haben, und dieses Wissen ist immer hilfreich. Warum kommt Ihr nicht auf einen Becher Tee vorbei? Dann kann ich Euch einiges erzählen und zeigen. Mein Gemahl hat in seiner Sammlung auch ein paar Bücher über Kräuterkunde. Eines davon beschäftigt sich mit der Lehre der Hildegard von Bingen. Ich habe es gelesen und kann es Euch sehr empfehlen. Ich bin mir sicher, dass mein Gemahl es Euch ausleihen würde.«
»Oh, wirklich?«
»Ganz bestimmt.« Anna lächelte. »Also? Mögt Ihr demnächst kommen?«
»Natürlich, es wäre mir eine Freude.«
»Käthe!« Esthers Ruf scholl über den Kirchhof.
Catharina zuckte zusammen und schaute sich um. Eine hohe Mauer umgab den Kirchhof, auf den man Zugang durch ein kleines Tor hatte. Dort stand ihre Mutter und blickte suchend umher.
»Ich komme, Maman«, rief Catharina, nickte Anna zu und eilte davon. Sie kam an einer Gruppe Männer vorbei, die lautstark diskutierten, als einer der Männer sich umdrehte und sie ansprach: »Mademoiselle te Kamp.« Es war Frieder von der Leyen.
»Monsieur?«
»Ich wünsche Euch einen wunderbaren Sonntag.« Er lächelte freundlich.
»Oh, Euch auch«, hauchte Catharina.
»Ich ...« Frieder von der Leyen hüstelte und tat plötzlich verlegen. »Könnte ich in den nächsten Tagen einmal bei Euch vorsprechen?«
»Pardon?«
»Nun, es geht um Eure Nähkunst ...«
»Oh. Naturellement.« Catharina biss sich auf die Lippen und räusperte sich. »Au revoir.«
Sie lief eher, als dass sie ging, zum Tor, folgte der Mutter, die mit klappernden Schritten über das Kopfsteinpflaster eilte.
Du dumme Gans! schalt sich Catharina und versuchte ihre Familie einzuholen. Du dumme, dumme Gans, natürlich ist er nicht an dir als Person interessiert. Sie wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Du bist für ihn eine Näherin, eine Magd, ein Mädchen aus einfachen Verhältnissen. Er sieht dich gar nicht als Mensch, als ebenbürtige Person, er sieht dich als Hilfskraft, jemand, der für ihn Dienstleistungen erbringt. Hochmut kommt vor dem Fall – das war Thema der Predigt gewesen, fiel ihr plötzlich ein. Dein Leben ist dazu bestimmt, andere zu unterstützen, Dinge zu erledigen. Nicht mehr und nicht weniger. Nun rannen die Tränen über ihre Wangen.
Catharina verhielt den Schritt, folgte Mutter und Schwestern nur noch langsam. Die Erkenntnis war bitter, aber wahr.
»Der Graf von Pollignac hat Quartier bei den von der Leyen genommen«, sagte Johann von Beckerath. Sie hatten sich wieder in der Stube der ter Meers versammelt.
»Ja, und er hat den morgigen Bettag verboten.« Engelbert vom Bruck schüttelte den Kopf und stopfte seine Pfeife. »Die Gemeinde ist aufgebracht.«
»Ich habe gehört, dass Eure Gemeinde schon einen Boten zum Baron von Kinkel nach Moers geschickt hat?«, fragte Abraham ter Meer.
»Das ist richtig. Und nach meinem Kenntnisstand gibt er an, dass wir Protestanten Genugtuung erhalten werden.« Engelbert verzog das Gesicht. »Wie auch immer das aussehen mag.«
»Ich verstehe es nicht«, meinte Abraham ter Meer. »Was hat der Graf von dem Verbot?«
»Machtausübung. Er zeigt den Krefeldern, wer hier das Sagen hat«, meinte Peter Lobach.
»Vielleicht. Vielleicht spüren sie aber auch die Verstimmung der Bevölkerung ob der langen Besatzung. Auch in anderen Städten gab es schon Aufstände gegen die Quartiernahme.«
»Ein Grund mehr, der Bevölkerung doch ihre Sitten und Bräuche zu lassen. Das wussten schon die Römer«, sagte Abraham und schenkte Wein aus.
»Ja, aber sie wollen ihre Macht zeigen, und wenn es auch nur bedeutet, dass sie einen Bettag verbieten. Immerhin eine Möglichkeit, sich zu versammeln.« Wieder zog Engelbert an seiner Pfeife, nahm dankend das Glas in Empfang. »Wo ist überhaupt Euer Docteur?«
»De Lancet?« Anna lächelte. Die Frauen saßen bei den Männern in der Stube und hatten ihr Flickwerk zur Hand. Nur Catharina saß etwas abseits und las in den Büchern über Heilpflanzen, welche Abraham ihr gegeben hatte. »Er ist unterwegs. Vermutlich draußen in der Heide.«
»An der Flöth? Was macht er dort«, fragte Peter Lobach.
»Er
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